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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 8,1): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Sinsheim, Eppingen und Wiesloch (Kreis Heidelberg) — Tübingen, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.1226#0107
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go KREIS HEIDELBERG

Spindel. Die Stockwerke sind durch gotisch profilierte Gurtgesimse getrennt. Die
gekuppelten Fenster zeigen in den drei Stockwerken übereinstimmend gut profiliertes
Rahmenwerk mit reizvoll verzierten Anläufen. Im übrigen ist von der »herrlichen
Gezierung« weder im Äußeren noch im Innern mehr etwas zu spüren. Offenbar haben
die während der langen Kriegszeiten häufig vorgekommenen Okkupationen das Schloß
mannigfach geschädigt, so daß es bereits 1682 »verbaut werden«, d.h. wieder in stand
gesetzt werden mußte; wir hören außerdem von Reparaturen i. J. 1715 und 1830, die
schließlich den reizlosen Zustand herbeigeführt haben, in dem besonders auch das Innere
zurzeit erscheint. In einem der Zimmer des ersten Obergeschosses befindet sich eine
Sammlung von Altertümern, Waffen u. dgl., von den derzeitigen Besitzern gesammelt,
die dem Verfasser bei seinem Besuche nicht zugänglich war. Im zweiten Obergeschoß
ist ein katholischer Betsaal eingerichtet, dem der anstoßende Raum im Rundturm als
Altarraum dient. Das Untergeschoß, Küche, Keller etc. enthaltend, ist gewölbt. Als einzige
Erinnerung an die ehemalige Wehrhaftigkeit der Anlage dienen die breiten Brillen-
scharten in dem Untergeschoß der beiden Ecktürme.

Vorn an der Straße ragt noch ein Rtmdturm auf, der im Laufe der ehemaligen
Außenmauem gestanden haben wird und zweifellos noch der älteren Burganlage (14. Jh. r)
angehört.

Von den älteren Wohnhäusern des Ortes, die teilweise noch bis ins 16. Jh. zurück-
gehen, ist keines gut genug erhalten, um erwähnt zu werden.

Die östlich nach Wimpfen zu gelegene, i. J. 1823 gegründete Großh. Ludwigssaline
bildet eine Gruppe von mehr oder minder guten und stattlichen modernen Baulichkeiten.

REICHARTSHAUSEN

Schreibweisen: Richardeshusen 1100; Richartzhusen 1395, 1496 etc.; Rychertz-
husen 1514.

Geschichtliches. Das Dorf ist alter Vorort der zu der Reichartshausener
Zent vereinigten Ortschaften, die auch den Namen St über oder Obere Zent führte,
weil das Zentgericht in der oberen Stube des hiesigen Rathauses abgehalten zu
werden pflegte. Anfänglich unter kaiserlicher, dann kurpfälzischer Oberbotmäßigkeit,
wie die ganze Stüber Zent. Zu den ältesten Grundherren in dem Orte, der einst mit
einem Graben, dem sogenannten Herzogsgraben, umgeben war, gehörte das Sinsheimer
Stift, das seinen dortigen Hof, den Fronhof, mitsamt dem Patronatsrecht der Kirche
i-J- 1327 an das Stift Wimpfen verkaufte, ferner die Herren von Hirschhorn
und von Landschaden. Bis 1803 zur Stüber Zent des kurpfälzischen Oberamtes
Heidelberg gehörig.

Die evangelische Pfarrkirche ist i. J. 1772 an Stelle der alten, wohl von dem
Sinsheimer Kloster erbauten S. Cäcilienkirche errichtet worden. Einfacher, weiträumiger
Barockbau mit einem hohen Glockenturm über dem Chor.

Von der inneren Ausstattung sind nur die hübsche Holzkansel mit Rokoko-
schnitzereien und ein steinerner Taufstein vom Jahre 1753 mit »Träubeles«-Ornament
bemerkenswert.
 
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