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Hess, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet: Hessen und Rheinhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,2: Berlin: Dt. Verl. für Kunstwiss., 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52864#0158

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FRANKFURT • HISTORISCHES MUSEUM

U3

Erhaltung: Lochfraß auf der Innenseite des unteren Paßfeldes
und auf einem Stück im roten Wappen; Bemalung partiell leicht
berieben. In den Bordüren drei mittelalterliche Flickstücke.
Gläser mit Sprüngen bis auf wenige Ausnahmen außen dou-
bliert, ferner im linken Paß eine Fehlstelle ergänzt. Im Wappen
altes, repariertes Blei; übrige Verbleiung 1962/63 erneuert.
Ikonographie: Die Scheibe zeigt zwei jugendliche Liebespaare,
begleitet von Wilden Männern, die in diesem Kontext einerseits
wohl Freiheit und Ungebundenheit, im Motiv des Hasen aber
auch Fruchtbarkeit und Zügellosigkeit verkörpern. Auf Grund
des zentralen Wappenschilds der Rheingauer Gemeinde Ass-
mannshausen befand sich die Scheibe ursprünglich dort wohl in
einem Amtsgebäude. Dem gegen Ende der 1430er Jahre entstan-
denen, mit höfischen Szenen bereicherten Wappenzyklus aus
dem Rathaus zu Brünn vergleichbar1 \ läßt sie sich inhaltlich kei-
nem bestimmten moralisch-didaktischen Programm eingliedern;
es dürfte sich vielmehr um eine humorvolle Ausdeutung des
mittelalterlichen Ortsnamens »Hasemanneshusen« handeln.
Komposition, Farbigkeit: Die vier Paßfelder, welche oben und
unten Liegefiguren, in den Seitenpässen hingegen stehende Figu-
ren zeigen, sind in Grisaille mit Silbergelb ausgeführt und umge-
ben das zentrale Wappen mit silbernem Astkreuz und Rad auf
rotem Rankengrund. Eckzwickel rosaviolett, weißlich gelbe
Bordüre.
Technik, Stil, Datierung: Über dem flächigen Halbton liegen
wäßrige Schraffurlagen und kräftige Kontur- und Binnenlinien;
die Lichter sind mit Borstenpinsel ausgewischt, Schattenpartien
außen mit dünnem Braunlot vertieft. Da sich die engsten Ver-
gleichsbeispiele für die Zeichnung der Köpfe und Gewänder -
darunter auch das Mäntelchen mit breiten Zaddeln - in Werken
wie den Stichen der Meister der Spielkarten und Liebesgärten
finden, kann die Scheibe kaum später als 1460/70 datiert wer-
den12. Hierfür spricht auch die noch relativ weiche Faltenanlage
des Frauengewands sowie die Modellierung mittels relativ gro-
ben Parallel- und Kreuzschraffuren.
CVMA A 11518, Großdia A 247
32. KREUZIGUNG CHRISTI Fig. 96, Abb. 101
Mittelrhein, um 1460/70.
Durchmesser 32 cm. Inv. Nr. X 3467. Beeh-Lustenberger, Nr.
42. Derzeit deponiert.
1899/1900 vom Dombau-Verein erworben; laut Inventar aus der
1875 abgerissenen Dreikönigskirche Sachsenhausen stammend.
Bibliographie: 23. Jahresbericht des Vereins für das Historische
Museum zu Frankfurt/Main, 1900, S. 11 (schon länger in der
Sammlung befindliche Scheibe aus dem Ende des 15. Jh.); Beeh-
Lustenberger, 1965, Nr. 42 (auf Grund der stilistischen Ver-
wandtschaft mit den Holzschnitten des Hortus sanitatis um 1490
datiert).
Erhaltung: Innenseitiger Lochfraß, vorzugsweise in nicht bemal-
ten Partien. Himmel über dem Kreuz auf Grund abweichender
Maltechnik Ende 15./Anfang 16. Jh. erneuert. Blei und Doublie-
rungen 1962/63.
Ikonographie, Komposition: Das hochgeschlagene Manteltuch
und die Körperhaltung des Johannes erinnern an die um 1450
entstandene Kreuzigungstafel aus der Waisenhauskapelle im
Historischen Museum, Frankfurt13; zu dem von Beeh-Lusten-
berger angeführten, undatierten Holzschnitt gibt es keine enge-
ren Verbindungen.

