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KREIS HEIDELBERG
Die friedlichen Jahre, deren sich Kurpfalz unter der weisen Regierung Karl Ludwigs
anfänglich zu erfreuen hatte, brachten auch für den Kraichgau Gelegenheit, die im Kriege
erhaltenen Wunden zu heilen und vernarben zu lassen, bald aber führten die Streitigkeiten
mit den drei geistlichen Kurfürsten neue Bedrängnisse, Einquartierungen, Abgaben und
sonstige Kriegslasten herbei, die auch nach dem Abschlüsse des Friedens i. J. 1667
fortdauerten.
Den Höhepunkt erreichten diese Kriegsnöte bald darauf im zweiten Eroberungs-
kriege Ludwigs XIV., ais Karl Ludwig nach anfänglicher Neutralität sich auf die Seite
des Kaisers geschlagen hatte und die kaiserlich-pfälzischen, Truppen unter dem Herzog
von Lothringen und dem Grafen von Caprara den Franzosen unter Turenne am
16. Juni 1674 unter den Mauern von Sinsheim eine Schlacht anboten, in deren Verlauf
die Stadt von den Franzosen gestürmt und genommen wurde.
Welche Bedeutung letztere diesem Siege zugeschrieben haben, geht daraus hervor, daß dieser
nicht nur in einem Gemälde der Ruhmesgalerie des Schlosses zu Versailles, sondern auch durch einen
Kupferstich verherrlicht worden ist, der die Überschrift trägt'. tBatailie de Sintzheim 16.Juin 1674«
und auf der Legende den Vermerk: »A Paris chez t'autheur nie St. Andrö des arts, Ports de Bucy.«
Links unten steht: tR. inv. de!.« Eine zweite Illustration dieser Schlacht stammt von deutscher Seite:
ein großer Hol zschn i 11 mit der Aufschrift: Kigendliche Vorbildung des Harten Treffens so zwischen
denen Kayserl. und afliirten..... Anno 1674 den 16. Juni<, wovon obige Reproduktion auf S. 93
einen Teil wiedergibt. Während dieser Holzschnitt in Anlehnung an die auf S. 100 wiedergegebene,
wie wir sehen getreue alte Stadtansicht die Ürtlichkeit ziemlich genau wiedergibt, ist etn zweiter
kleiner französischer Kupferstich, der dasselbe Ereignis darstellt und aus der Calcographie des
Louvre von Le Clerc herrührt, offenbar, was die Örtlichkeit angeht, reines Phantasiegebilde. Die
erwähnte Stadtansicht mit der Aufschrift »Sintzheims und dem Stadtwappen (einköpfiger Reichsadler)
links oben im Himmel ist in Kupferstich in etwas größerem Format etwa IOO Jahre später nach-
geahmt worden. Auf die Bedeutung dieser Abbildungen für die Topographie der Stadt wird unten
zurückzukommen sein.
Nach gänzlicher Ausplünderung der Stadt und Auferlegung einer starken Kontri-
bution zogen die Franzosen sich wieder nach Philippsburg zurück, das schließlich i. J. 1676
kapitulierte und im Nymweger Frieden wieder an Deutschland fiel, wodurch die für
Sinsheim so gefährliche Nachbarschaft des französischen Besatzungsheeres daselbst in
Wegfall kam. Freilich nur für kurze Zeit.
Der Orleanssche Erbfolgekrieg führte die Franzosen bald wieder in diese wichtige
Position zurück und von dort auch nach Sinsheim, wo am 24. Oktober 1688 General
Montclar und am ig. November desselben Jahres Brigadier Melac ihr Quartier auf-
schlugen. Das Schicksal, das die vor dem Heere des Herzogs von Lothringen aus
Heidelberg und der Pfalz zurückweichende französische Soldateska den feindlichen
Städten und Dörfern bereitet hat, ist bekannt. Sinsheim und Wiesloch wurden am
8. August 1689 ein Raub der Flammen, während Bruchsal und Bretten erst am n.
und 15. August von diesem Schicksal ereilt wurden, zu derselben Zeit, als Ludwig XIV.
die Siegesmünze mit der von Boileau herrührenden Umschrift: »Heidelberg deieta«
schlagen ließ.
