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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 8,1): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Sinsheim, Eppingen und Wiesloch (Kreis Heidelberg) — Tübingen, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.1226#0106
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AMT SINSHEIM — RAPPENAU 89

lesen war. Jetzt anscheinend nichts mehr davon erhalten. (Abbildung der alten Kirche
bei Noll a.a.O. S. 163.)

Das Gemmingensche Wasserschloß liegt am westlichen Eingange des Ortes von
Babstadt her. Es ist eine Schöpfung Eberhards von Gemmingen, der es mit seiner
Gattin Anna Katharina von Rotenstein am 27. September 1603 bezogen hat,
während eine zweite Burg, das sogenannte obere oder alte Schloß, am oberen,
östlichen Ausgange des Dorfes nach Heinsheim zu gelegen und von Daniel von Heim-
st a 11 erbaut, noch 1645 als vorhanden erwähnt wird, seither aber spurlos verschwunden ist.
Das Schloß dient jetzt teilweise als Wohnung des Pächters und zu Wirtschafts-
zwecken. Vom östlich gelegenen Wirtschaftshof fuhrt eine i. J. 1832 erbaute steinerne
Bogenbrücke über den ehemaligen breiten Schloßgraben, der jetzt nur noch in einem
kleinen Rinnsal in der Mitte Wasser führt. Der Platz vor dem Schlosse ist mit einer
Mauer umgeben; südlich jenseits des Grabens schließen sich Garten und Park an.

Das Schloß ist ein dreigeschossiger massiver rechteckiger Putzbau mit zwei Rund-
türmen an den äußeren Ecken nach dem Schloßgraben zu (s. Fig. 49). Auf der Hofseite
erhebt sich ein stattlicher Treppenturm mit folgender Inschrift am schönen
Renaissanceportal:

Alß In Jörn Unsers Herrn Jesu Christ
Taußent und sechshindert gewesen ist,
Eins darzu die Zahl, Vom Edlen Stamm,
Ein Gemminger. Eberhardt mit Nam,
Alt Reinhardts des Wolgliebten Sohn,
Der Glärthen all Ein groß Patron,
In sachen Grecht, Ein uffrechi Schutt
Des Adels, Fromm, Redlich und Miltt,
Von grimd diß haus hat Uffgefüert,
Mit grosßem Gelitt herlich geziert.
Sein Gmahl an Gmüet und hertzen Rain
War Anna Kathrina von Rotenstein.
Gott geb Ihn, Wenns hie nun küsset aus-
Gezogen, dort das Ewig Hauß,
Das Himmelreich und all Irm Saamen
■ Durch Jesum Christ Im Glauben. Amen.
Eine Erbauungszeit von zwei Jahren ist damit festgelegt, denn der Einzug des
edlen Paares erfolgte (s. oben) urkundlich am 27. September 1603. Daß das alte, in der
Urkunde erwähnte »untere Schloß« an derselben Stelle gestanden hat, ist anzunehmen,
wenngleich sich Reste davon anscheinend nicht erhalten haben.

Den einzigen Schmuck des Äußeren bildet das in unserem Lichtdruck Tafel VI
wiedergegebene Treppenportal, dessen reiche Renaissanceformen einen tüchtigen Künstler
als Urheber voraussetzen lassen. Leider ist es in den unteren Teilen, besonders an den
Karyatiden, sehr beschädigt, die oberen Teile mit den Wappenschilden sind besser
erhalten, ebenso das sonderbarerweise den oberen Abschluß bildende Brustbild des
Bauherrn. Die Formgebung ist ungefähr die des »Ritters« in Heidelberg.

Der unten sechseckige, oberhalb eines Gurtgesimses fast unmerklich in das Kreisrund
übergeführte Turm birgt im Innern einen weiten schönen Steinschnecken mit fliegender
 
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