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Hess, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet: Hessen und Rheinhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,2: Berlin: Dt. Verl. für Kunstwiss., 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52864#0260

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KIEDRICH • PFARRKIRCHE ST. VALENTIN

beriebener Bemalung, zweier außenseitiger Doublierungen und
Korrosion in den rosabraunen Blütenblättern ist das Feld intakt
erhalten.
Komposition: Trotz eines identischen Damastmusters, das im
übrigen auch in Fenster süd II auftritt, erweist sich das Feld auf
Grund fehlender Anschlüsse als nicht ursprünglich zur Pieta
gehörig. Da auch für die Heiligenfiguren in Fenster süd II ent-

sprechende Anschlüsse fehlen, stammt das Feld aus einem weite-
ren Fenster, von dem sich keine Figuren erhalten haben.
Farbigkeit: Im Bereich der unteren von blauem Damastgrund
hinterfangenen Rollblättern wächst weißgelbes Astwerk in eine
Blankverglasung hinein und läuft in zartblauen und rosavioletten
Blüten aus.
CVMA G 8788, Großdia G 43

ANHANG: VERLORENE SCHEIBEN

Von der Verglasung der 1559/61 und 1740 umgestalteten Langhausfenster besitzen wir mit Ausnahme einer archiva-
lisch überlieferten Stiftung des hanauischen Amtmanns Friedrich von Dorfeiden keine Nachricht. Ob es sich bei die-
ser 1477 datierten Stiftung um ein Glasgemälde oder eine Skulpturengruppe gehandelt hat, ist nicht restlos klar, da
sowohl Georg Helwich 1615 als auch Georg Friedrich Dhein um 1734 von einer »Figur« sprechen. Dhein erwähnt
überdies, daß sich die Stiftungsinschrift »an dem Fenster bei dem Ölberg« befunden habe (s. Reg. Nr. 52!.). Da sich bis
zu den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs im Langhaus Reste eines Steinbildwerks mit dem Ölberg befanden,
könnte sich die Inschrift auch auf diese Gruppe bezogen haben29 30 31 32. Andererseits spricht Johann Adam Bernhard in sei-
ner 1734/35 verfaßten Hanauer Kirchengeschichte von einem damals noch erhaltenen, mit vielfarbigem Glas »figurier-
ten« Ölberg; folglich muß es sich dabei doch um eine Fensterstiftung gehandelt haben (s. Reg. Nr. 54). Das überlie-
ferte Datum 1477 legt einen Zusammenhang mit dem Epitaph von Friedrichs Frau Susanna Rüdt von Kollenberg
nahe, welche in diesem Jahr verstorben war33. Bei dem Glasgemälde dürfte es sich folglich um eine direkt bei der
Grablege befindliche Gedächtnisstiftung gehandelt haben.

29 Vgl. Hartmut Scholz, in: Kat. Ausst. Ulm 1995, S. 31L, Abb. 2.
30 Vgl. Becksmann, CVMA Deutschland II, 1, 1979, S. 180, Abb.
235-239-
31 Zu Fritzlar vgl. Christian Rauch, Fritzlar, ein kunstgeschichtlicher
Führer, Marburg 1925, S. 58, Abb. S. 77; die Fritzlarer Glasmalereien
werden im dritten hessischen Teilband (CVMA Deutschland III, 3)
behandelt werden.
32 Vgl. hierzu weiter Ekkehard Meise, Die Grabplatten im Schiff der

Marienkirche zu Hanau, in: HGb 28, 1982, S. 136-138, bes. Anm. 41.
Neben den dortigen Nachweisen sei auch Neumann (s. Bibi.), 1934, S.
6/f., erwähnt, der die Reste dieser Ölberggruppe auf der Grundlage von
Helwichs Überlieferung mit der Stiftung von 1477 identifizierte.
33 Irritierend ist die Überlieferung Dheins und Bernhards, die zwar den
richtigen Familiennamen (Rodin oder Rüdin = Rüdt) angeben, nicht aber
den von Helwich überlieferten Vornamen Susanna, sondern Catharina;
vgl. wiederum Ekkehard Meise, ebenda, S. 136.

KIEDRICH ■ PFARRKIRCHE ST. VALENTIN

Bibliographie: Johannes Zaun, Geschichte des Ortes und der Pfarrei Kiedrich, Wiesbaden 1879 (Nachdruck Mainz
1979), S. 87 (überliefert den Verkauf von alten Glasgemälden in den dreißiger Jahren des 19. Jh. und erwähnt die in der
Kirche verbliebenen Restbestände des I4-Jh. sowie die zeitgenössischen Erneuerungen); Lotz, 1880, S. 256
(beschreibt das Fenster nord X an seinem heutigen Standort und erwähnt ein ähnliches über der Nordtür; Verweis auf
fünf Anfang des 16. Jh. zu datierende Glasgemälde mit Heiligen in der Sakristei); Luthmer, 1902, S. 201 (folgt Zaun
und Lotz); Oidtmann, 1929, S. 378E (folgt Luthmer); Dehio-Gall, 1950, S. 163 (führt neben den stark restaurier-
ten Glasgemälden im Nordseitenschiff Scheiben um 1500 im östlichen Chorfenster und in der Südsakristei an); Wille,
1952, S. 73-80, Kat. S. 56-62 (grundlegende Bearbeitung der damals in der Sakristei verpackten Glasgemälde des 14.
Jh.; kölnische Einflüsse, Datierung um 1330); Wentzel, 21954, S. 39, 71 (als Beispiele mittelrheinischer Glasmalerei
um 1300/30 und des beginnenden 16. Jh. aufgeführt); Herchenröder, 1965, S. 224 (erwähnt einzelne Restscheiben
des ausgehenden 14. Jh. in den Fenstern nord VII und VIII); Robert Köck, Gedanken zu den Fenstern in der Kirche
 
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