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FACHNOTIZEN
Band 1
man m. E. nicht tiefer als in die 1. Hälfte des 13. Jahrh..
hinabgehen. Denn 1255 wurde Königsberg, von wo Gr.-
Friedrichsberg etwa 8 km entfernt liegt, durch Anlegung
einer Zwingburg von dem Deutschen Ritter-Orden ge-
gründet, das Samland damit dem Christentum unterworfen.
Von irgend einem christlichen Einfluß ist aber in dem
Grabinventar des Gr.-Friedrichsberger Gräberfeldes nichts
zu spüren. Wilhelm Gaerte.
Schuppenpanzer für Roß und Reiter. Auf dem Gebiete
der historischen Waffenkunde begegnet man nicht selten
Fragen, die man sich selbst zu beantworten nicht imstande
ist, oder Objekten, Abbildungen von Statuen und der-
gleichen, die unerklärlich erscheinen; manchmal hilft da
statt aller wissenschaftlicher Erörterung die einfache
hausbackene Praxis. So lese ich (10, 99) soeben, wie
Robert Bohlmann das unrichtige Anlegen des Kragens zum
ander stießen und also nirgends eine Fuge entstand. Da
sich ein solches Schuppenkleid den Gliedern ziemlich eng
anschmiegte, außerdem mit langen engen Ärmeln versehen
war, auch die Beine fest umgab, so wurde es, damit es
während des Reitens nicht hindere, zwischen den Schen-
keln geteilt. Dazu schützte man zuweilen die Beine je
noch besonders durch eine Schiene, den Kopf aber stets
durch einen Helm, der, wie zu vermuten steht, in den mei-
sten Fällen von Leder, und nur durch metallene Reifen
verstärkt, seltener wohl ganz von Metall geschmiedet war.
(Siehe Kostümkunde, Handbuch II. Abteilung, S. 562.)
Im anderen Werke, Kostümkunde, Geschichte I. Band,
S. 191, finden wir dasselbe Bild; auf S. 192 lesen wir wie
folgt:
Seit Anfang der Partherherrschaft in Persien verbreitet
sich der Gebrauch der Schuppenpanzerung, die eben bei
Parthern und Sarmaten bereits seit unvordenklicher Zeit
Abb. I.
Harnisch, einfach aus der Praxis richtig stellt. Das ist das
treffendste Argument; das eiserne Röcklein mußte genau
angepaßt werden, denn der geringste Druck wurde nach
Stunden verhängnisvoll, ich habe mich davon bei Anpro-
bieren von Rüstungen persönlich überzeugt.
Den Fachmännern sind gewiß die zwei Werke von Her-
mann Weiß bekannt: Kostümkunde, Handbuch (1860 er-
schienen) und Kostümkunde, Geschichte (1864 erschienen).
Erwähnte Werke bringen einige Tausend Abbildungen,
darunter die bekannte Reiterfigur im Schuppenpanzer.
Über diesen Gegenstand will ich hier meine Bemer-
kungen dem Leser zur Beurteilung unterbreiten.
Hermann Weiß scheint großes Gewicht darauf gelegt zu
haben; er reproduziert das Bild sowohl im Handbuche als
auch in der Geschichte der Kostümkunde. Nach Heliodors
Atiopica (IX 15) gibt er die Beschreibung der Rüstung
wie folgt:
„Mann und Roß vollständig bedeckend aus ehernen und
eisernen Plättchen in Form von Schuppen, je eine Spanne
im Geviert, die so auf einer Unterlage von Linnen oder
Leder aufgenäht waren, daß sämtliche Platten reihenweis
untereinander geordnet, überall mit den Rändern anein-
ihre Ausbildung gefunden hatte, es betrifft dies die von
älteren Autoren mehrfach ausführlich beschriebene Aus-
rüstungsweise (für Roß und Reiter) der „Cataphracti“ mit
einem engen Ledertrikot (sic) das — vielleicht einzig mit
Ausnahme der inneren Seite beider Schenkel — dicht mit
kleinen eisernen Schuppenbleohen benäht war, und das
sich, wenn auch nur andeutungsweise auf Monumenten aus
der Epoche der Sassaniden verbildlicht findet“.
Betrachten wir das Bild eingehend. Wir sehen im Ver-
gleiche zu seinem Reiter ein Roß mittlerer Größe in rascher
Gangart, alle Gliedmaßen sind in der Abbildung deutlich
hervortretend, nicht die kleinste Spur von einer Decke,
Gurte, Schnalle oder sonst dergleichen ist bemerkbar. Das
Ganze ist aber mit einem feinen Netze überzogen, das den
Schuppenpanzer vorstellen soll und selbst der ungemein
kurtierte Schweif ist in eine Kapsel von Panzerschuppen
gefaßt. Im Maule des Pferdes sehen wir etwas wie eine
Kandare, die aber ganz durchfällt.
