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Hess, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet: Hessen und Rheinhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,2: Berlin: Dt. Verl. für Kunstwiss., 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52864#0083

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EBERBACH • EHEMALIGES ZISTERZIENSERKLOSTER

des Stammschlosses einsetzten. Den direkt über dem Tordurch-
gang gelegenen Außenerker ziert ein Relief des Frankfurter Bild-
hauers Peter Vogel von 1533 mit dem Doppelbildnis des Grafen
Johann und seiner Frau Anna von Schwarzburg und deren Wap-
pen. Dieselbe Wappcnallianz zeigen die beiden Rundscheiben,
die wohl in den darüberliegenden Erkerfenstern oder einem der
Fenster des Festsaals im Untergeschoß saßen10.
Erhaltung: Helm und drei Stücke der Bordüre erneuert; Halbton
berieben und Schwarzlot teilweise ausgebrochen. Verbleiung im
frühen 20. Jh. erneuert.
Ikonographie: Die Wappenrundscheiben können nur mit den
seit 1516 verheirateten Johann III. von Ysenburg (1476-1533)
und Anna von Schwarzburg-Blankenburg (1497-1546) in Ver-
bindung gebracht werden.
Farbigkeit: Wappenschild mit zwei schwarzen Balken auf silber-
nem Grund; bläulich-weißer Spangenhelm, weiß/schwarze
Helmdecke und bräunlicher (heraldisch eigentlich schwarzer)
Adlerflug mit goldenen herzförmigen Schellen. Roter Ranken-
grund und gelbe Bordüre.
Stil, Datierung: Die genealogisch zwischen 1516 und 1533 anzu-
setzenden Scheiben zeigen mit Ausnahme der glatten Malerei
keine ausgeprägten Merkmale des 16. Jh. Im Gegenteil greift die
Ausformung der gerollten Blätter der Helmdecke, des Fieder-
rankengrunds und der Bordüren auf die Tradition des späten 15.
Jh. zurück; die architektonisierende Bordüre findet sich etwa auf
einem oberrheinischen, wohl gegen 1480 entstandenen Glasge-

mälde in Darmstadt11. Gleichwohl dürften die Rundscheiben
auf Grund ihrer vermuteten Herkunft aus dem 1530/33 errich-
teten Wachtbau erst zu diesem späten Zeitpunkt entstanden
sein.
CVMAG 8848
5. WAPPENSCHWARZBURG Abb. 6
Durchmesser 40 cm. Gegenstück zu Nr. 4.
Erhaltung: Bordüre zur Hälfte erneuert, übrige Scheibe bis auf
ein kleines Stück der Wappendecke links des Helmes original.
Sprungbleie in Helm und Helmzier.
Ikonographie: Vgl. Nr. 3.
Farbigkeit: Das Wappen zeigt einen goldenen Löwen auf
blauem Grund; weißer Spangenhelm, blau/goldene Wappen-
decke und goldener Löwe mit grün/blauen Pfauenfedern als
Helmzier (Silbergelb auf Blau). Roter Rankengrund und gelbe
Bordüre mit Vierpaßmuster.
Stil, Datierung: Vgl. Nr. 3.
CVMAG 8849
10 Die drei rechteckigen, ursprünglich nicht weiter unterteilten Fenster
besitzen eine lichte Breite von rund 55 cm. Da auch der gegenüberlie-
gende Innenerker mit einem Wappenrelief verziert ist, könnten die
Rundscheiben auch von dort stammen.
11 Vgl. Beeh-Lustenberger, 1967 bzw. 1973, Nr. 227, Abb. 146.

EBERBACH • EHEMALIGES ZISTERZIENSERKLOSTER

Gegenwärtiger Bestand: Als einziger Rest der mittelalterlichen Verglasung der Klosterkirche ist ein nahezu kom-
plettes Flechtwerkfenster (Fig. 4h, Abb. 14, Farbtaf. II) erhalten geblieben, das sich seit 1995 in dem neueröffneten
Abteimuseum befindet. Zusammen mit der heute ebenfalls dort befindlichen, nicht genau lokalisierbaren Dreipaß-
scheibe eines Wilden Mannes (Abb. 15, 19) gehörte das Fenster zuvor zur Sammlung Nassauischer Altertümer im
Museum Wiesbaden. Historisch kann für Eberbach überdies ein 1945 aus der Moosburg in Biebrich in das Wiesbade-
ner Museum überführter Fragmentbestand (Abb. 16-18, 20) gesichert werden, der bis gegen 1803 an seinem ursprüng-
lichen Standort im Eberbacher Kreuzgang verblieben war. Diese Fragmente werden im Anhang abgehandelt. Zu dem
vereinzelt nach Eberbach lokalisierten Glasgemälde in Fischbach vgl. dagegen S. 90f.
Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Bei ihrer Ansiedelung in Eberbach im Jahre 1136 bezogen die Zi-
sterzienser eine seit etwa 1116 bestehende Klosteranlage, die von Augustiner-Chorherren und Benediktinern bewohnt
gewesen war. Ab 1145 bis gegen 1220 wurde diese Anlage - neben Himmerod das einzige Tochterkloster von Clair-
vaux in Deutschland - sukzessiv erweitert (Fig. 3). Zunächst erfolgte der Neubau der Kirche (Fig. 4), die in einem
ersten Bauabschnitt bis auf die Höhe des an den Ostteilen sichtbaren Quadermauerwerks hochgeführt wurde. Nach
einer Unterbrechung der Bauarbeiten zwischen 1160/70 wurde der begonnene Bau mit geringfügigen Planänderun-
gen, die Höhenverhältnisse und Wandgliederung betreffend, weitergeführt, wobei die Ostteile nach der Altarweihe
von 1178 bereits benutzbar waren; die Schlußweihe erfolgte 1186.
Weitere Baumaßnahmen erlebte die Kirche im 14. Jahrhundert, als man 1315 das Südseitenschiff nach der Errichtung
einer ersten Grabkapelle bis 1357 durch acht weitere Grabkapellen erweiterte und die romanische Lichtführung
 
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