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Hess, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet: Hessen und Rheinhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,2: Berlin: Dt. Verl. für Kunstwiss., 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52864#0218

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FRIEDBERG • WETTERAU-MUSEUM

Gegenwärtiger Bestand: Außer dem im Zusammenhang mit der Friedberger Liebfrauenkirche bereits behandelten
Maßwerkvierpaß (s. S. 187) befinden sich im Museum noch vier mit höchster Wahrscheinlichkeit in die Liebfrauen-
kirche zu lokalisierende Rechteckscheiben mit Engeln (Fig. 144-147, Abb. 170-176).
Bibliographie: Ludwig Neundörfer, Die Glasgemälde der Stadtkirche zu Friedberg. Ein Beitrag zur Geschichte
und Kunst am Mittelrhein im 14. und 15. Jahrhundert, ungedruckte Phil. Diss. Gießen 1923, S. 16 (lokalisiert die
Engel in das Querhausfenster nord IV); Georg Blecher, Das Wetterau-Museum, in: Ferdinand Dreher, Führer
durch Friedberg - Ein Heimatbuch, Friedberg 1925, S. 140 (Erwähnung der damals vor die Fenster des »Raumes für
kirchliche Altertümer« gehängten Scheiben); Fischer, 2i937, S. 87, Abb. 23 (Datierung in die erste Hälfte des 15. Jh.);
Roth, 1960, S. 96, Abb. 1 (lokalisiert die Engel ins Querhaus und setzt sie als unmittelbare Vorläufer der Chorvergla-
sung um 1463/70 an).
Erhaltung: Im Zuge der Niederlegung und Neuaufführung von Chor und Querhaus in den Jahren 1896-1900 wur-
den die vier Scheiben ausgebaut, von Linnemann restauriert und an ihren heutigen Standort verbracht. Linnemann,
der die Felder neu verbleite, ersetzte auch die wohl bereits im 18. Jahrhundert mit Blankglas ausgeflickten Fehlstellen
und einzelne, in ihrer Bemalung stark reduzierte Partien; darüber hinaus sicherte er größere Sprünge mit Sprung-
bleien. Die Scheiben sind auf der Innenseite leicht korrodiert und weisen partiell Malverluste sowie einzelne Sprünge
auf.
Zur Frage des ursprünglichen Standorts: Im 19. Jahrhundert befanden sich die vier Scheiben im Querhausfen-
ster nord IV direkt unterhalb des heute in der Sakristei der Liebfrauenkirche aufbewahrten Jüngsten Gerichts (Fig.
113). Da dieses Fenster im Zuge der Erhöhung des Sakristeidachs 1671/72 bis auf die letzte Zeile vermauert worden
war, sind die aus verschiedenen Zeilen stammenden Scheiben erst später als Lückenfüller dorthin übertragen worden.
Sie stammen ursprünglich möglicherweise aus dem Westfenster, dessen lichte Feldmaße von ca. 63-76 x 61 cm den
Scheibenmaßen recht nahekommen1. Nachdem man die Orgel von der Langhausnordwand auf die Westempore ver-
legt hatte, wurden sie offenbar 1736 in das Querhausfenster übertragen2. Die Scheiben wurden im Zuge der Niederle-
gung des Chores 1896 ausgebaut und von Linnemann restauriert.
Rekonstruktion, ikonographisches Programm: Auf Grund der unterschiedlichen Hintergrundmuster und
abweichenden Farbigkeit stammen die vier Engel nicht aus einer Fensterzeile. Die Scheibe Nr. 5 wurde, wie ein Photo
des Zustandes vor der Restaurierung um 1900 zeigt, vor dem Einbau im Querhausfenster nord IV mit von gelben
Sternen durchsetztem Blankglas nach oben erweitert, um sie den übrigen drei Scheiben anzupassen. Während die drei
über Turmbrüstungen gelehnten Engel (Nr. 2-4) als oberer Abschluß einer nicht mehr bestimmbaren Komposition in
Frage kommen, war dieses Feld wegen seines Damastgrundes und der abweichenden Farbgebung wohl ursprünglich
Bestandteil einer Figurenszene. Vergleichbare Turmengel und tuchhaltende Engel begegnen in der Verkündigung
Mariae aus dem Utrechter Altar, einem Hauptwerk mittelrheinischer Malerei des frühen 13. Jahrhunderts3. Doch las-
sen sich weder aus Beschreibungen oder anderen Quellen noch aus dem erhaltenen Bestand präzisere Vorstellungen
vom ursprünglichen Aussehen des Fensters gewinnen.
Farbigkeit, Technik: Die Farbigkeit ist sehr zurückhaltend: Mit Ausnahme des Engels Nr. 3, der als einziger grüne

1 Vor Ort konnten nur die untersten Felder der beiden linken Bahnen
ausgemessen werden. Die Querhausstirnfenster aber auch die Langhaus-
fenster, soweit dies nachgeprüft werden konnte, weisen dagegen schma-
lere Bahnen auf.
2 Hinweise auf den Ausbau und die Übertragung der Scheiben konnten

in den Archivalien nicht aufgefunden werden. Zur Verlegung der Orgel
vgl. Hartmut Seeliger, Die Stadtkirche in Friedberg in Hessen, in:
AhGA NF 27, 1962/67, S. 12.
3 Vgl. Zipelius, 1993, Abb. 3.
 
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