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Comenius, Johann Amos; Bötticher, Wilhelm [Übers.]
Die Schule als Spiel — Langensalza, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.16743#0300

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Der Sprachenpforte dramatische Darstellung. Teil VI.

gewinnen. Und Gott selbst wird Dir gnädig sein, je mehr er steht,
daß Du ein Werkzeng seiner Güte bist.

Ncunter Anftritt.

Lehrer der Frömmigkeit.

Bisher ist Ench vorgehalten worden, was jeder Mensch sich selbst
und dem Nächsten schnldig ist. Es bleibt noch übrig, zu erkennen,
was alle dem schuldig sind, der über alle ist und von dessen Gnade
über uns und das Unsrige Segen, von dessen Ungnade aber Fluch
und Verderben kommen kann. Jhn, ihn laßt uns alle einmütig ver-
ehren; und laßt uns ihn über alles lieben nnd beständig anrufen und
nie und nirgends vor seinem Angesichte sündigen und alles Unsrige
ihm vertrauensvoll befehlen! Wahrlich, er wird uns herrlich segneu
uud auf Pfaden des Lichtes zu seinem ewigen Reiche führen. O un-
glücklich die, welche Gott lieber entsagen als ihrem verkehrten Leben!
Doch über die Gemeinschaft unseres Geistes mit Gott wird an einer
anderen Stelle Gelegenheit sein zu reden. Doch konnte sie hier nicht
unerwähnt bleiben, wo die Tugenden nach ihrem Gegenstande unter-
schiedeu werden sollten.

Zehntcr Anftritt.

Lehrer der Vollkommenheit.

Es ist freilich wahr, daß es Vollkommenheit unter dem Himmel
nicht giebt, sondern im Himmel uns aufbehalten wird, und daß wir
hier nur dnrch Jrrtum lerneu. Weun wir aber lernen, so schreiten
wir jedenfalls fort. Laßt uns also fortschreiten, laßt uns von Tugend
zu Tugend gehen und nichtsdestowenigcr nach der Vollkommenheit
streben, indem wir uns jedwede sittliche Tüchtigkeit aneignen und
unscren Tngenden eine dreifache Krone aufsetzen, Vollständigtcit, Lauter-
keit uud Beständigkeit. Jch wiederhole: Unser Streben nach Tugend
muß durch eine dreifache Kroue gekrönt werden. I. durch volle iu
jedcr Beziehung zusammenhängende Geschlossenheit, II. durch Lauter-
keit uud Reinheit ohne Beimischnng von Fremdartigem, III. und
durch Beständigkeit im Guten, die ausharrt bis zum Ende.

Die Vollständigkeit erfordert, daß Du, was Du auch seist, keiner
Tugend entbehren willst, welche Dich ehren und Dein Wesen er-
gänzeu kann, in keiner Lebensstellnng uud Altersstufe, daß Dich also
im Knabenalter ziere Bescheidenheit, Schweigsamkcit, Gehorsam, Be-
hendigkeit, Reinlichkeit, im Jünglingsalter Ehrerbietigkeit, Kenschheit,
Willfährigkeit, Treue, im Mannesalter Arbeitsamkeit und Klngheit,
im Greisenalter Ernst, Weisheit, furchtlose Bereitschaft auf den Tod.
So wird Deine Seele in jeder Hinsicht schön sein, ein wahrhaft
wohlgestaltetes Ebenbild Gottes.
 
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