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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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H. A.: Konrad Witz und die Biblia Pauperum
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313

1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

314

Konrad Witz und die Biblia Pauperum.

(Mit 13 Abbildungen auf Doppeltafel)

rst jetzt sind wir in der Lage, zu der
Abhandlung über die Biblia Paupe-
rum Weigel-Felix und den Maler
Konrad Witz (Sp. 129—154) einige
Beispiele aus der Monographie von Campbell
Dodgson herauszuheben und die Zeichnungen
des Pergamentkodex mit Vergleichsstücken aus
den Gemälden des K. Witz von Basel zusammen-
zustellen. Die Übereinstimmung ist schlagend.

Die Anbetung der Könige aus Dodgsons
Tafel 1 erscheint hier neben der Madonna
mit dem Kinde aus der Altartafel von Konrad
Witz in Genf; wir geben letztere jedoch von
der Gegenseite wieder, so daß die Haltung der
Gliedmaßen dieselbe ist wie in der Federzeich-
nung. So muß auch die Mutter mit dem Jesus-
knaben in Genf ursprünglich skizziert gewesen
sein; denn sie erfaßt mit ihrer Hand die Rechte
des Knaben, mit der er die Könige segnen
oder ihre Gaben ergreifen soll; erst im Ge-
mälde ist daraus die Linke geworden, weil
der Meister die Komposition umdrehte, so
daß die Verehrer von links nach rechts herein-
kommen. Eine gleiche Vertauschung liegt wohl
in der Befreiung Petri vor, die wir gegen die
Gewohnheit von rechts nach links ablesen
müssen; sonst wäre die Reihenfolge der beiden
dargestellten Momente rückläufig, die Betrach-
tung sozusagen retrospektiv.

Aus der Tafel des Basler Altarwerkes mit
dem hl. Christophorus schneiden wir die Halb-
figur des riesenhaften Kriegsmannes mit dem
Christkindlein auf der Schulter heraus und
kehren sie um, damit die Kongruenz mit dem
Kopf des Erzvaters Abraham, der seinen Sohn
opfern will, in der Federzeichnung (D. 3)
desto deutlicher hervortrete. Verwandte Er-
scheinungen bieten noch das gesenkte Haupt
des kreuztragenden Christus (D. 2) und des
Propheten daneben, links unten, während der
gekrönte Psalmist gegenüber wieder dem
Originalgemälde mit der Drehung des Kopfes
nach links näher steht. Beiden bequem
vergleichbar bietet die untere Bildhälfte, die
wir zusammenstellen, die Huldigung Abners
vor König David (nach D. 1 unten links)
nebst zwei Paaren von Propheten (nach D. 2),
darunter die Halbfiguren Davids, dem von
seinen Getreuen Quellwasser in kostbaren Ge-
fäßen gebracht wird, aus dem Gemälde in
Basel, und Melchisedeks, der Abraham Kelch

und Brot reicht, ebendaselbst. Man vergleiche
den ersteren besonders mit Jeremias, gerade
über ihm, der den Spruch aus den „Threni"
d. h. Klageliedern hält, und den letzteren
mit Esaias neben der Kreuzigung (D. 3);
aber seinen schiefen Mund auch mit denen
des Esaias auf unserer Tafel und des Psalmisten
gegenüber, den Schnitt des ganzen Kopfes
mit Abner vor David, dem König vor dem
Christkind, oder Abraham beim Opfer. Die
großen Füße des Patriarchen auf der Zeich-
nung erinnern an die Joachims bei der Be-
gegnung mit Anna, in dem Gemälde von
Witz in Basel, so auffallend, daß sie für alle
übrigen Exemplare dieser Art in der Biblia
Pauperum Weigel-Felix zeugen dürfen. Die
kleinen zierlich beschuhten des anbetenden
Königs in der Zeichnung ragen genau so über
den Rand unten hervor, wie die Füße des
erstaunten Kriegsknechtes inmitten der Be-
freiung Petri in Genf, d. h. des Altarwerkes,
das den vollen Namen des Malers Conradus
Sapientis de Basilea trägt, wo aber diese
Spitzen durch den Rahmen abgeschnitten
werden. Das Zeremonienbild mit dem knieenden
Stifter, in dem C. v. Mandach neuerdings den
Kardinal de Mies erkennt (Gaz. des Beaüx-
Arts, Nov. 1907), zeigt bekanntlich die Eigen-
tümlichkeit, daß dem Kirchenfürsten der Kar-
dinalshut nachgetragen wird, aber von zwei
Händen, deren Eigentümer, doch wohl einen
dienenden Geistlichen oder Pagen, wir nicht
zu sehen bekommen: da ist die ganze Figur
außerhalb des Bildrahmens hinzuzudenken.

Die wenigen Vergleichsstücke, die wir aus
der seltenen Publikation beizubringen ver-
mögen, genügen wohl vollauf, die Bestimmung
des Autors der Biblia Pauperum Weigeliana
als Konrad Witz von Basel zu bestätigen und
auch skeptische Leser von der Identität des
Zeichners und des Malers zu überzeugen. Der
stärkste Beweis für die Zusammengehörigkeit
liegt freilich in dem Verfahren mit einem fertigen
Vorrat von Handbewegungen, das A. Schmarsow
in dem Vergleich der Kompositionen der Biblia
Pauperum und der anerkannten Gemälde von
K. Witz dargelegt hat, ganz besonders mit der
Befreiung Petri, die als erzählende Darstellung
hierfür vorzüglich geeignet war, und im Breit-
format der Tafel zwei herkömmliche Einzel-
szenen aneinander schiebt. A. H.
 
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