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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Schnütgen, Alexander: Neue Statue des hl. Antonius von Padua
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0057

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75

1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

76

Neue Statue des hl. Antonius von Padua.

(Mit Abbildung.)

ie Her abgebildete, lebensgroß in
Stein ausgeführte St. Antonius-
Statue dürfte auch den modernen
Geschmack befriedigen als für
eine gotische Kirche be-
stimmte Standfigur. —
Ihre Bewegung ist maßvoll
und doch stark genug für
den Pfeiler, den sie zu
schmücken hat. Das na-
türliche Parallelgefält des
Habits, der die nackten
Füße zum Teil frei läßt,
ist beibehalten bis auf die
durch die leichte Knie-
beuge veranlaßte Glättung,
durch welche zugleich die
Silhouette vorteilhaft beein-
flußt wird. Die den Ober-
körper und die Arme, wie
das ganze Kind als Tuni-
ka umhüllende Draperie
folgt den durch die Bewe-
gung hervorgerufene Zug-
linien in ganz harmo-
nischer Entfaltung, so daß
keine Falte herausfällt oder
sonst irgendwie störend sich
bemerkbar macht. Wer
mit dem weichen Gefält
der hochgotischen Periode
nicht ganz vertraut ist,
wird kaum merken, daß
gerade dieses gewählt
wurde, und zwar durch
die Rücksicht auf den
Stil der Kirche, in der
diese Figur steht. Der
Kopf des Heiligen schließt
sich enge an die Natur
an, anatomisch gebildet wie
die ganze Figur und doch
mit den Konzessionen an
die Empfindung, die hier den Künstler in
der Charakterisierung des Heiligen beseelte.
Daß in deren Kreis auch die gewellte Be-
handlung des Haarkranzes gehörte, wird ge-
wiß nicht verkannt werden. — Der Kopf
des Kindes, dessen anmutige Profilhaltung

zugleich durch die Umstände geboten war,
entbehrt trotz der übernatürlichen Besee-
lung nicht des natürlichen Ausdruckes; die
Händchen sind weich und teilen mit den
Händen des hl. Anto-
nius eine naturalistische
Modellierung, in der na-
mentlich durch die das Kind
tragende Rechte diese
Funktion sprechend zum
Ausdruck gelangt. — Innig
schmiegt sich das Kind
an den Heiligen an, aber
ganz zart und zwanglos,
ohne irgendwelche Auf-
dringlichkeit der Wirkung
die durchaus erbaulich ist.
— Daß der Eindruck eine
gewisse Beimischung von
Weichheit hat, ist motiviert
durch den mystischen
Charakter der Szene, wie
durch die Persönlichkeit
des Heiligen, den der
Zauber verklärten Ordens-
lebens in ganz ungewöhn-
lichem Maße umgibt.

Der an den Pfeiler ge-
stellten Figur dient natür-
lich eine Konsole als
Träger, und wenn ihr als
Bekrönung ein Baldachin
entspricht, der schlank sein
müßte, so würde dadurch
die künstlerische Wirkung,
wie die sakrale Bedeutung
erhöht. — Soll die Figur
in Holz übertragen werden,
so empfiehlt sich für das
Gefält eine etwas stärkere
Vertiefung, die das Graziöse
des Eindrucks noch steigern
würden. — Soll eine solche
Statue einen Seitenaltar verzieren, was bei
der außerordentlichen Popularität des Heiligen
leicht begehrt werden könnte, so würde sie
am besten zum Mittelpunkte eines Klappbildes
gemacht, also mit bemalten Doppelflügeln ver-
sehen. Schnütgen.
 
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