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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Greven, Joseph: Die Mitra des Jakob von Vitry und ihre Herkunft
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0142

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221

1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

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Kloster zu Oignies reiche Geschenke
aus Palästina zugesandt hat, unter
denensich neben kostbarem Kirchen-
gerät eine bischöfliche Mitra befand.
Am 4. November 1216 landete Jakob in
Akkon6); der 23. Juni 1223 ist der letzte
Termin für das Ende der zehnjährigen Frist,
da Maria am 23. Juni 1213 gestorben war.
Wahrscheinlich aber ist die Sendung schon
in das Jahr 1217 zu setzen, denn vom Jahre
1218 ab weilte Jakob beim Kreuzheere vor
Damiette in Ägypten. Da Jakob von Vitry
aber gerade vom Okzident nach Palästina ge-
kommen war, so waren die übersandten Ge-
schenke auch sicherlich orientalische Erzeug-
nisse, die im Kloster zu Oignies eine lebhafte
Vorstellung von dem Reichtum des akkonen-
sischen Bischofssitzes hervorrufen mußten7).

Die erste von Braun besprochene Mitra,
die er Nordfrankreich zuweist, bietet keine

6) „Jacobi de Vitriaco Epistola II" in »Zeitschrift
für Kirchengeschichte« XIV. [1894], p. 109: Sexta
autera feria post festum Omnium Sanctorum ad portum
civitatis Acconensis applicuimus.

7) cf. »Supplementum« I. c. p. 675: Stupebat enim
mundus incognitum monstrum; Episcopum scilicet fre-
quentissimae civitatis in partibus transmarinis, sponte
sua reliquisse dominium, ex Orientalibus copiis paupe-
rem factum, et in humili loco de Oignies . . . requiem
elegisse. Über die Stellung des Jacob von Vitry
zum Orient und seiner Kultur, vgl. Hans Prutz
»Kulturgeschichte der Kreuzzüge« (Berlin 1883), S. 494.

Anhaltspunkte für unser Resultat. Dagegen
trifft es zusammen mit den Ausführungen
Brauns über die zweite Mitra. Die auf der-
selben angebrachten goldgestickten Möndchen
sind ein orientalisches, von den Sarazenen
stammendes Motiv. Da aber auf anderen
Paramenten neben denselben Möndchen Orna-
mente vorkommen, die eine abendländische
Herkunft nahelegen, und auf der Mitra selbst
ein Rankenwerk zu sehen ist, das abendlän-
dischen Charakter zeigt, so will Braun eine
direkte orientalische Provenienz nicht an-
nehmen. Er denkt an Sizilien als Ort der
Herstellung, weil dort sarazenische mit abend-
ländischer Kultur zuzammentraf. Diese auf
abendländische Herkunft hinweisenden Mo-
mente sind aber nicht so ausschlaggebend, daß
nicht die beigebrachten äußeren Zeugnisse
im Verein mit dem festgestellten orientalischen
Motiv die orientalische Herkunft der Mitra
sichern könnten. Die Mitra, die wahrschein-
lich in Akkon selbst hergestellt worden ist,
bildet einen neuen Beweis für die durch die
Kreuzzüge hervorgerufene Berührung von
orientalischer und okzidentalischer Kultur. —
Vielleicht veranlaßt diese Feststellung eine
Untersuchung der anderen aus dem Kloster
Oignies stammenden Stücke auf etwaigen
orientalischen Ursprung.

Kierdorf, Kr. Euskirchen. Joseph Greven.

Bücherschau.

Geschichte der Päpste im Zeitalter der Renais-
sance und der Glaubensspaltung von Dr. Ludwig
Pastor. IV. Band 609 und 799 S.
Durch den Wechsel von Tag und Nacht erstreckt
sich das Leben der Menschheit fort, und dem Licht
und Dunkel ihrer Taten und Ereignisse, dem Guten
und Bösen derselben entsprechen sicher die Gefühle
der Freude oder des Schmerzes, unter welchen wir
ihre Schilderungen lesen in den Geschichtswerken unserer
Gelehrten. Legen diese aber einen Wert darauf, neben
dem drückenden Ernst auch das freudig Erhebende
im Menschenwirken zur Anschauung zu bringen, so
kann aus ihrer Wellgeschichte nicht wegbleiben, was
die Würdigung des Kunstschaffens erzielt. — Der ver-
dienstvolle Verfasser der Papstgeschichte neuerer Zeit-
perioden hat darum sehr Recht, nach der Besprechung
des Tuns eines jeden dieser Kirchenfürsten, das die
Förderung der religiösen Interessen bezweckte, auch einen
anständigen Raum zu gewähren für das Stück Kunst-
geschichte, vom Verlaufe ihrer Regierung. Was sie
in der Kunstübung im engeren Gebiete Roms leisteten,
hat allgemeinere Bedeutung schon wegen des Einflusses,

der etwa zum Schlüsse des XV. Jahrh., in weite Kreise der
christlichen Welt hinausdrängte, und der wie wir es um
uns her sehen, noch gar nicht erstorben ist. Freilich nicht
Rom, sondern Florenz „flos Etrusiae" wie es heißt am
Grabstein Fiesoles, war der neuen Kunstrichtung rechte
Heimat; um die edelsten Früchte zu bringen, gewährte
ihr die Papststadt das gesegnetste Erdreich. „Lingua
toscana in bocca romana" — diese Bezeichnung paßt
bestens auf die Kunst, die unter Julius II. in Rom
ihre Höhe erstieg, unter Leo X. und weiter noch als
Nachblüte geschätzt werden muß. Die Meister und
Werke dieser Kunst der Spätzeit hat nun der Historiker
Hofrat Pastor mit sorgsamer Berücksichtigung der schon
irgend wie veröffentlichten Berichte und Besprechungen
unter schätzbarer Beigabe eigener archivalischer Funde
und so eingehend behandelt, daß man recht deutlich
abnehmen mag die Liebe und dasVerständnis, mit welcher
er dem Fache der Kunstgeschichte von lange her zuge-
tan ist. Das Werk seiner Kirchengeschichte, als solches
eine der interessantsten Neupublikationen unserer Zeit,
hat auch für die Kunstwissenschaft unleugbare Bedeutung.
Graz. Johann Graus.
 
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