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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 8,1): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Sinsheim, Eppingen und Wiesloch (Kreis Heidelberg) — Tübingen, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.1226#0251
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ALTWIESLOCH

Schreibweisen: s. Wiesloch.

Geschichtliches. Dem Namen nach zu urteilen, sollte dieser Ort und die daselbst Geschichtliche*
gelegene Wasserburg den Ursprung der kaum i km entfernten Stadt gleichen Namens
bilden, doch liegen geschichtliche Anhaltspunkte hierfür nicht vor. Die älteste urkund-
liche Nachricht über diesen Ort und die daselbst gelegene Burg, die bei der Erbteilung
des Jahres 1410 dem Mosbacher Teile zugefallen waren, stammt aus dem Jahre 1414
und besagt, daß Pfalzgraf Otto von Mosbach die Feste Altwissenloch mit allem Zubehör,
die sein Vater König Ruprecht vorzeiten dem Reinhard von Sickingen auf Wieder-
kauf verkauft habe und die ihm nun zu Erbteil gefallen sei, diesem Reinhard und dessen
Hausfrau Kunigunde von Nifern ganz zu eigen aufgegeben und überlassen habe.
Im Jahre 1496 erscheint Frau Elisabeth von Hohenstein, Herrn Engelhard von
Neipergs seligen Wittfrau, als Inhaberin des alten Schlosses, 1503 Philipp Sturm-
feder als Erb und Inhaber und 1588 Hans Georg Schenk von Winterstetten. Die
alte Wasserburg scheint also häufig ihren Besitzer gewechselt, in ihrem Schutz sich aber
frühzeitig eine Ortschaft angesiedelt zu haben, da bereits zum Jahre 1438 eine Pfarrkirche
»bei dem Schlosse« erwähnt wird. Im Dreißigjährigen Kriege haben Burg und Dorf
das Schicksal der benachbarten Stadt Wiesloch geteilt. Zu Widders Zeiten (Mitte i8.Jhs.)
waren die Freiherren von Bettendorf, von Uexküll und von Leuprechting
Inhaber der daselbst errichteten Rittersitze mit den dazugehörigen Hofhäusern. Alt-
wiesloch, das niemals in einem Znsammenhange mit der benachbarten Stadt gleichen
Namens gestanden zu haben scheint, gehörte zu keiner Zent, sondern war bis zum
Jahre 1803 dem kurpfälzischen Oberamt Heidelberg direkt unterstellt.

Die sogenannte „alte Kapelle1' (tit. S. Pancratii) ist wahrscheinlich die 1438 bereits Pfarrkirche
erwähnte Pfarrkirche, die unter dem Patronate des Klosters Schönau stand. Sie erscheint
heute in ihrem vorderen Teile, dem Schiff, als verwahrloste, traurige Ruine, während der
ehemalige Chor und die sich anschließende Sakristei sich wenigstens noch unter Dach
befinden. Das schmucklose spitzbogige ehemalige Hauptportal des Schiffes zeigt keine
Jahreszahl, dagegen stimmt das Sickingensche Wappen am Schlußstein des Chorgewölbes
gut mit der angenommenen Entstehungszeit. Die vier Konsolsteine, von denen die
Kreuzrippen ausgehen, enthalten die Wappenschilde von Sickingen, Bettendorf, Neiperg
und Obrighetm(r). Der Schlußstein des Kreuzgewölbes in der Sakristei zeigt einen Schild
mit dem halben Adlerfltig des Herrn von Ehrenberg(?). Der Raum ist sehr niedrig;
die Kämpferlinie des Gewölbes liegt dicht am Boden. Über diesem Räume erhob sich
einst der Glockenturm, von dem nur ein Teil des Obergeschosses noch erhalten und mit
dem Chor unter ein Dach gebracht worden ist. Die spärlich erhaltenen Zierformen
zeigen spätgotischen Charakter. Wahrscheinlich aber, daß das Schiff jüngeren Ursprunges
und an den bereits vorhandenen älteren Teil neu angebaut worden ist. Letzterer, der
dadurch zum Chor geworden, öffnet sich nämlich nicht in einen breiten Triumphbogen,
 
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