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EBERBACH • EHEMALIGES ZISTERZIENSERKLOSTER
in Obazine wird die Binnenfläche von einer breiten,
rundum laufenden Bordüre mit Zopfmuster gerahmt; ein
großer, weißer Kreis markiert die Fenstermitte. Auch
wenn sich die durch Ösen verklammerten Doppelkreise
in anderen Beispielen nicht nachweisen lassen, fügt sich
das Eberbacher Fenster in die Gruppe der frühen Flecht-
bandfenster ein, in denen sich Kreis- und Rautenbänder
endlos durchdringen. Unter den erhaltenen Beispielen in
Obazine, Pontigny, Bonlieu und La Benisson-Dieu sind
die Zusammenhänge mit Obazine noch am engsten, wäh-
rend alle Vergleichsbeispiele im deutschen Raum erst in
das 13. Jahrhundert datieren: Neben Marienstatt und ein-
zelnen Fenstern im Kreuzgang von Heiligenkreuz seien
auch die Zeichnungen im Reiner Musterbuch (fol. i2r) er-
wähnt, zumal die überregionale Verbreitung der Muster
ohne solche Zeichnungssammlungen nicht zu erklären
ist. Da sich in Obazine neben den rein geometrischen
Mustern auch erste Beispiele vegetabiler Ornamentfen-
ster erhalten haben, dürften in Eberbach ebenfalls beide
Typen nebeneinander vertreten gewesen sein.
Farbigkeit, Technik: Die Farblosigkeit des Fensters
folgt einem noch vor der Ordensbestätigung von 1152
erlassenen, in der Folgezeit mehrfach wiederholten Statut
des Generalkapitels der Zisterzienser, daß die Ordenskir-
chen ornamental und farblos zu verglasen seien: Vitreae
albae fiant, et sine crucibus et pictunsn. Trotz ihrer
unterschiedlichen leichten Grün- oder Braunfärbung
wurden die Gläser ohne ersichtliches System verwendet.
Sie tragen damit jedoch - sicherlich bewußt - wesentlich
zum lebendigen Gesamteindruck bei.
Stil, Datierung: Das baugeschichtlich um 1175/80 zu
datierende und bis 1850 in situ verbliebene Fenster ist für
den deutschen Sprachraum von singulärer Bedeutung, da
es sich um das einzige, weitgehend intakt erhaltene
Flechtbandfenster handelt, das noch im 12. Jahrhundert
entstanden ist. Neben den ebenfalls im letzten Viertel des
12. Jahrhunderts enstandenen Fenstern in Obazine zählt
es damit zu den ältesten zisterziensischen Ornamentfen-
stern überhaupt.
CVMA A 10544-10546, Großdia A 99/46
Fig. 5. ES Abteimuseum Nr. 1-3.
11 Vgl. zusammenfassend zuletzt Hartmut Scholz (s. Bibi.), 1999,
S.86.
EBERBACH • EHEMALIGES ZISTERZIENSERKLOSTER
in Obazine wird die Binnenfläche von einer breiten,
rundum laufenden Bordüre mit Zopfmuster gerahmt; ein
großer, weißer Kreis markiert die Fenstermitte. Auch
wenn sich die durch Ösen verklammerten Doppelkreise
in anderen Beispielen nicht nachweisen lassen, fügt sich
das Eberbacher Fenster in die Gruppe der frühen Flecht-
bandfenster ein, in denen sich Kreis- und Rautenbänder
endlos durchdringen. Unter den erhaltenen Beispielen in
Obazine, Pontigny, Bonlieu und La Benisson-Dieu sind
die Zusammenhänge mit Obazine noch am engsten, wäh-
rend alle Vergleichsbeispiele im deutschen Raum erst in
das 13. Jahrhundert datieren: Neben Marienstatt und ein-
zelnen Fenstern im Kreuzgang von Heiligenkreuz seien
auch die Zeichnungen im Reiner Musterbuch (fol. i2r) er-
wähnt, zumal die überregionale Verbreitung der Muster
ohne solche Zeichnungssammlungen nicht zu erklären
ist. Da sich in Obazine neben den rein geometrischen
Mustern auch erste Beispiele vegetabiler Ornamentfen-
ster erhalten haben, dürften in Eberbach ebenfalls beide
Typen nebeneinander vertreten gewesen sein.
Farbigkeit, Technik: Die Farblosigkeit des Fensters
folgt einem noch vor der Ordensbestätigung von 1152
erlassenen, in der Folgezeit mehrfach wiederholten Statut
des Generalkapitels der Zisterzienser, daß die Ordenskir-
chen ornamental und farblos zu verglasen seien: Vitreae
albae fiant, et sine crucibus et pictunsn. Trotz ihrer
unterschiedlichen leichten Grün- oder Braunfärbung
wurden die Gläser ohne ersichtliches System verwendet.
Sie tragen damit jedoch - sicherlich bewußt - wesentlich
zum lebendigen Gesamteindruck bei.
Stil, Datierung: Das baugeschichtlich um 1175/80 zu
datierende und bis 1850 in situ verbliebene Fenster ist für
den deutschen Sprachraum von singulärer Bedeutung, da
es sich um das einzige, weitgehend intakt erhaltene
Flechtbandfenster handelt, das noch im 12. Jahrhundert
entstanden ist. Neben den ebenfalls im letzten Viertel des
12. Jahrhunderts enstandenen Fenstern in Obazine zählt
es damit zu den ältesten zisterziensischen Ornamentfen-
stern überhaupt.
CVMA A 10544-10546, Großdia A 99/46
Fig. 5. ES Abteimuseum Nr. 1-3.
11 Vgl. zusammenfassend zuletzt Hartmut Scholz (s. Bibi.), 1999,
S.86.