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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Bone, Karl: Grenzen der christlichen Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0215

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341

1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

342

Kunst, der muß ein scharfes Auge haben und
muß mit dem Finger zeigen können, was andere
nur empfinden. Also schafft katholische fröh-
liche, kindlich-frische Bilderbücher in bewegtem
Leben und glänzenden Farben, ihr Künstler!
Riskiert einmal entsprechende Summen, ohne
ängstlich schon für die nächste Messe erkleck-
lichen Gewinn zu erwarten, ihr Verleger! Und
freut euch, ihr Eltern, wenn ihr je eher je lieber
katholische Bilderbücher ebenso schön und
ebenso billig kaufen könnt wie die Stuttgarter

Kindesherz so, wie es ist. Dabei aber haben
sie nicht nur die religiösen Bilderbücher in
Betracht zu ziehen, sondern jedes Bilderbuch,
auch wenn es heißt „Unsere Haustiere".

Die Grenzen zwischen diesen christlichen
Kunstwerken und solchen, die ohne wider-
christlich zu sein, doch nicht als christliche
bezeichnet zu werden pflegen, lassen sich nach
dem Vorstehenden nicht leicht durch scharf-
formulierte Gesetze für alle Zeiten feststellen.
Um so eher aber lassen sich Gedanken darüber

Die Bergpredigt von E. v. Gebhardt.1)
(Friedenskirche zu Düsseldorf.)

oder Leipziger — aber dann kauft sie auch!
Dann wäre es schlecht um die katholischen Zei-
tungen und Zeitschriften bestellt, wenn sie das
nicht freudig konstatierten und den Künstlern
und Verlegern gerne auseinandersetzten, was
noch besser werden könnte im Hinblick auf
katholischen Charakter oder das fröhliche, lustige

!) Der Nr. 10 Sp. 309 wiedergegebenen Darstellung
von Phil. Veit ist hier nur die nördliche (linke) Hälfte
der v. Gebhardtschen Bergpredigt gegenüber gestellt.
Man bemerke, abgesehen von dem, was beide Darstel-
lungen für sich allein bieten, bei v. Gebhardt gegenüber
Veit: das Dramatische der Szene statt des Monumentalen,
die ans Realistische grenzende Individualisierung der
Personen und Kostüme statt des Idealisierenden, die real-
deutsche landschaftliche Umgebung statt der symbolisch

aussprechen, auf die Gefahr hin, daß der eine
die Grenzen noch weiter ausdehnen, ein anderer
sie erheblich enger ziehen zu müssen glaube.
Nicht deshalb gerade darf z. B. ein Bild-
werk, ohne Andachtsbild zu sein, als ein Werk
christlicher Kunst bezeichnet werden, weil
das Innere einer Kirche, oder weil eine Pro-
benutzten orientalischen (die Palmen unter hellem Himmel,
gegenüber der dürre, erst wieder zu belebende Stamm unter
Gewölk), die rednerische stark dramatische Bewegung
Christi an Stelle der lehrenden göttlichen Ruhe; aber
in beiden Darstellungen nichts, was dem Christlichen,
oder was religiöser Auffassung und Empfindung fremd
oder gar anstößig sein könnte. — Die v. Gebhardtsche
„Bergpredigt" im Kloster Loccum zeigt mehr innere
Verwandtschaft mit der Veitschen.
 
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