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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Doering, Oskar: Der romanische Grabstein in Altenplathow
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0120

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.183

1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

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Soweit sich bei diesem Zustande der Frag-
menthaftigkeit noch eine Ergänzung ermög-
lichen läßt, muß sie etwa heißen:

ANNO......• MAII- OBIIT- . . . DE-

PL OT-ECCLES-SCI. MA VRICII. MA GDE

BVRGENS-.....SC*:-. THOMAS- JACOB'

■MAIOR-BARTHOLOMEV .MATHEV.
Dem Sinne nach ins Deutsche übertragen
besagt die Inschrift ungefähr folgendes: ,,In
dem und dem Jahre, an dem und dem Tage
des Monats Mai starb ein gewisser Herr von
Plotho (?), der zur Kirche des hl. Moritz in
Magdeburg (?) in Beziehungen stand. Seiner
Seele wollen gnädig sein die hl. Thomas,
Jakobus d. ä., Bartholomäus und Matthäus".
Sehr stattlich ist das Ergebnis der Er-
gänzung nicht zu nennen, um so weniger, als
gewissenhafterweise gerade an die beiden wich-
tigsten Punkte Fragezeichen gesetzt werden
müssen. Denn die Zugehörigkeit des Ver-
storbenen zum Magdeburger Domstifte ist
schon darum ziemlich unsicher, weil die bloße
Bezeichnung Ecclesia für die Hauptkirche des
Erzbistums nicht genügend erscheint. Am
nächsten läge es, statt dessen an die Kirche
von Altenplathow zu denken; ihr Schutz-
heiliger, den sie selbstverständlich gehabt
haben muß, und dessen Namen jetzt nicht mehr
bekannt ist, wäre dann der hl. Moritz gewesen.
Dies wird wahrscheinlich durch die nahen
Beziehungen, in denen die Kirche von Alten-
plathow zu Magdeburg stand. In früherer Zeit
zwar finden wir den Ort (civitas) und den
Burgwart im Besitze des 946 gegründeten
Stiftes Havelberg. Doch ist es sehr zweifel-
haft, ob der in der betr. Urkunde (Monum.
Germ. Diplomata Otto I. 76.) genannte Ort
Plote überhaupt mit Altenplathow identisch
gewesen und nicht vielmehr, wie Raumer (Re-
gesta historiae Brandenburgensis) und auch
Riedel (Co. dipl. Brandenb. A. VIII. p. 91—92)
annehmen, für Plate bei Stargard zu halten
ist. Außerdem würde bei der Zugehörigkeit
zu Havelberg, dessen Stiftskirche der hl. Maria
geweiht war, eher anzunehmen sein, daß auch
die Kirche von Altenplathow eine Marien-
kirche gewesen wäre. Zu Magdeburg trat der
Ort in Beziehung durch die 1144 geschehene
Schenkung des Ortes an das Erzstift durch
den Grafen Hartwig von Stade, der Domherr
und Domprobst zu Magdeburg und später
(1148—1168) Erzbischof von Bremen gewesen.
ist. (Über ihn vgl. v. Heinemann, Albrecht

der Bär (1864) p. 141 ff., 176; — G. Dehio,
Gesch. d. Erzbist. Hamburg-Bremen (,1877)
IL, 52 ff.). Die Kirche selbst wird zuerst er-
wähnt in einer am 22. Februar 1171 von
einem Johannes, Dominus de Plote ausge-
stellten Urkunde. (Becmann, Accessiones hist.
Anhalt, p. 608. — Mülverstedt, Reg. archiepisc.
Magd. I. 1506.)

So unsicher wie die Beziehung des auf
dem Grabstein dargestellten Mannes zu dem
Erzstift Magdeburg, ist es, ihm einen Namen
geben zu wollen. Am einfachsten wäre es,
ihn für ein Mitglied der Familie von Plotho
zu halten, deren Stammsitz sich von Alters
her in Altenplathow befand. Dann wäre es
weiter verlockend, ihn sogar mit dem eben
erwähnten Urkundenaussteller Johannes identi-
fizieren zu wollen. Auch ein Hermannus de
Plote tritt in einer Urkunde von 1144 als
Zeuge auf. Es fehlt aber auch bei ihm jede
Möglichkeit, ihn mit dem Grabstein in plausible
Beziehung zu setzen. Es ist festzuhalten, daß
sich für dergleichen Annahmen ein wirklicher
Beweis in gar keiner Art erbringen läßt. Am
wenigsten wahrscheinlich ist, daß wir mit einem
weltlichen Ritter zu tun haben. Denn man
könnte ja auf die Idee kommen, die Buch-
staben LES der Inschrift als Miles deuten zu
wollen. Als solcher würde er sicher irgendwie
charakterisiert sein, wenn auch nicht durch
ein Wappen wegen der frühen Zeitepoche, so
doch durch ein Schwert oder einen Helm.
Eher darf man den Mann für einen Geist-
lichen ansehen, freilich für keinen höheren
Ranges, da er keinerlei Abzeichen einer der-
artigen Stellung aufweist. Daß er die Hände
nicht betend zusammengelegt hat, auch keine
Segensbewegung macht, hat nichts Auffallendes;
auch die ebenfalls gleichzeitigen Äbtissinnen
auf den ältesten Grabsteinen der Quedlinburger
Schloßkirche haben ähnlich indifferente Hand-
haltungen. Das Ergebnis nach der historischen
Seite muß also dahin zusammengefaßt werden,
daß wir es mit einem nach der Mitte des
XII. Jahrh. verstorbenen niederen Geist-
lichen zu tun haben; er hat möglicherweise
Beziehungen zu Magdeburg, sicher ganz nahe
zur Kirche von Altenplathow gehabt und
dürfte vielleicht als ein von Plotho anzusprechen
sein, falls er nicht einfach der Pfarrer loci
gewesen ist.

Was die kunstgeschichtliche Stellung des
Werkes betrifft, so muß vorweg gesagt werden,
 
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