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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Schnütgen, Alexander: Die restaurirten Fenster in der Dreikönigenkapelle des Kölner Domes
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0171

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.bhandlungen.

Die restaurirten Fenster in der Drei-
königenkapelle des Kölner Doms.

Mit Lichtdruck
(Tafel VII).

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'" * >/s«Im ^ "lt man durch das westliche
Hauptportal in den Kölner
Dom, so wird der Blick an
den Pfeilern des überhohen
Mittelschiffes vorbei durch
den Hochchor sofort in die
'Ostkapelle getragen, wo er
ausruht, gefesselt von der
perspektivischen Wirkung, die hier ihren Höhe-
punkt erreicht, bezaubert von der Pracht der
Glasgemälde, zumal, wenn die Morgensonne
sie durchfluthet. Dieser ganz ungewöhnliche
zauberische Effekt ist neuerdings noch erheb-
lich gesteigert worden durch die von Schneiders
& Schmolz besorgte, ungemein geschickte Re-
stauration der drei Fenster, welche durch die
starke Oxydation und durch die theilweise bru-
tale Flickerei vor 70 Jahren, an ihrer Leuchtkraft
schwere Einbufse erlitten hatten und aus den
ursprünglichen Verbleiungen zu fallen drohten.
Das Mittelfenster, obgleich zweitheilig,
wie die beiden anderen, weicht von denselben
in der ganzen Anordnung und in der stilistischen
Behandlung sehr erheblich ab. Im Sinne der
spätromanischen Medaillonfenster bilden zehn
kreuzförmig erweiterte, durch einen breiten
Fries mit einander verbundene Quadrate eine
aufsteigende Serie rechts wie links, hier auf
geometrisch gemustertem Hintergrund zwischen
Blattborten, dort von Brustbildern unterbrochen,
deren Rankenumrahmung von dem aufwachsen-
den Mittelstamm ausgeht. Den alttesta-
mentlichenVorbildern: Erschaffung Eva's
(neu), Verheifsung Isaak's, brennender Dorn-
busch, Königin von Saba, Samuels Aufopfe-
rung, Rückkehr der Taube zu Noah in der
Arche, das Paschamahl, Opfer Isaak's, die Aus-
speiung von Jonas, die Himmelfahrt Elia stehen
die neutestamentlichen Erfüllungen
gegenüber: Geburt Mariens (neu), Verkündi-
gung, Geburt Christi, Anbetung der drei Könige,

Darstellung im Tempel, Taufe Christi, Abend-
mahl, Kreuzigung, Auferstehung, Himmelfahrt
Christi. Die Figur der sitzenden Gottesmutter
bekrönt die alttestamentliche, die des segnenden
Heilandes die neutestamentliche Reihe. Die
zwischen die einzelnen Quadrate malerisch ein-
gelegten Brustbilder werden durch die ihnen
beigegebenen Spruchbänder als Patriarchen, Pro-
pheten oder Könige gekennzeichnet, und er-
gänzen den Bilderkreis, der hier durch Typus
und Antitypus zur Darstellung gebracht "wird,
also die Vorbildlichkeit des alten Testamentes
gegenüber dem neuen, wie sie in der »Biblia pau-
perum« im Mittelalter so sehr beliebt war, auch
als Fensterschmuck mit Vorliebe verwendet
wurde. Als solcher begegnet sie in zwei ganz
ähnlichen, ikonographisch und stilistisch noch
reicheren und reiferen Serien, von denen die
eine vor einigen Jahren in die Stephanskapelle
des Kölner Domes übertragen ist, die andere
als ursprünglicher Schmuck in der Abteikirche
zu M.Gladbach sich befindet. Jene stammt viel-
leicht aus dem Chor der bereits 1804 abge-
brochenen Dominikanerkirche und erhielt vor
drei Jahrzehnten in den nach dem unseligen
Abbruche der nördlichen Doppelanlage der früh-
gothischen Domsakristei gewonnenen beiden
Fenstern eine sehr ungeeignete Stätte, bis sie,
von Schneiders & Schmolz durch fünf neue
Medaillons ebenfalls auf zwanzig ergänzt, den
jetzigen um so besseren Platz bekam. Freier
in der Anordnung, ganz im Sinne der köl-
nischen Frühgothik ausgeführt, ist sie ohne
Zweifel jüngeren Ursprungs, als das Mittel-
fenster der Dreikönigenkapelle, welches nicht
nur in den Blattwerkeinrahmungen, sondern
vielmehr noch in der Haltung, dem Falten-
wurf, den Attributen der Figuren so stark aus-
gesprochene romanisirende Reminiszenzen zeigt,
dafs seine Entstehung nicht unerheblich vor
die Vollendung des Chores wird zurückge-
schoben werden müssen, vielleicht als eine
Vorstiftung des Domkapitels. Der Reichthum
und die Mannigfaltigkeit seiner Ausführung
mögen zur Nachahmung angeregt und das ver-
wandte Fenster aus der Dominikanerkirche ver-
 
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