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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Schmid, Andreas: Ein gotischer Kreuzweg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0138

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213

1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

214

Stationskirchen zu Rom. Um jedoch die Zahl 9
zu erreichen, ist auf der ersten Tafel der Ab-
schied Christi von Maria und auf der neunten
die Erscheinung Mariens vor einer Heiligen
(Agnes?) beigefügt. Diese Kirchen sind der
Reihe nach S. Giovanni in Laterano, S. Pietro
in Vaticano, S. Paolo fuori le mura, S. Croce
in Gerusaleme (Helena), S. Lorenzo fuori le
mura, Maria maggiore und S. Sebastiano. Diese
sieben Kirchen galten als die Hauptkirchen
Roms, weil die Päpste in denselben nach ge-
wisser Reihenfolge den Gottesdienst hielten, und

Privilegien der Kirchen erhalten hatten.4) Diese
7 Kichenbilder mußten also in- und außerhalb
Roms den Kreuzweg von Jerusalem ersetzen.
4. Wie gelangten die erwähnten, für die
Geschichte des Kreuzwegs bedeutsamen Bilder
in den Besitz des Georgianums (Priester-
seminars) in München? Am 13. Juni 1889
kamen zwei Damen zu mir und teilten mit,
ihr Vater Namens Joh. B. Schwarz, ehemaliger
Steinmetz in Kaufbeuren, gest. 10. März 1885,
habe jahrzehntelang in der ganzen Gegend
von Kaufbeuren kirchliche Altertümer ge-

Stationsbüd im Georgianum zu München 1410—1420.

wurden mehrfach mit Ablässen privilegiert;
noch Pius IX. verlieh am 26. Januar 1866
allen Gläubigen einen vollkommenen Ablaß,
welche nach reumütiger Beichte und Kom-
munion jene sieben Kirchen besuchten.3) Wie
die Stationen von Jerusalem außerhalb dieser
Stadt nachgebildet würden, so fanden auch
diese Hauptkirchen außerhalb Roms ihre Nach-
bildung, z. B. bestellten um 1500 die Nonnen
des Katharinenklosters zu Augsburg bei Holbein
dem Altern und Burgkmair für ihren Kreuz-
weg Bilder jener Kirchen, weil sie die Ablaß-

8) Näh. De Waal, 7 Hauptkirchen Roms, Frei-
burg 1870.

sammelt, welche jetzt von Händlern zu kaufen
gesucht würden. Ich reiste am 30. Juni dort-
hin und erwarb um billiges Geld zwei Eisen-
bahnwagen voll gotischer Figuren und Ge-
mälde, darunter auch jene neun Tafeln. Ich
ließ nun neue Rahmen fertigen, da man an
den Falzen erkannte, daß je drei Tafeln zu-
sammengehörten. Weiter hörte ich über den
Ursprung der Bilder, dieselben seien in dem
benachbarten Oberbeuren von einem Bauer
zu einem Hennenstall verwendet gewesen.

München. Andreas Schmid.

*) Dr. Weis, Jubeljahr 1500, München 1901, S. 28 ff.
Die Bilder sind noch in der K. Galerie zu Augsburg.
 
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