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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Schmid, Andreas: Zwei Altäre ohne Altarstein
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0179

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283

1907.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

284

Ritterorden war, so wurde dennoch in jener
mehr religiös und päpstlich gesinnten Zeit der
Papst um kirchliche Privilegien ersucht. Eugen
IV. erteilte durch Breve vom 7. September 1433
mehrere Vorrechte für 4 Kanoniker in einer
Kapelle zu Dijon. Weiter ging Leo X. am
8. Dezember 1516, indem die Ritter des Ordens
von kirchlichen Reservaten absolviert werden,
den Sterbeablaß gewinnen und eine Umände-
rung von Gelübden erhalten konnten. Zu die-
sen damals seltenen Vorrechten wurde ihnen
noch gestattet: Liceat eis et eorum singulis
habere altare portatile cum debitisreverentia
ethonore, super quo in locis ad congruentibus
et honestis, etiam ecclesiastico interdicto ordi-
naria vel apostolica auetoritate suppositis,
dummodo causam non dederint hujus modi
interdicto nee eis specialiter interdictum sit. . .
antequam illucescat dies circa tarnen diurnam
horam ac etiam circa vel parum post meri-
diemper proprium vel alium sacerdotem ido-
neum in sua et cujuslibet ipsorum familiarum
domesticorum, parentum, consanguin eorum pro
tempore existentium praesentia missas et alia
divinaofficia celebrari facere ettempore interdicti
in ecclesisjanuis clausis divinis offieiis interesse.7)
In diesem päpstlichen Indult ist also ge-
stattet, an beliebigen anständigen Orten auf
einem Portatile nach Mitternacht undselbst nach
Mittag in Gegenwart der Ritter oder ihrer An-

7) Aus der Urkundensammlung des Prinzen Leopold
von Bayern.

gehörigen Messe lesen zu lassen durch den Hof-
kaplan oder einen anderen tauglichen Priester.
Die Insignien des Ordens bestehen:

a) in einem kleinen Insigne mit der In-
schrift pretium non vile laborum. Dieser Schmuck
hängt an einem roten Bande und ist nach unten
geziert mit einem goldenen Widderfell nach
Art des Gedeon-Vlieses. .

b) Außer diesem Schmuck auf der Brust
trägt der Ritter eine lange goldene Halskette,
welche mit Edelsteinen geziert ist und wieder
mit dem Vliese endet. Dieses große Insigne
wird bei besonderen festlichen Anlässen getragen.

Bisweilen findet man die Ansicht ver-
breitet, die goldene Halskette vertrete die
Stelle eines altare portatile und dürfe nur
auf einem Tische ausgebreitet werden, um
auf demselben das hl. Meßopfer zu zelebrieren.
Es fällt mir nicht ein, diese Ansicht direkt
als eine irrige zu bezeichnen, weil auch die
Geschichte und die Gewohnheit eine Auslegerin
der Gesetze ist; allein in der oben ^angeführten
Bulle Leos X. findet sie keine genügende Be-
gründung, da es ein ungewöhnlicher Sprach-
gebrauch wäre, ein goldenes Geschmeide Trag-
altar zu nennen.

Die Bulle will offenbar den Rittern nur
das Privilegium einräumen, daß sie nach ihrer
Bequemlichkeit ähnlich wie jetzt die Bischöfe
und Kardinäle einen steinernen Tragaltar zur
Zelebration besitzen dürfen, auf welchem ein
beliebiger Priester das Opfer feiern darf.

München. Andreas Schmid.

Buch erschau.

Die katholische Kirche auf dem Erdenrund.
Darstellung der kirchlichen Verfassung und kirch-
lichen Einrichtungen in allen fünf Weltteilen. In
Verbindung mit zahlreichen Fachgenossen heraus-
gegeben und neu bearbeitet von Paul Maria
Baumgarten und Heinrich Swoboda. Mit
4 Farbenbildern, 3 Karten in Buntdruck, 88 Tafel-
bildern und 770 Bildern im Text. München, All-
gemeine Verlags-Gesellschaft m. b. H. (Preis im
Prachtband Mk. 36.)
Das hier wiederholt besprochene dreibändige Werk:
„Die katholische Kirche unserer Zeit und ihre Diener
in Wort und Bild", herausgegeben von der Leo-Gesell-
schaft in Wien, hat für den I. Band: Der Papst, die
Regierung und Verwaltung der heiligen Kirche in Rom"
bereits vor drei Jahren eine neue Auflage erlebt (vergl.
diese Zeitschrift XVII, 343). Jetzt erfolgt eine solche
auch für die beiden anderen Bände, die in einen
Band unter dem obigen Titel zusammengezogen (dank
der redaktionellen Mitwirkung des Wiener Professors
Swoboda), durch vielfache Kürzungen und Änderungen,

sowie durch mancherlei Umgestaltungen in Wort und
Bild eine völlige Erneuerung erfahren hat. Diese darf
als eine sehr glückliche bezeichnet werden, da manches
Überflüssige, namentlich persönlicher Art ausgeschieden,
die künstlerische Ausstattung (die für dieses Referat
vornehmlich in Frage kommt) wie der Auswahl so der
Ausführung nach erheblich gewonnen hat. — Das
Werk zerfällt in acht Abschnitte, von deren der dritte
mit seinen mehr als 400 Seiten Europa gewidmet
ist, so daß auf die anderen Weltteile nur 100 Seiten
entfallen (abgesehen von den kurzen Einleitungs- und
Abschluß-Abschnitten, wie von dem in ausgiebigen
Registern bestehenden Anhang). — Die einzelnen Bis-
tümer, in der Abfolge der sie vereinigenden Kirchen-
provinzen, bilden naturgemäß die letzten Gliederungen;
und die Namen der Schriftsteller, denen die einzelnen
Beschreibungen und Angaben zu danken sind, bieten
vollkommene Gewähr für deren Zuverlässigkeit. Außer
den Tafeln, auf denen zumeist vereinzelt die deutschen,
schweizerischen, österreichischen Bischöfe dargestellt
sind, fehlt es nicht an solchen mit Abbildungen hervor-
 
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