Einzelheiten über den Umfang der damaligen Zerstörung von Sinsheim sind nicht
überliefert, doch nimmt Wilbelmi wohl mit Recht an, daß sie eine vollständige gewesen
ist, da auch alle städtischen Protokolle und Kirchenbücher »im Französischen Mordt-
brand mit Feuer aufgegangen« sind. Die nächste Sorge galt dem Wiederaufbau der
zerstörten Häuser und der öffentlichen Gebäude, insbesondere der gänzlich bis auf das
KREIS HEIDELBERG
Die friedlichen Jahre, deren sich Kurpfalz unter der weisen Regierung Karl Ludwigs
anfänglich zu erfreuen hatte, brachten auch für den Kraichgau Gelegenheit, die im Kriege
erhaltenen Wunden zu heilen und vernarben zu lassen, bald aber führten die Streitigkeiten
mit den drei geistlichen Kurfürsten neue Bedrängnisse, Einquartierungen, Abgaben und
sonstige Kriegslasten herbei, die auch nach dem Abschlüsse des Friedens i. J. 1667
fortdauerten.
Den Höhepunkt erreichten diese Kriegsnöte bald darauf im zweiten Eroberungs-
kriege Ludwigs XIV., ais Karl Ludwig nach anfänglicher Neutralität sich auf die Seite
des Kaisers geschlagen hatte und die kaiserlich-pfälzischen, Truppen unter dem Herzog
von Lothringen und dem Grafen von Caprara den Franzosen unter Turenne am
16. Juni 1674 unter den Mauern von Sinsheim eine Schlacht anboten, in deren Verlauf
die Stadt von den Franzosen gestürmt und genommen wurde.
Welche Bedeutung letztere diesem Siege zugeschrieben haben, geht daraus hervor, daß dieser
nicht nur in einem Gemälde der Ruhmesgalerie des Schlosses zu Versailles, sondern auch durch einen
Kupferstich verherrlicht worden ist, der die Überschrift trägt'. tBatailie de Sintzheim 16.Juin 1674«
und auf der Legende den Vermerk: »A Paris chez t'autheur nie St. Andrö des arts, Ports de Bucy.«
Links unten steht: tR. inv. de!.« Eine zweite Illustration dieser Schlacht stammt von deutscher Seite:
ein großer Hol zschn i 11 mit der Aufschrift: Kigendliche Vorbildung des Harten Treffens so zwischen
denen Kayserl. und afliirten..... Anno 1674 den 16. Juni<, wovon obige Reproduktion auf S. 93
einen Teil wiedergibt. Während dieser Holzschnitt in Anlehnung an die auf S. 100 wiedergegebene,
wie wir sehen getreue alte Stadtansicht die Ürtlichkeit ziemlich genau wiedergibt, ist etn zweiter
kleiner französischer Kupferstich, der dasselbe Ereignis darstellt und aus der Calcographie des
Louvre von Le Clerc herrührt, offenbar, was die Örtlichkeit angeht, reines Phantasiegebilde. Die
erwähnte Stadtansicht mit der Aufschrift »Sintzheims und dem Stadtwappen (einköpfiger Reichsadler)
links oben im Himmel ist in Kupferstich in etwas größerem Format etwa IOO Jahre später nach-
geahmt worden. Auf die Bedeutung dieser Abbildungen für die Topographie der Stadt wird unten
zurückzukommen sein.
Nach gänzlicher Ausplünderung der Stadt und Auferlegung einer starken Kontri-
bution zogen die Franzosen sich wieder nach Philippsburg zurück, das schließlich i. J. 1676
kapitulierte und im Nymweger Frieden wieder an Deutschland fiel, wodurch die für
Sinsheim so gefährliche Nachbarschaft des französischen Besatzungsheeres daselbst in
Wegfall kam. Freilich nur für kurze Zeit.
Der Orleanssche Erbfolgekrieg führte die Franzosen bald wieder in diese wichtige
Position zurück und von dort auch nach Sinsheim, wo am 24. Oktober 1688 General
Montclar und am ig. November desselben Jahres Brigadier Melac ihr Quartier auf-
schlugen. Das Schicksal, das die vor dem Heere des Herzogs von Lothringen aus
Heidelberg und der Pfalz zurückweichende französische Soldateska den feindlichen
Städten und Dörfern bereitet hat, ist bekannt. Sinsheim und Wiesloch wurden am
8. August 1689 ein Raub der Flammen, während Bruchsal und Bretten erst am n.
und 15. August von diesem Schicksal ereilt wurden, zu derselben Zeit, als Ludwig XIV.
die Siegesmünze mit der von Boileau herrührenden Umschrift: »Heidelberg deieta«
schlagen ließ.
Einzelheiten über den Umfang der damaligen Zerstörung von Sinsheim sind nicht
überliefert, doch nimmt Wilbelmi wohl mit Recht an, daß sie eine vollständige gewesen
ist, da auch alle städtischen Protokolle und Kirchenbücher »im Französischen Mordt-
brand mit Feuer aufgegangen« sind. Die nächste Sorge galt dem Wiederaufbau der
zerstörten Häuser und der öffentlichen Gebäude, insbesondere der gänzlich bis auf das