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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Greven, Joseph: Die Mitra des Jakob von Vitry und ihre Herkunft
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0141

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1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

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anische Provenienz zu, bemerkt aber bei dieser
letzteren, die Verbindung mit Jakob von Vitry
sei für die Feststellung ihrer Herkunft ohne
Belang. Da eine äußere Bezeugung mittel-
alterlicher Kunsterzeugnisse, namentlich von
Stickereien, sehr selten ist, so werden darauf
bezügliche Notizen sehr willkommen sein, zu-
mal wenn sie geeignet sind, auf die Herkunft
einiges Licht zu werfen.

Daß die beiden Mitren und auch andere
dem Kloster zu Oignies entstammende Kunst-
gegenstände auf Jakob von Vitry zurückgehen,
ist aus dem Grunde sehr wahrscheinlich, weil
den oben angedeuteten mannigfaltigen Be-
ziehungen Jakobs zu diesem Kloster in der
Tat reiche Schenkungen entsprochen haben.
In einer mit dem Siegel des Bischofs Robert
von Lüttich versehenen Urkunde des Priors
Siger von Oignies vom Jahre 12432) heißt es
von Jakob von Vitry, der dem Kloster eine
Geldsumme zum Ankauf von Weinbergen ver-
macht hatte, folgendermaßen: Postmodum
perveniens ad statum fortunae dignioris, pannis
sericis, sanctorum reliquiis3), et aliis ecclesiae
ornamentis, librorumque voluminibus innumeris,
et sedis apostolicae privilegiis non paucis ean-
dem ecclesiam munire studuisset, et ad com-
parandas possessiones, quibus ejusdem ecclesiae
paupertatem sublevaret, multam pecuniam
saepius transmisisset, .... ad comparandas
vineas vel possessiones ad hoc specialiter
deputandas, pecuniam nobis legavit, ....

Da der Ausdruck ,perveniens ad statum
fortunae dignioris' sich unzweifelhaft auf die
Erhebung zum Bischof von Akkon bezieht,
so können wir bereits hieraus entnehmen,
daß Jakob schon von Palästina aus, also vor

s) Abgedruckt bei E. Martene, »Veterum scrip-
torum et monumentorum .... amplissima collectio«,
tom. I., Paris 1724, Sp. 1278/1279.

*) Orientalische Seidenstoffe aus der Beute der vom
Kreuzheere eroberten Stadt Damiette hat Jakob von
Vitry i. J. 1220 an seine Freunde in Belgien (Johannes
von Nivelles u. a.) gesandt (,Jacobi de Vitriaco
Epistola VI") in »Zeitschrift für Kirchengeschichte«
XVI. [1896], p. 83. — Ein bemerkenswertes Ana-
logon zu der Übersendung von Reliquien durch den
Bischof von Akkon an das Kloster zu Oignies findet
sich in der Sendung von Reliquien des hl. Johannes
Baptist durch einen Inhaber desselben Bischofstuhles
an die Oignies benachbarte Abtei Florennes zwischen
den Jahren 1153 u. 1155 (D. Ursmer Berliere, Frede-
ricq de Laroche eveque d'Acre et archeveque de Tyr —
Envoi de reliques ä l'abbaye de Florennes, Revue
Benedictine XXIII [1906], p. 501 sq.).

seiner Rückkehr nach Oignies, das Kloster
reichlich bedacht hat. In der Tat wird uns
auch an einer anderen Stelle von reichen
Geschenken des Bischofs von Akkon an das
Kloster berichtet, und unter diesen Geschenken
wird auch, was für unseren Zweck sehr wich-
tig ist, ausdrücklich die Übersendung einer
ganzen Bischofskleidung berichtet. In dem
Supplementum, das der bekannte Thomas von
Chantimpre zu Jakobs Vita Mariae Oignia-
censis geschrieben hat, wird uns folgende Be-
gebenheit erzählt4). Dem Prior des Klosters
zu Oignies waren infolge einer Unachtsamkeit
einige in der Kirche aufbewahrte Paramente
verbrannt. Da er hierüber in Trauer geriet,
verhieß ihm Maria von Oignies, die wir als
Jakobs geistliche Mutter bereits erwähnten, er
werde alles Verlorengegangene in zehn Jahren
wiederhaben, und zwar alles weit schöner als
bisher. Dann heißt es weiter: . . postea . .,
quoniam venerabilis Jacobus in transmarinis
partibus Acconensis Episcopus est electus,
transmisit dicto Priori omnem infulam
Episcopalem5), cum aliis multis vestibus
bissinis, et universa altaris vasa, cum diversis
utensilibus ministrorum eius ex auro et argento
omnia fabricata. Portitor autem horum omni-
um tanta velocitate mare transivit, infra dies
videlicet quindecim, ut multis hoc incredibile
videretur. Et hoc non mirum non sine divino
miraculo, utique annorum decem tempus
urgebat, quo haec Ancilla Christi complenda
praedixerat.

Da die genaue Einhaltung der von Maria
vorhergesagten Frist und der überraschend
schnelle Transport der kostbaren Geschenke
für den Verfasser des Supplementums das
Wichtigste an seiner Nachricht waren, so kann
man ihrem sonstigen Inhalt wohl Glauben
schenken. Es steht also fest, daß Jakob
von Vitry als Bischof von Akkon dem

4) >Acta Sanctorum Junii« tom. IV., p. 671.

6) infula bedeutet allgemein ,vestis sacerdotalis'
(Du Cange, Glossarium, tome IV, Sp. 358/359). Daß
zu einer Bischofskleidung eine Mitra gehört, versteht
sich von selbst; wir haben darüber aber auch eine
Äußerung von Jakob selbst, der bei einer Aufzählung
der bischöflichen Gewandstücke in seiner Historia
occidentalis vom Bischöfe sagt: Habeat in capite
mitram, id est, utriusque testamenti scientiam. Ut
facies Moysi sit cornuta. Comibus enim duorum testa-
mentorum debet inimicos ecclesiae ventilare (Jacobi de
Vitriaco, Historia Orientalis et occidentalis, edidit
Franciscus Moschus Duaci 1597, p. 377/378).
 
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