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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 2.1900-1901

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Nr. 12
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Arntz, Ludwig: Erhaltene Wehrbauten in der Schweiz
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https://doi.org/10.11588/diglit.31729#0115

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Erhaltene Wehrbamen in der Gchweiz

mche Wehrbaucen in der schweizerischen Eidgenofsenschafc sind glücklicher Weise den
harren Gchicksalen entgangen, denen so viele Burgbamen „nn römischen Reich deutscher
Nacion" verfallen waren, einer wiederholcen Zerstörung in anhaltenden Rriegsjahren
und der ganzlichen verwahrlosung in den noch langeren unseligen Zeicen politischer
Zerfahreicheit und Zerrifseicheit; die stolzen Zeugen einer großen vergangeicheit waren
Iahrbunderte lang rechtlos und schutzlos der Beraubung, der verstümmelung, dem Verfalle preis-
gegeben. — Auch die schweizerischen Burgen und Vesten haben wohl manchen Gturm, manche Vresche
und manchen Brand in wechselndem Ariegslauf erlebt, sie sind uns aber vielfach befser erhalten ge-
blieben uncer günstigeren politischen Verhalmifsen.

Der vacerlandische Ginn des Gchweizervolkes schützte viele Burgbauten, die an die Helden-
thacen der Vacer gemahncen, und viele geschichtliche Bauwerke wurden, dank einer angemefsenen, volks-
wirthschaftlichen verwerchung, vor der Verwahrlosung und ihren unausbleiblichen Folgen behütet. Eine
große Zahl der Wehrbaucen Lst uncer Dach und Fach geblieben und dadurch nacurgemaß befahigt,
den feindlichen Elemencen bis auf unsere Tage zu widerstehen. Allerdings hac mancher mittelalcer-
liche Burgbau im Laufe der Zeit allerlei Zusatze und Umgestalcungen erfahren, aber durch das Werk
tüchtiger Baumeister wurde der alte Baubestand nicht nur erhalten, sondern dem künstlerischen Werthe
nach zweifellos gesteigert. Viele Verwaltungsgebaude der Gemeinden und der Lancone tragen noch
jetzt das echt geschichtliche Geprage bürgerlicher Baukunst. So sind die erhaltenen Wehrbauten der
Gchweiz in mehr als einer HLnsicht beachtenswerth. DLe überlieferten Bauweisen biecen nicht nur werthvolle
Aufschlüfse für die Runde des Burgenbaues, sie liefern auch den uncrüglichen geschichtlichen Beweis für
den Erfolg eines zweckentsprechenden Uncerhaltes erhaltenswerther Bauwerke. Denn die Erhaltung
jedes Bauwerkes hangt stecs davon ab, in wie weit seinen -Lebensbedingungen genügt wird; einem
Bauwerke die denkbar besten -Lebensbedingungen zu verschaffen und zu sichern, ist Gache der bau-
lichen slflege. Wenn auch die verstandige Baupsiege die erfahrungsmaßige Renmniß des Bau-
wesens voraussetzt und daher des bauwifsenschaftlichen Studiums nicht entbehren kann, so liegt doch
der eigentliche Gchwerpunkt in der Ausführung aller zweckmaßigen Maßregeln, um das Bauwerk
widerstandsfahig zu erhalten. Vlichc nur die Herstellung, sondern auch die Erhaltung eines Baues
ist Aufgabe der Baukunst; in dieser Hinsicht sind die erhalcenen Wehrbauten besonders lehrreich. Es
dürfce daher gerade in unserer Zeit, wo die praktische Psiege unserer geschichtlichen Bauwerke noch
vielfach mit unberechtigten Vorurtheilen und unzureichender Sachkenntniß zu kampfen hat, der Hin-
weis auf die erhaltenen Wehrbaucen Ln der Gchweiz manche Anregung bieten.

DLe Ausbeme einer kürzlichen Gcudienreise soll Ln zwangloser Folge hier zur Darstellung kommen.

In hohem Maße mustergilcig sind die Wehrbauten der Gtadt Murcen, vor deren Mauern
sich der zweite, blutigste Act „der burgundischen Historie" abgespielt hat. Angesichcs der alten veste
zerschellce die übermachtige Gtreitmachc Rarls des Rühnen in vernichtender Leldschlacht. Auf der Burg-
veste HLelten vom 9. bis zum 22. Iuni 1576 I5c>c> tapfere Berner unter Adrian von Bubenberg den
Angriffen des Burgunderheeres Gtand, bis das Entsatzheer der Eidgenossen uncer Wilhelm Hercer
und Hans von Hallwyl und das der verbündeten Elsassischen Reichsstande und Stadte unter Gswald
von Thierstein (er wurde Lm Iahre 158c> zugleich mit seinem Bruder Wilhelm mit Hohkönigsburg be-
lehnt), Reinhard von Lothringen, Ludwig von Mettingen und anderen bewahrcen Führern heranrückten
und in heldenmüthigem Rampfe den Gieg entschieden. Das gewaltige feindliche Heer wurde nach hartem
Widerstand von der Hauptmacht der ELdgenossen geworfen, von der ausfallenden Besatzung und der
V7achhut der Verbündeten in den Flanken gefaßt und zu unrettbarem Verderben Ln den Gee gedrangt.
Von dieser denkwürdigen Murcener Schlacht weiß manches Heldenlied, aber auch die Gtadt selbst in
ihren steinernen Urkunden zu berichten. TTloch stehen aus jenen Tagen Mauern und Thürme, welche
die Gpuren der burgundischen Geschosse zeigen. Zwar mußce das beschadigte Mauerwerk und Dach-
werk der Wehrgange und Wehrthürme nach der Schlacht und im -Laufe der Zeiten ausgebessert und
erneuert werden, aber dank dem sorgfaltigen Uncerhalc der Dacher macht das alte Befestigungswerk auf
den Beschauer den überraschend frischen Eindruck ursprünglicher Wehrhaftigkeit.
 
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