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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Doering, Oskar: Der romanische Grabstein in Altenplathow
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0119

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181

1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

182

Der romanische Grabstein in Altenplathow.

(Mit Abbildung.)

ie Kirche des Dorfes Altenplathow
(Prov. Sachsen, Kreis Jerichow II.),
ein im Anfange des XVIII. Jahrh.
stark veränderter Bau, dessen
ursprünglichste Bestandteile noch aus roma-
nischer Zeit stammten, ist vor kurzem ab-
gebrochen und durch einen Neubau ersetzt
worden. Bei Gelegenheit des Abbruches fanden
sich etwa einen halben Meter unter dem Fuß-
boden der alten Kirche zwei Grabsteine. Von
ihnen stammt der eine aus dem Jahre 1603.
Er gehört einer Frau Magdalena Makereyes
und bietet, abgesehen von zwei Wappen und
den sehr hübschen Typen der lateinischen
und deutschen Inschrift-Buchstaben, kein
wesentliches Interesse.

Um so mehr ist dies mit dem andern sehr
alten Steine der Fall. Von den Gebeinen des
einstmals unter ihm Begrabenen oder von
irgend welchen zur Leiche gehörigen Gegen-
ständen fand sich nichts; vielmehr zeigte sich
das Erdreich unter dem Steine locker, hohl,
durchwühlt. Der Stein selbst ist also ehemals
— am wahrscheinlichsten zur Zeit des oben
erwähnten Barockumbaus — gewaltsam er-
hoben worden. Für die Anwendung von
Gewalt zeugen die zahlreichen Beschädi-
gungen; sie haben vor allem den Rand mit
der darauf befindlichen Inschrift betroffen,
was wegen der dadurch geschaffenen Schwierig-
keit der Identifizierung schlimmer ist, als
der Umstand, daß der Stein in fünf Stücke
geborsten ist.

Die Platte besteht aus hellem Sandstein,
ist 2 m hoch, (52 cm breit, 211/2 cm dick.
Der Schriftrand ist 6 cm breit und um 21/2 cm
über die mittlere Fläche des Steines erhaben.
Zweifellos lief dieser Rand ehemals um das
ganze Rechteck des Steines herum; jetzt fehlt
er am untersten Teile überhaupt. Die ver-
tiefte Fläche ist größtenteils ausgefüllt durch
die in mittlerem Relief ausgeführte Figur eines
Mannes, der nicht etwa aufrecht steht, wie
man bei der jetzigen Aufstellung des Steines
leicht irrtümlich annehmen könnte, sondern
im Sarge lang hingestreckt liegt. Die Figur
mißt vom Scheitel bis zu den Fußspitzen 1 m

88 cm, der Kopf allein bis unter das Kinn ;

29 cm, die Hände vom Ärmelrande an: die ......■ MAS- IACOB...- ARTHO

ist ein bärtiger Mann mit langem, schlicht ge-
scheiteltem Haupthaar. Die Augenlider sind
gesenkt und geschlossen, wie es dem Todes-
schlummer entspricht; die Nase ist ziemlich
breit; der Mund zeigt schmale, fest geschlossene
Lippen; der Versuch den hippokratischen Zug
zu charakterisieren, ist unverkennbar. Die Arme
liegen im oberen Teile fest am Körper an,
während sie gleichzeitig äußerlich an den In-
schriftrand anstoßen; von den Unterarmen legt
sich der rechte schräg aufwärts, der linke fast
im rechten Winkel quer über den Körper.
Die beiden Hände zeigen gleichermassen die
Daumen ein wenig abgespreizt, die andern
vier Finger gerade und fest aneinander liegend.
In der Zeichnung ist die linke Hand richtiger,
während die rechte durch einen nicht ganz
gelungenen Versuch perspektivischer Dar-
stellung gelitten hat. Gekleidet ist der Mann
in ein doppeltes Gewand. Von dem Unter-
gewande ist nur am Halse ein dreieckiges
Stückchen hinter dem Ausschnitte des Ober-
gewandes zu sehen, an den Armen schauen
die sehr fein quer gefältelten, straff anliegenden
Unterärmel aus den bauschig hängenden Ober-
ärmeln heraus. Von den Beinkleidern läßt
sich eine Beschreibung nicht machen; nach
dem erhaltenen Teile des linken Unter-
schenkels sind sie als aus glattem, fest an-
schmiegendem Stoffe gearbeitet zu denken.
Das Obergewand ist weit und faltig, in der
Hüfte durch einen nicht sichtbaren Gürtel zu-
sammengehalten, dessen beide bandartigen
Enden mitten vor dem Körper bis fast zu
den Knien herabhängen, und über den die
obere Hälfte des Gewandes faltig herüberfällt.
Verzierungen irgend welcher Art fehlen gänz-
lich. Der Kopf ist ohne Bedeckung; die
Füße stecken in sandalenartigen Schuhen, die
durch Riemen an den Knöcheln festgehalten
werden. Ob der Stein ehemals bemalt ge-
wesen ist, ist nicht mehr festzustellen, da sich
keinerlei Farbspuren mehr haben entdecken
lassen.

Um die Figur läuft folgende Inschrill in
Majuskeln des XII. Jahrh., die, wie schon
gesagt, leider arg beschädigt ist:

...MAII-0.....• LES ■ SCI- MA VRICII

MEV.

rechte 19, die linke 20 cm. Der Dargestellte j MAT.
 
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