Fig. 96. ES Nr. 32.

Farbigkeit: Landschaft und Figuren in Grisaille und Silbergelb
vor blauem Himmel; Bäume grün (Silbergelb auf Blau).
Technik, Stil, Datierung: Über einem streifigen, leicht bräun-
lichen Halbton liegt die locker ausgeführte Pinselzeichnung,
welche in den Lichtern radiert ist. Abgesehen von allgemeinen
Formeln wie den stäbigen Falten und den Ösen in der Zeichnung
des Johannes-Gewands lassen sich die von Beeh-Lustenberger
in die Diskussion gebrachten Bezüge zu Holzschnitten des
Mainzer Hortus sanitatis von 1491 nicht aufrecht erhalten. Viel-
mehr spricht die weiche Faltung der Gewänder, vor allem die
Anlage des sich auf dem Boden ausbreitenden Magdalenenman-
tels, die gedrungen breite Proportionierung der etwas puppigen
Figuren als auch der umfängliche Einsatz graphischer Mittel für
eine frühere Datierung in die Nachfolge der erwähnten Kreuzi-
gungstafel.
CVMA A 11521
33. WAPPENSCHEIBE MONIS/FOCHEN
Fig. 97, Abb. 100
Straßburg, um 1475/77.
Durchmesser 36-37 cm. Inv. Nr. X 22131. Beeh-Lustenberger,
Nr. 38.
Herkunft unbekannt, ursprünglich wohl in der Monis-Kapelle
der Dominikanerkirche. 1904 von Frau Gustav Kömpel, Frank-
furt, erworben.
Bibliographie: Simon, 1942/43, S. 32L, Abb. 1 (Lokalisierung in
die Moniskapelle des Dominikanerklosters, Datierung um 1500);
Beeh-Lustenberger, 1965, Nr. 38 (Mittelrhein, um 1475/80,
unter dem Einfluß Peter Hemmeis); Hartmut Scholz, in: Kat.
Ausst. Ulm 1995, S. 95, Abb. 5 (technisch und formal der Rich-
tung des Ulmer Ratsmeisters, bzw. der Ulmer Rundscheiben
innerhalb der Straßburger Werkstattgemeinschaft verpflichtet).
Erhaltung: Im Randbereich links und rechts repariert, nachdem
die Scheibe offenbar zeitweilig in einer zu schmalen Lanzette
eingesetzt war. Gesamte Scheibe außen wohl leicht beschnitten,
da der in den unmittelbaren Vergleichsbeispielen auftretende
Rahmenspiegel fehlt. Blei 19. Jh., partiell nachgelötet. Leichter
Lochfraß im geätzten Wappenschild.
Ikonographie, Komposition: Allianzwappen des Johann Monis
mit seiner Frau Adelheid von Fochen. In dem im letzten Krieg
vernichteten Epitaphienbuch Maximilians zum Jungen sind vier

11 Zu dem heute in der Mährischen Galerie Brünn verwahrten Zyklus
vgl. Frantisek Matous, Mittelalterliche Glasmalerei in der Tschechos-
lowakei (CVMA Tschechoslowakei), Wien/Köln/Graz 1975, S. 21-25.
12 Die bei Beeh-Lustenberger, 1965, S. 79f-, angeführten späteren Ver-
gleichsbeispiele zeigen in Figurenstil und Gewandmodellierung andere
Merkmale. Zu den erwähnten Stichen vgl. Lehrs, 1908-1934, bes. Taf. 6
sowie Taf. 39, Abb. 101.
13 Zur Kreuzigungstafel vgl. Prinz, 1957, S. 24h
 
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