HEFT 5
OTTILIE RADY: DER KRÜSELER.
131
sonen, worunter sich 2 Freiherren, 2 Ritter und
28 Edelknechte befanden, zogen die beiden Grafen
in die Konzilstadt ein. Zum Vergleiche möchte ich
noch die Begleitung einiger anderer Dynasten im
gräflichen Range anführen:
Graf Johannes von Lupffen, Landgraf zu Stüh-
lingen mit 40 Personen, darunter 7 Edelknechte;
Markgraf von Rotteln, Bruder des damaligenKon-
stanzer Bischofs Otto III. mit 5 Rittern und 16
Edelknechten, darunter 3 Herren von Roggenbach,
deren Stamm noch heute in Baden blüht.
Die beiden Grafen von Nellenburg und Madach,
Landgrafen im Hegau mit 24 Personen e. c.
Schon aus diesen wenigen Beispielen ist die über-
ragende Stellung der Grafen von Cilli über ihre da-
maligen Standesgenossen zu ersehen. So rasch der
Aufstieg des Geschlechtes derer von Cilli erfolgte,
ebenso so jäh war sein Niedergang. Bereits 1456
hauchte der letzte Graf von Cilli Ulrich III. in Bel-
grad unter Mörderhänden sein Leben aus, und Kai-
ser Friedrich III. beeilte sich, entgegen seiner son-
stigen Gewohnheit in Staatsgeschäften, das reiche
Erbe des so plötzlich aus dem Leben Geschiedenen
für sein Haus Österreich einzuziehen.
Zum Schluß meiner Arbeit möchte ich den In-
stituten, welche mich darin gefördert, sei es durch
Überlassung der photographischen Platten und An-
gabe der Farben in den Handschriften, sei es durch
Gestattung einer gründlichen Einsichtnahme ihrer
Raritäten, meinen besten Dank aussprechen. Es
sind dies:
Badische Landesbibliothek in Karlsruhe, Univer-
sitätsbibliothek in Prag, Nationalbibliothek in Wien,
Kantonsbibliothek in Luzern, Bibliothek des Chor-
herrenstiftes in Münster.
DER KRÜSELER’).
VON OTTILIE RADY.
Auf Grabsteinen des mittelrheinischen Gebiets vom
13.—15. Jahrhundert weist die Frauentracht ver-
hältnismäßig wenige und geringe Formänderungen
auf. Das Frauengewand - obwohl an der gegen
die Mitte des 14. Jahrhunderts einsetzenden Ver-
engung des Kostüms beteiligt bleibt sich unge-
fähr gleich, gerade damals, als die Männerkleidung
der entscheidenden Umwandlung vom langen Hän-
gekleid zum kurzen, bis zur Hüfte reichenden Rock
unterzogen wird. Doch wenn auch die Mode jener
Jahrhunderte eine tiefergehende Umbildung der
Frauenkleidung an sich unterläßt, sie sucht sich
doch ein Objekt zum Ausdruck ihres sich rastlos
wandelnden Geschmackes und findet dies vor allem
im Kopfputz der Frau.
Im wesentlichen sind es drei verschiedene Frauen-
kopfputzarten, die wir im 13. und 14. Jahrh. einander
’) Eine nach den Methoden der stilkritischen Kunst-
geschichte durchgeführte Untersuchung der figürliche
Darstellungen aufweisenden Grabsteine des 13.—15. Jahr-
hunderts im mittelrheinischen Gebiet ergab einen Abriß
der Geschichte der Männer- und Frauentracht jener Zeit
und Gegend, ferner der Ritterrüstung. Der Titel dieser
Untersuchung, der der vorliegende Aufsatz entnommen ist,
lautet: Rady, Ottilie: „Das weltliche Kostüm von 1250 bis
etwa 1410 nach Ausweis der Grabsteine im mittelrheini-
schen Gebiet“. Mit 130 von der Verfasserin gezeichneten
Tafeln. Die ungedruckte Schrift wurde 1922 als Disser-
tation von der Philosophischen Fakultät der Universität
Frankfurt a. M. genehmigt.
sich ablösen sehen. Im 13. Jahrh. legt die verhei-
ratete Frau das „Gebende“3) an (Abb. 1); das
junge Mädchen dagegen schmückt im 13., wie auch
weiterhin im 14. Jahrh., ihr lose hängendes Haar
Abb. 1. Edelfrau aus der Gruppe der Verdammten vom ehemaligen West-
lettner des Doms zu Mainz (jetzt im Domkreuzgang) Mitte 13. Jh.
2) Das Gebende besteht aus einer um die Wangen und
das Kinn gezogenen, auf dem Scheitel befestigten Binde,
auf der am Kopfe ein bald höheres, bald flacheres Mütz-
chen sitzt. Um dieses (Mützchen kann ein Schmuckreif, eine
Krone gelegt sein. Vgl. das Vorkommen bei den Stifte-
rinnenfiguren des Naumburger Domes, Reglindis, Uta und
Gerborg. Abgebildet u. a. „Berühmte Kunststätten“ Bd.
47, Abb. 25—27. Vgl. auch Schulz, Alwin, ,,,Das höfische
Leben zur Zeit der Minnesänger“ Wien 1892, I. Bd. S. 238.
