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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Bone, Karl: Grenzen der christlichen Kunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0193

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305

1907.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

306

Grenzen der christlichen Kunst.*)

(Mit 2 Abbildungen.)

las begonnene Jahr 1908 wird im
Sommer wiederum eine Düssel-
dorfer Ausstellung im Kunstpalaste
am Rheinufer bringen. Sie wird
gerade für dieses Jahr veranlaßt durch die
Tagung der Generalversammlung der Katholiken
Deutschlands und wird, wie das nahe liegt, der
christlichen Kunst gelten.

Was ist christliche Kunst? und was für
Werke hat eine Ausstellung christlicher Kunst
zu bringen, wenn sie ihre Aufgabe nicht über-
schreiten, aber ihre Grenzen auch so weit als
zulässig ziehen will, vor allem aber, wenn sie
die christliche Kunst der Vergangen-
heit w ürdigen, die der Gegenwart
fördern, die der Zukunft gestalten
helfen will? Man hat sich vielfach daran
gewöhnt, den Namen „christliche Kunst" enge
zu fassen und nur bildliche Darstellungen
biblischer Stoffe, katholischerseits natürlich
auch Darstellungen aus der Heiligenlegende,

*) [Eine interkonfessionelle Ausstellung auch religiöser
Kunstwerke, also eine gemeinsame Vorführung von
Darstellungen, unter denen auch religiöse, von Künst-
lern verschiedener Konfession ausgeführte Szenen, ge-
hört bekanntlich zu den herkömmlichen Veranstaltungen.
Außergewöhnlich wäre es, wenn eine Ausstellung nur
derartige Darstellungen böte. Daß eine solche aber
prinzipiell gar keinen Bedenken unterliegen würde, ist
über jeden Zweifel erhaben. — Als eine Veranstaltung
seitens einer der jährlich stattfindenden Generalver-
sammlungen der Katholiken Deutschlands, d. h. als ein
Glied im Organismus der mit ihnen verbundenen Ein-
richtungen, würde sie Befremden erregen, obwohl zu
diesen öfters, wenn auch nicht gerade regelmäßig, eine
Kunstausstellung zählte (eine solche fehlte sogar
in Köln (1894) und letzthin in Würzburg). — Es kann da
her nicht auffallen, daß der anfangs gehegte Plan, eine
interkonfessionelle Ausstellung für nächstes Jahr in
Düsseldorf in dieser Verbindung vorzubereiten, auf-
gegeben, nunmehr ohne jeden inneren Zusammenhang
mit der Katholikenversammlung eine Ausstellung für
christliche Kunst geplant ist. Bedenklich ist eine solche
eigentlich nur insofern, als erfahrungsgemäß bei der-
artigen Gelegenheiten auch Darstellungen sich ein-
schleichen, die aus dem Rahmen fallen, geeignet, eher
Anstoß als Erbauung zu erregen. Dies wird nicht der
Fall sein, wenn hierbei die Grenzen der christlichen
Kunst gewissenhaft respektiert werden, so daß die hier
folgende Untersuchung über dieselben als zeitgemäße
Studie erscheint. — Sie setzt natürlich voraus, daß der
christliche Themate behandelnde Künstler innerlich er-
füllt ist von den Ideen, denen er Ausdruck leihen will,
also nicht ein vages rationalistisches Christentum unter-
hält, sondern auf dem Boden der geoffenbarten Wahr-
heit steht, mögen seine religiösen Darstellungen für die

unter diesen Namen zu begreifen, aber auch
diese Darstellungen nur unter gewissen, durch
das Herkommen mehr oder minder genau
bestimmten Einschränkungen als Werke der
„christlichen Kunst" anzusehen.

Aber das geht doch wohl nicht an. Das
Christentum greift weiter, und darum auch
die christliche Kunst. Wer der letzteren wirk-
lich dienen will, muß sie im weiteren Sinne
und in allen ihren Teilen und Hilfsmitteln ins
Auge fassen. Der Gegenstand der Dar-
stellung wird dabei immer stark im Vorder-
grunde bleiben, aber er darf als das künstlerisch
eigentlich Äußerlichste nicht allein bestimmend
sein, noch weniger immer und unbedingt
an gewisse herkömmliche Darstellungsformen
gekettet werden. Damit hängt es zusammen,
daß die christliche Kunst nicht die Kunst
einer einzelnen christlichen Konfession sein kann.

Es gibt zahlreiche Dinge, ja selbst dar-
stellerische Auffassungen derselben, die dem

Kirche oder für das Haus bestimmt sein. In beiden
Fällen muß das Christentum nicht nur Vorwand oder
Folie, sondern Wahrheit und Überzeugung sein. Die
Kirche hat freilich für ihre Wand- und Tafelgemälde,
wie für ihre Statuen und Gruppen ihren eigenen Bilder-
kreis; der aber ist umfassend genug, um auch für das
Haus und seine Ausstattung manches übrig zu lassen.
Dieses hat aber daneben sein eigenes Gebiet, das viel-
leicht unter der Bezeichnung als religiöse Genremalerei
zusammengefaßt werden darf. Wenn ihr der Ernst
nicht fehlt, die Tendenz nicht vorwiegt, hat sie als
Zimmerschmuck ihre volle Berechtigung, obgleich sie
für die religiöse Erziehung allein nicht ausreicht. In
den Schulen würden solche Genrebilder als Illustra-
tionen für den Religionsunterricht nicht genügen, da
sie leicht zur Verflachung führen könnten.

Wird die Beurteilung der religiösen Darstellungen
von diesen festen Grundsätzen geleitet, auch die Aus-
wahl der für die Ausstellung angemeldeten Kunstwerke,
dann kann diese gute Früchte bringen trotz des gegen-
wärtigen Wirrsals auf diesem Gebiete, denn auf den
Geist kommt es hierbei in erster Linie an. — Wenn
aber sogar die in dieser Zeitschrift (XVIII, 255 und
XIX, 284) besprochene „Bibel in der Kunst" als eine
von einem zuverlässigen Verleger besorgte, mit Ver-
trauen erwartete und in ihrer Probelieferung allgemein
mit Freude begrüßte großartige Veröffentlichung nach-
her mancherlei Bedenken erregte, wie begründet mag
dann an die Aufnahmekommission die Aufforderung
erscheinen, mit aller Vorsicht zu verfahren und durch
kein Bildwerk den Räumen die Weihe zu nehmen,
die uneingeschränkt in ihnen walten muß, mögen sie
den Schmuck für das Gottes- oder für das Familienhaus
aufnehmen, für den sich sogar eine gewisse Scheidung
in manchen Fällen empfehlen mag. D. R.]
 
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