Der Reiter, auf dem Rücken des Pferdes, ist eben so ge-
zeichnet, als wäre er durchaus nackt. Die Muskeln, der
Spalt des Gesäßes, alles tritt hervor; auf dem Kopfe trägt
er einen spitzigen Helm, Gesicht und Hände sind bloß,
FACHNOTIZEN
Band 1
man m. E. nicht tiefer als in die 1. Hälfte des 13. Jahrh..
hinabgehen. Denn 1255 wurde Königsberg, von wo Gr.-
Friedrichsberg etwa 8 km entfernt liegt, durch Anlegung
einer Zwingburg von dem Deutschen Ritter-Orden ge-
gründet, das Samland damit dem Christentum unterworfen.
Von irgend einem christlichen Einfluß ist aber in dem
Grabinventar des Gr.-Friedrichsberger Gräberfeldes nichts
zu spüren. Wilhelm Gaerte.
Schuppenpanzer für Roß und Reiter. Auf dem Gebiete
der historischen Waffenkunde begegnet man nicht selten
Fragen, die man sich selbst zu beantworten nicht imstande
ist, oder Objekten, Abbildungen von Statuen und der-
gleichen, die unerklärlich erscheinen; manchmal hilft da
statt aller wissenschaftlicher Erörterung die einfache
hausbackene Praxis. So lese ich (10, 99) soeben, wie
Robert Bohlmann das unrichtige Anlegen des Kragens zum
ander stießen und also nirgends eine Fuge entstand. Da
sich ein solches Schuppenkleid den Gliedern ziemlich eng
anschmiegte, außerdem mit langen engen Ärmeln versehen
war, auch die Beine fest umgab, so wurde es, damit es
während des Reitens nicht hindere, zwischen den Schen-
keln geteilt. Dazu schützte man zuweilen die Beine je
noch besonders durch eine Schiene, den Kopf aber stets
durch einen Helm, der, wie zu vermuten steht, in den mei-
sten Fällen von Leder, und nur durch metallene Reifen
verstärkt, seltener wohl ganz von Metall geschmiedet war.
(Siehe Kostümkunde, Handbuch II. Abteilung, S. 562.)
Im anderen Werke, Kostümkunde, Geschichte I. Band,
S. 191, finden wir dasselbe Bild; auf S. 192 lesen wir wie
folgt:
Seit Anfang der Partherherrschaft in Persien verbreitet
sich der Gebrauch der Schuppenpanzerung, die eben bei
Parthern und Sarmaten bereits seit unvordenklicher Zeit
Abb. I.
Harnisch, einfach aus der Praxis richtig stellt. Das ist das
treffendste Argument; das eiserne Röcklein mußte genau
angepaßt werden, denn der geringste Druck wurde nach
Stunden verhängnisvoll, ich habe mich davon bei Anpro-
bieren von Rüstungen persönlich überzeugt.
Den Fachmännern sind gewiß die zwei Werke von Her-
mann Weiß bekannt: Kostümkunde, Handbuch (1860 er-
schienen) und Kostümkunde, Geschichte (1864 erschienen).
Erwähnte Werke bringen einige Tausend Abbildungen,
darunter die bekannte Reiterfigur im Schuppenpanzer.
Über diesen Gegenstand will ich hier meine Bemer-
kungen dem Leser zur Beurteilung unterbreiten.
Hermann Weiß scheint großes Gewicht darauf gelegt zu
haben; er reproduziert das Bild sowohl im Handbuche als
auch in der Geschichte der Kostümkunde. Nach Heliodors
Atiopica (IX 15) gibt er die Beschreibung der Rüstung
wie folgt:
„Mann und Roß vollständig bedeckend aus ehernen und
eisernen Plättchen in Form von Schuppen, je eine Spanne
im Geviert, die so auf einer Unterlage von Linnen oder
Leder aufgenäht waren, daß sämtliche Platten reihenweis
untereinander geordnet, überall mit den Rändern anein-
ihre Ausbildung gefunden hatte, es betrifft dies die von
älteren Autoren mehrfach ausführlich beschriebene Aus-
rüstungsweise (für Roß und Reiter) der „Cataphracti“ mit
einem engen Ledertrikot (sic) das — vielleicht einzig mit
Ausnahme der inneren Seite beider Schenkel — dicht mit
kleinen eisernen Schuppenbleohen benäht war, und das
sich, wenn auch nur andeutungsweise auf Monumenten aus
der Epoche der Sassaniden verbildlicht findet“.
Betrachten wir das Bild eingehend. Wir sehen im Ver-
gleiche zu seinem Reiter ein Roß mittlerer Größe in rascher
Gangart, alle Gliedmaßen sind in der Abbildung deutlich
hervortretend, nicht die kleinste Spur von einer Decke,
Gurte, Schnalle oder sonst dergleichen ist bemerkbar. Das
Ganze ist aber mit einem feinen Netze überzogen, das den
Schuppenpanzer vorstellen soll und selbst der ungemein
kurtierte Schweif ist in eine Kapsel von Panzerschuppen
gefaßt. Im Maule des Pferdes sehen wir etwas wie eine
Kandare, die aber ganz durchfällt.
Der Reiter, auf dem Rücken des Pferdes, ist eben so ge-
zeichnet, als wäre er durchaus nackt. Die Muskeln, der
Spalt des Gesäßes, alles tritt hervor; auf dem Kopfe trägt
er einen spitzigen Helm, Gesicht und Hände sind bloß,