OTTILIE RADY: DER KRÜSELER.
131
sonen, worunter sich 2 Freiherren, 2 Ritter und
28 Edelknechte befanden, zogen die beiden Grafen
in die Konzilstadt ein. Zum Vergleiche möchte ich
noch die Begleitung einiger anderer Dynasten im
gräflichen Range anführen:
Graf Johannes von Lupffen, Landgraf zu Stüh-
lingen mit 40 Personen, darunter 7 Edelknechte;
Markgraf von Rotteln, Bruder des damaligenKon-
stanzer Bischofs Otto III. mit 5 Rittern und 16
Edelknechten, darunter 3 Herren von Roggenbach,
deren Stamm noch heute in Baden blüht.
Die beiden Grafen von Nellenburg und Madach,
Landgrafen im Hegau mit 24 Personen e. c.
Schon aus diesen wenigen Beispielen ist die über-
ragende Stellung der Grafen von Cilli über ihre da-
maligen Standesgenossen zu ersehen. So rasch der
Aufstieg des Geschlechtes derer von Cilli erfolgte,
ebenso so jäh war sein Niedergang. Bereits 1456
hauchte der letzte Graf von Cilli Ulrich III. in Bel-
grad unter Mörderhänden sein Leben aus, und Kai-
ser Friedrich III. beeilte sich, entgegen seiner son-
stigen Gewohnheit in Staatsgeschäften, das reiche
Erbe des so plötzlich aus dem Leben Geschiedenen
für sein Haus Österreich einzuziehen.
Zum Schluß meiner Arbeit möchte ich den In-
stituten, welche mich darin gefördert, sei es durch
Überlassung der photographischen Platten und An-
gabe der Farben in den Handschriften, sei es durch
Gestattung einer gründlichen Einsichtnahme ihrer
Raritäten, meinen besten Dank aussprechen. Es
sind dies:
Badische Landesbibliothek in Karlsruhe, Univer-
sitätsbibliothek in Prag, Nationalbibliothek in Wien,
Kantonsbibliothek in Luzern, Bibliothek des Chor-
herrenstiftes in Münster.
DER KRÜSELER’).
VON OTTILIE RADY.
Auf Grabsteinen des mittelrheinischen Gebiets vom
13.—15. Jahrhundert weist die Frauentracht ver-
hältnismäßig wenige und geringe Formänderungen
auf. Das Frauengewand - obwohl an der gegen
die Mitte des 14. Jahrhunderts einsetzenden Ver-
engung des Kostüms beteiligt bleibt sich unge-
fähr gleich, gerade damals, als die Männerkleidung
der entscheidenden Umwandlung vom langen Hän-
gekleid zum kurzen, bis zur Hüfte reichenden Rock
unterzogen wird. Doch wenn auch die Mode jener
Jahrhunderte eine tiefergehende Umbildung der
Frauenkleidung an sich unterläßt, sie sucht sich
doch ein Objekt zum Ausdruck ihres sich rastlos
wandelnden Geschmackes und findet dies vor allem
im Kopfputz der Frau.
Im wesentlichen sind es drei verschiedene Frauen-
kopfputzarten, die wir im 13. und 14. Jahrh. einander
’) Eine nach den Methoden der stilkritischen Kunst-
geschichte durchgeführte Untersuchung der figürliche
Darstellungen aufweisenden Grabsteine des 13.—15. Jahr-
hunderts im mittelrheinischen Gebiet ergab einen Abriß
der Geschichte der Männer- und Frauentracht jener Zeit
und Gegend, ferner der Ritterrüstung. Der Titel dieser
Untersuchung, der der vorliegende Aufsatz entnommen ist,
lautet: Rady, Ottilie: „Das weltliche Kostüm von 1250 bis
etwa 1410 nach Ausweis der Grabsteine im mittelrheini-
schen Gebiet“. Mit 130 von der Verfasserin gezeichneten
Tafeln. Die ungedruckte Schrift wurde 1922 als Disser-
tation von der Philosophischen Fakultät der Universität
Frankfurt a. M. genehmigt.
sich ablösen sehen. Im 13. Jahrh. legt die verhei-
ratete Frau das „Gebende“3) an (Abb. 1); das
junge Mädchen dagegen schmückt im 13., wie auch
weiterhin im 14. Jahrh., ihr lose hängendes Haar
Abb. 1. Edelfrau aus der Gruppe der Verdammten vom ehemaligen West-
lettner des Doms zu Mainz (jetzt im Domkreuzgang) Mitte 13. Jh.
2) Das Gebende besteht aus einer um die Wangen und
das Kinn gezogenen, auf dem Scheitel befestigten Binde,
auf der am Kopfe ein bald höheres, bald flacheres Mütz-
chen sitzt. Um dieses (Mützchen kann ein Schmuckreif, eine
Krone gelegt sein. Vgl. das Vorkommen bei den Stifte-
rinnenfiguren des Naumburger Domes, Reglindis, Uta und
Gerborg. Abgebildet u. a. „Berühmte Kunststätten“ Bd.
47, Abb. 25—27. Vgl. auch Schulz, Alwin, ,,,Das höfische
Leben zur Zeit der Minnesänger“ Wien 1892, I. Bd. S. 238.