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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Hasak, Max: Die Erweiterungsbauten der Stadtpfarrkirche zu Leobschütz in Oberschlesien und der Pfarrkirche St. Mauritius zu Friedrichsberg bei Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0167

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259

1907.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

260

Die Erweiterungsbauten der Stadtpfarrkirche zu Leobschütz in Oberschlesien
und der Pfarrkirche St. Mauritius zu Friedrichsberg bei Berlin.

(Mit 5 Abbildungen )

Turm oder eine Apsis als Überbleibsel und

ie Erweiterung vorhandener Kirchen
ist zwar eine oft behandelte An-
gelegenheit, hat doch auch diese
Zeitschrift schon trefflichste Auf-
sätze darüber gebracht, aber der tatsächliche
Erfolg scheint den eifrigen Bestrebungen der
Kunstverständigen und Altertumsfreunde nicht
zu entsprechen. Immer wieder verschwinden
alte Kirchen. Oder entgehen sie diesem
Schicksal, dann stehen sie unbenutzt und un-

unbehilfliches Angedenken an die schlimme
Vernichtung der einzig sicheren Urkunden
über die Blüte des Ortes in vergangenen
Zeiten. Das einzig kennzeichnende Bauwerk
der ganzen sonst so nüchternen Stadt, das
sich der Phantasie aller Einwohner von Jugend
auf so anheimelnd eingeprägt hatte, das jedem
Fremden den Ort von anderen unterscheiden
ließ, es ist verschwunden, weil man durchaus

Abb. 1. Grundrifs der katholischen Stadtpfarrkirche zu Leobschütz vor dem Umbau.

benutzbar neben einem selbständigen Neubau
da. Man sieht es ihnen an, ihr Schicksal ist
besiegelt, sie gehen ihrer Zwecklosigkeit halber
doch bald zugrunde. Nur Gebäude, die einem
bestimmten Zwecke dienen, die einem dringen-
den Bedürfnisse entsprechen, dessen gebiete-
rische Notwendigkeit den Beteiligten die täg-
liche Unterhaltung, Reinigung und Ausbesse-
rung aufzwingt, bleiben durch die Jahrhunderte
erhalten. Sonst stehen sie wie alte Gebäude
in einem „Freilicht-Museum" da, aber nicht
von Museumsbeamten gepflegt. Sie sind
jedem im Wege, kaum beachtet, und die
trostlose Unbenütztheit macht sie selbst dem
Kunstfreunde recht unbekömmlich. Häufig
sieht man auch bloß noch einen erhaltenen

eine neue Kirche haben wollte und niemand
darauf hinwies, daß beides zu haben möglich
sei, die Erhaltung des alten Gebäudes wie
einen Neubau. Nur gehört etwas Geduld,
Erfahrung und Selbstverleugnung von Seiten
des Baumeisters dazu, vorausgesetzt, daß man
sich an einen solchen gewendet hat, soll ein
Erweiterungsbau zustande kommen. Nur ein
Erweiterungsbau in gehörigen Abmessungen
kann helfen und auf die Dauer befriedigen.
So hat es das Mittelalter getan, auf solche
Weise nur sind uns die meisten Kirchen er-
halten worden, so muß es auch heutzutage
geschehen. Das „finstere" Mittelalter ist die
beste Lehrmeisterin. Betrachten wir daher
vorerst einige der lehrreichsten alten Beispiele.
 
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