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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Schnütgen, Alexander: Kupfervergoldete Monstranz der spätesten Gotik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0166

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Abhandlungen.

Kupfervergoldete Monstranz
der spätesten Gotik.

(Mit Abbildung Tafel IX, aus dem XVI. Kölner
Jahresbericht Abbildung 15.)

^'Herzogenrath (Landkr. Aachen)
besaß diese Monstranz, bis
sie 1902 durch Goldschmied
Beumers vor einer unver-
ständigen Restauration be-
wahrt, vom Vorstande der
Düsseldorfer Ausstellung erworben wurde, um
in meine Sammlung überzugehen. Sie ist
60 cm hoch, 2100 £■ schwer, aus Kupfer ge-
trieben, bezw. gegossen und stark im Feuer
vergoldet, mit Ausnahme der drei Silberguß-
figürchen, die unvergoldet belassen, den ein-
zigen Farbenunterschied bezeichnen. Bis auf
die architektonischen Glieder ist die Monstranz
meisterlich mit dem Hammer getrieben, also
namentlich ihr ganzer Untersatz mit Einschluß
der breiten Basis für den Zylinder.

Der stark profilierte, reich gegliederte Fuß
von 21 cm Breite besteht aus dem länglichen
Sechseck, dem vorn wie hinten und seitlich je
ein halbrunder Paß vorgelegt ist, so daß eine
Art oblonger Sternbildung sich ergibt. Aus
dieser Fläche ist durch ein kräftiges doppel-
kehliges Profil eine querliegende Raute heraus-
getrieben, um in zwölf langgezogenen Qua-
dronen den Übergang zum sternförmig auf-
strebenden Schaft zu gewinnen. In den sechs
Vertiefungen desselben liegt je ein ganz dünner
profilierter Dienst, der durch den runden
zwölfteiligen Quadronenknauf hindurchgeht.
Wie der flache Kugelknauf in der Mitte wie
oben und unten durch einen Drahtring um-
wunden ist, so bildet ein solcher auch den
Übergang zu dem sechsteiligen Profilstern,
aus dem wiederum zwölf langgezogene Qua-
lronen zum Trichter überleiten. Dieser ist als
zwölfeckiger Stern der Träger der ovalen Zwölf-
paßplatte, die sich durch ein ebenfalls heraus-
getriebenes Sternbild zu dem runden durch-
brochenen Lilienfries, als dem Ausgangspunkt
des Glaszylinders verjüngt. Aus seiner Wieder-
holung am oberen Endpunkt entwickelt sich,
durch eine Achtpaßkehle vermittelt, ein Stern-
dach mit Konsole für die Mittelfigur.

Um den so gebildeten Kern gruppieren sich
in ganz leichter durchsichtiger Ornament-
architektur, auf verschnittenen Strebepfeilern
die spielend geformten Baldachine, die ganz
im Sinne der Metalltechnik gelöst, dem ganzen
Schaugefäß eine so graziöse, wie reiche Wir-
kung verschaffen. Die den Strebepfeilern
vorgelegten zierlichen Astglieder, wie die teils
gerade aufragenden, teils geschwungenen Fialen
beleben malerisch die Silhouette, und bis hin-
auf zu dem flachen luftigen Helm mit seinem
zackigen Kreuzschluß verleugnet nichts den
dem Goldschmied angewiesenen Rahmen.

Während der Fuß mit seinen Profilen
und Quadronen deutlich die Renaissance
kündet, zeigt sich der Autbau noch ganz von
der Spätgotik beherrscht, so daß die Ver-
wandtschaft mit der Monstranz Karls V. im
Aachener Münsterschatz unverkennbar ist.
Auf sie hat von Falke in seinem XVI. Jahres-
bericht Seite 24/25 hingewiesen und damit
auf die für Herzogenrath benachbarte Werk-
stätte des Siegelstechers und Goldschmiedes
im Dienste von Kaiser Maximilian L, Hans
von Reutlingen. Freilich zeigen der baluster-
förmige Ständer des Fußes und die ihm ähn-
lichen Säulchen des Aufbaues viel entwickel-
tere Renaissanceformen, aber an ihren übrigen
Gliederungen, namentlich an den sternförmigen
Profilen des getriebenen Fußes und noch mehr
an der malerischen Ausgestaltung des Balda-
chins kommen diegotischen Reminiszenzen voll-
ständig zum Ausdruck, so daß die Gemein-
samkeit des Ursprungs kaum zu bezweifeln ist.

Die drei den Aulbau unserer Monstranz be-
gründenden, in ihn vortrefflich sich einordnen-
den Figuren von Maria und Johannes, die je auf
einer durch Mittelring gegliederten Konsole ge-
rade über den herabhängenden kleinen Kugeln
stehen, wie des auferstandenen Heilandes mit
der Siegesfahne, den eine Mandorla umgibt,
scheinen auf etwas älteren Modellen zu beruhen,
so daß sie gleich nach 1500 zu datieren sein dürf-
ten, während das Gefäß selbst um zwei Jahr-
zehnte jünger anzunehmen wäre. Die Verwen-
dung vorhandener Formen für den Figuren-
schmuck kirchlicher Gefäße ist eine an diesen
gerade gegen Schluß des Mittelalters öfters
beobachtete Erscheinung. Schnütgen.
 
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