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Hess, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet: Hessen und Rheinhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,2: Berlin: Dt. Verl. für Kunstwiss., 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52864#0308

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ORTENBERG • STADTKIRCHE

Bibliographie: Lotz, 1862, S. 487 (führt gotische Glasmalerei in einem Fenster der Kirche an); Oidtmann, 1898,
S. 280 (zitiert Lotz); Wagner, 1890, S. 242 (erwähnt die heute in der Sakristei befindlichen Ornamentscheiben als
Reste alter Glasmalereien in einem der nördlichen Chorfenster und zwei kleine Wappen im Achsenfenster, die er als
Eppstein und Hohenlohe identifiziert); Diehl, 1935, S. 369 (verweist auf eine weitere, nur archivalisch überlieferte
Wappenscheibe).
Gegenwärtiger Bestand: Neben vier Ornamentfeldern und Fragmenten weiterer Felder, die sich seit 1955/56 im
Sakristeifenster (Fig. 212, Abb. 265 f.) befinden, haben sich von der mittelalterlichen Verglasung nurmehr zwei im
Chorachsenfenster befindliche Wappenrundscheiben (Abb. 263 f.) erhalten. Das Langhausfenster süd VIII bewahrt
überdies unbemalte blaue, rote, gelbe und weiße mittelalterliche Glasfragmente, die zu einem Sparrenwappen
zusammengestellt sind. Wagner erblickte darin ein zweites Eppstein-Wappen, was jedoch zurückzuweisen ist: Es
handelt sich dabei lediglich um ein Konglomerat von Flickstücken, dessen Zusammenstellung mit goldenen Sparren
auf silbernem Grund gegen die heraldischen Regeln verstößt.
Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Reste einer 1219 erstmals erwähnten Kapelle haben sich an der
West- und Nordseite der Kirche erhalten. Nach ihrer Erhebung zur Pfarrkirche wurde um 1320 ein der Hl. Maria
geweihter Neubau in Angriff genommen, von dem man jedoch nicht sicher sagen kann, wie weit er gediehen ist. Den
nächsten Anstoß zu einer umfassenden Erweiterung der auf der Anhöhe über der Stadt im ehemaligen Burg- und
Burgmannenbezirk gelegenen Kirche gaben die Grafen von Eppstein, die als Erben der Herren von Trimberg 1376 den
Hauptanteil der Ganerbschaft Ortenberg übernommen hatten. Nach der Errichtung von Chor und Sakristei um
1380/85 - der 1382 datierte Gedenkstein für Eberhard von Eppstein gibt einen Anhaltspunkt für die Chorvollendung
- erfolgte der Umbau des Langhauses zu einer breiten, dreischiffigen Halle. Während das nördliche Seitenschiff all-
gemein Anfang des 15. Jahrhunderts datiert wird, sollen Mittel- und südliches Nebenschiff erst gegen 1430-50 ent-
standen sein1.
Die älteste Erwähnung von Glasmalereien geht auf das Jahr 1586 zurück, als im Zusammenhang mit dem Einbau eines
neuen Gestühls in einem Schreiben ein heute verlorenes Königsteinisch Wappen in den Kirchenfenstern erwähnt wird2.
Erste Beschädigungen und Reparaturen der Verglasung sind im Anschluß an den Dreißigjährigen Krieg und in Folge
des schweren Sturmes vom 21. Juli 1700 zu vermuten. Über den baufälligen Zustand der Kirche im beginnenden
19. Jahrhundert gibt eine Beschreibung des Pfarrers im unmittelbaren Vorfeld der Renovierung von 1846 beredtes
Zeugnis; er überliefert unter anderem, daß man in mehreren gothischen Fenstern die Rosetten und Rippen herausge-
brochen habe3. Während die Wappenscheiben in der Chorachse und die Reststücke in Fenster süd VIII sich bereits
1890 an ihrem heutigen Standort befunden hatten, wurden die Ornamentscheiben erst im Rahmen der umfassenden
Renovierung von 1955/56 in die Sakristei übertragen.
Rekonstruktion, ikonographisches Programm: Als ursprünglicher Standort für die Ende des 19. Jahrhunderts
noch in einem der nördlichen Chorfenster befindlichen, heute in der Sakristei eingesetzten Ornamentreste kommen
auf Grund der Maße einzig die drei zweibahnigen, dreizeiligen Fenster im nördlichen Seitenschiff in Frage4. Für eine

1 Zur Baugeschichte vgl. Wagner, 1890, S. 236E, Fischer, 1962, S.
115-117, Hermann Mayenschein, Die Marienkirche zu Ortenberg,
Ortenberg H982, S. nf., und Magnus Backes, in: Dehio, Hessen,
2i9$2, S. 712.
2 Vgl. Diehl, 1935, S. 24. Das Königsteiner Wappen steht wohl in
Zusammenhang mit dem Teilerbe der Falkensteiner Herrschaft durch die
Eppsteiner im Jahre 1417; durch Los erbten die Eppsteiner damals das

sog. Butzbacher Drittel, darunter auch Königstein (vgl. Demandt, 1980,
S. 454, 507E).
3 Vgl. Diehl, 1935, S. 370.
4 Die Feldmaße dieser Fenster betragen 5 5,5 x 28 cm (gemessen an Fen-
ster nord VII); folglich lassen sich genau acht Rosetten in einer Lanzette
unterbringen, wobei seitlich zwei rund 4 cm breite Randstreifen zu
ergänzen sind. Ob ursprünglich die gesamten Fenster ornamental ausge-
 
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