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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Beissel, Stephan: Das Evangelienbuch des Kurfürsten Kuno von Falkenstein im Dome zu Trier (1380)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0111

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165

1907.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

166

was in der Mitte niedergedrucket, midt einem großen
Kinne, midt einer hogen Stirn. Er hatte auch eine
große Brüste; under seinen Augen rottelferbig. Er
stunde uff seinen Beinen wie ein Leuwe und hatte
gutlig Geberde jegen seine gute Freunde und jegen
seine Underthanen. Wan er aber zornig was, dann
schlutterten und puseten ihme die Backen."

Die Umschrift der PorträtdaiStellung des
thronenden Bischofes lautet: Ctino de falken-
itein, archiepiscopus treverensis, hunc librum
fieri fecit anno domini millesimo CCCmo octua-
gesimo, die oclava mensis maii. Das Porträt
mit seiner Umrahmung
stammt von einer ge-
schickteren Hand als
die zahlreichen Bilder,
welche die Perikopen
illustrieren. Wohl ist
die Farbengebung die
gleiche, der Faltenwurf
derselbe, aber die
ganze Gestalt, beson-
ders ihreGesichtszüge,
zeichnen sich durch
bessere und sorgsamere
Ausführung aus. Die
Hände, Füße und
Gesichter bleiben in
ienen Illustrationen so
mangelhaft, daß ihr
Urheber nur Miniator,
nicht aber auch für
Herstellung von Tafel-
gemälden geschult ge-
wesen sein wird.
Einigemale hat er
Miniaturen (Nr. 40
bis 42) nur grau in
Grau ausgeführt, sonst
bevorzugter Rot, Blau
und Lila. Die Hinter-
gründe bildet er fast immer teppichartig, ent-
weder in Gold mit eingeritzten Mustern, oder
farbig mit ähnlichen Mustern, oder schachbrett-
artig mit eingestreuten Blümchen. Die Ge-
wandfalten zieht er lang und geschwungen hin;
dreieckige Bauschung der Falten wendet er
seltener an. Der Eindruck seiner Leistungen
ist wohltuend; sie sind reinlich und licht,
farbenreich und harmonisch. Alles ist ziem-
lich gleichmäßig behandelt, abgesehen von der
Porträtdarstellung des Vorsteheblattes, an-
scheinend von derselben Hand. Die Figuren
und Kleider werden oft von einer dunkeln

Abbildung 2.

oder schwarzen Linie umrissen. In Christi
goldenem Nimbus steht ein schwarzes Kreuz.
Gegen Ende des Buches ermüdet der Minia-
tor, darum vereinfacht er seine Bilder und
arbeitet rascher. Wer sollte ihm das ver-
übeln, da er 150 kleine Gemälde fertig zu
stellen hatte?

Seine Initialen verbreiten ihre leichten

Ranken mit dornigen Blättchen über den

ganzen Rand, selten sind sie durch Drolerien

belebt, obwohl dieselben im Brevier des Erz-

bischofes Boemund

von Trier (f 1366) zu

Coblenz und in dem

schönen Missale aus

Prüm in Berlin6) so

sehr hervortreten.

Die erste Miniatur,
welche dem Bilde des
Stifters folgt, illustriert
die Perikope des ersten
Adventssonntages, an
dem damals der Be-
richt des Evangelisten
Matthäus über den
Einzug in Jerusalem
(21,1 f.) gelesen wurde.
Weil der Maler die
Szene des Einzuges
am Palmsonntag schil-
dern wollte (Nr. 80),
begnügt er sich hier,
zu zeigen, wie Jesus
zwei Jünger in die
Stadt sendet, um die
Eselin und ihr Füllen
herbeizuholen, dann
aber fortfährt, mit den
übrigen zehn Aposteln
zu reden (Abb. I).7)
Um die in den Anfangsbuchstaben der Peri-
kope (Cum appropinquasset) gestellte Minia-
tur sind auf dem Rande dieses Blattes zwei-
undzwanzig Engel mit Musikinstrumenten an-
gebracht, zu denen sich weitere gesellen als
Träger des Wappens, Buches, Stabes und der
Mitra des Erzbischofs. Nun folgt für den

6; Coblenz, Gymnasialbibliothek cod. Ms. A ; Berlin,
Kgl Bibliothek Ms. theol. lat. fol. 271. Vgl. diese Zeit-
schrift XIX (1906) 50 f.

?) Abb. 1 und 4 sind hergestellt nach Aufnahmen
von O. Kühlen, M.-Gladbach, 2 und 3 nach Auf-
nahmen des Herrn P. Jos. Braun.
 
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