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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Schmarsow, August: Über Konrad Witz und die Biblia Pauperum Weigel-Felix
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0061

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1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

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Über Konrad Witz und die

er englische Privatdruck von Camp-
bell Dodgson hat in dieser Zeit-
schrift (1907,2) durch Jaro Springer
Ji vom Berliner Kupferstich-Kabinett
so schnell wie möglich nach dem Erscheinen
eine dankenswerte Besprechung gefunden. Ob-
gleich ich in der Stadt der Buchhändler nicht in
der glücklichen Lage bin, solche Publikationen
alsbald zu Gesicht zu bekommen, und auch
das liebenswürdige Anerbieten W. L. Schreibers
in Potsdam, sie mir eine Zeitlang zum Studium
zu überlassen, nicht sofort annehmen konnte,
weil ich mit andern Arbeiten überhäuft bin,
halte ich es doch für geboten, das Verfahren
Jaro Springers mit einigen Bemerkungen prin-
zipieller Art zu ergänzen. Ich halte es im
Interesse der Wahrhaftigkeit und Unbefangen-
heit unserer wissenschaftlichen Untersuchung
sogar für richtiger, sie niederzuschreiben, be-
vor ich die neuen Abbildungen bei Campbell
Dodgson gesehen habe.

So muß ich zunächst bemerken, daß der
unter Nr. 7 der Literaturangaben bei Springer
aufgeführte Beitrag in dieser Zeitschrift XVIII,
266, in allen sachlichen Angaben auf brief-
lichen Mitteilungen von mir beruht, also auf
meine Verantwortung kommt. Ich verdankte
die Notiz über den Rosenthalschen Katalog
von 1898; der mir ebenso wenig wie Schreiber
in die Hände gekommen war, und über das
Alter der Schriftzüge Paul Kristeller. Von
einem „Fund" war nicht die Rede. Bei dieser
Gelegenheit will ich aber zur Klärung unsrer
Verhältnisse gern aussprechen, daß wir uns
nicht wundern dürfen, wenn ein Engländer,
auch wenn er über deutsche Kunst arbeitet,
einen Artikel im „Repertorium" und einen an-
dern in dieser Zeitschrift nicht kennt. W. L.
Schreiber hat mir gestanden, daß es ihm ebenso
ergangen war. Und mir selbst ist z. B. eine
wichtige Abhandlung über Multscher im „Jahr-
buch der K. preuß. Kunstsammlungen" durch
zufällige Umstände jahrelang verborgen ge-
blieben, so daß ich ganz ehrlich zweimal über
den Meister schrieb, ohne die Existenz solcher
Arbeit von einem Berliner Gelehrten zu ahnen.
Aber da ich diesen schon recht lange mit
solchen Studien beschäftigt glauben mußte,
so hielt ich es auch für mein Recht, als Heraus-
geber des großen Sterzinger Altarwerkes meine
Forschungen über den Meister zum besten

Biblia Pauperum Weigel-Felix.

zu geben, nachdem ich bei der Publikation
des Denkmals selbst einem Münchener Kollegen,
der die ganze Restauration der Tafelbilder
mit erlebt, den Vortritt überlassen hatte. Die
Nichtberücksichtigung der seitdem entdeckten
Berliner Gemälde, die ich dem nächstberech-
tigten Galeriedirektor nicht vorwegnehmen
wollte, ist mir dann sehr verübelt worden
und hat auch meine Abhandlung (über die
oberrheinische Malerei um 1430—60) unter
Acht und Bann gestellt. Wenn die Berliner
Fachgenossen wüßten, wie spät bedeutsame
Erscheinungen der kunsthistorischen Literatur
auch dem Leipziger „Hochschulmeister" zu Ge-
sicht kommen, oder wie oft überhaupt nicht,
so würden sie auch über Ausländer, denen es
ähnlich ergeht, anders urteilen und in Literatur-
berichten selbst ihre Ausrufungszeichen sparen.
Fragen wir uns doch einmal aufs Gewissen:
ist solcher Hetzjagd-Komment nicht über-
haupt ein Unsinn auf unserm Forschungsgebiete?
Und darf es außer den wenigen Zentralstätten
überall nur Wiederkäuer oder Nagetiere geben?
— Ich meine, wir sollten lieber einmütig zu-
sammen stehen gegen rüpelhafte Anläufe, denen
die deutsche Kunstwissenschaft von deutsch-
redenden, aber antideutsch denkenden Verleum-
dern ausgesetzt wird. Das würde uns besser from-
men, als mit engherzigen Begriffen von Wissen-
schaftlichkeit im eigenen Hause zu hadern.

Ich habe wie immer auch in meinem Bei-
trag über Konrad Witz und die Biblia Pau-
perum ganz geradeaus erzählt, wie ich dazu
gekommen bin, die beiden in Beziehung zu
setzen. Nach wiederholter Beschäftigung mit
dem Basler Maler aus Rottweil stieß ich bei
Gelegenheit eines Kollegs über Kupferstich und
Holzschnitt des XV. Jahrh. wieder auf die große
Abbildung bei T. O. Weigel und Zestermann
und wurde durch die schlagende Überein-
stimmung mit dem Basler Altar von Konrad
Witz betroffen. Das führte zu eingehender
Vergleichung und zur Heranziehung der kleinern
Probe in R.Weigels Kunstlager-Katalog. Also
die Bilder waren mein Ausgangspunkt und meine
Urkunden. Ich habe mir angewöhnt, sie zu-
nächst ohne jede Beihilfe von Literatur für
sich auswirken zu lassen, und mir über alles
Rechenschaft zu geben, was sie allein mir
zu sagen haben. So ist es denn nichts als eine
ganz irrtümliche und irreführe ade Annahme,
 
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