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Hess, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet: Hessen und Rheinhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,2: Berlin: Dt. Verl. für Kunstwiss., 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52864#0332

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VERLORENE ODER VERSCHOLLENE GLASMALEREIEN

Dehio-Gall, 1950, S. 266 (folgt dennoch Heubach); Schenk
von Schweinsberg, 1957, S. 15 (ebenfalls nach Heubach);
Hellmuth Gensicke, Kirchspiel und Gericht Breithardt, in:
NA 80, 1969, S. 267 (verweist auf Jungjohann und setzt die ver-
schollenen Glasgemälde in die Spätgotik); Kurt Köster, Kunst-
geschichtliches aus Breithardt, in: Der Untertaunus, Heimat-Jb.
Untertaunuskreis 4, 1953, S. 76-80 (Auswertung der Archivalien
zur ehemaligen Verglasung).
Über die spätgotische Verglasung der 1341 erstmals erwähnten,
um 1451 erneuerten Kirche geben eine um 1835 entstandene
Fensterskizze und ein kommentiertes Erhaltungsschema des
Pfarrers Luja von Dotzheim relativ detailliert Auskunft5. Dem-
nach waren von der ursprünglich 34 Scheiben umfassenden
Chorverglasung nurmehr dreizehn Felder sowie Reste der Maß-
werkverglasung erhalten. Das Chorachsenfenster zeigte auf den
drei erhaltenen Feldern der linken Fensterbahn eine gekrönte
Maria, die ihrem Kind einen Apfel reicht, darüber eine Kreu-
zigung mit Maria und Johannes unter einer Architekturbe-
krönung. Das bis auf zwei Felder vollständig erhaltene Fenster
süd II bewahrte in der vierten Zeile unter einer Architekturbe-
krönung eine sich über zwei Felder erstreckende Anbetung der
Könige, wobei das linke Feld Maria und Kind mit einem knien-
den König, das rechte zwei stehende Könige zeigte. In der drit-
ten Zeile erblickte Luja eine männliche Gestalt mit grünen Stie-
feln und einem Schwert in der Hand (Ritterheiliger?) und
daneben eine gekrönte Figur mit Palmzweig und einer »wunder-
schönen, wie lebendigen Grasblume« in der Rechten (wohl die
Hl. Dorothea). Die beiden übrigen Felder der linken Fenster-
bahn zeigten offensichtlich die Hl. Katharina und die Manteltei-
lung des Hl. Martin6. In Chorfenster nord II waren offenbar
nurmehr Maßwerkreste erhalten, während das einbahnige Fen-
ster süd III in den beiden oberen Feldern Maria und eine Heili-
genfigur zeigte7. Aus Lujas Kommentar geht ferner hervor, daß
die obersten Zeilen der Fenster I und süd II »gothische Thurm-
spitzen mit Knospen auf Purpurgrund schwarz und braun
gemalt« und die Maßwerke aller Fenster »fingiertes Laubwerk«
enthielten. Dies läßt sich an Hand der Skizze von 1835 weitge-
hend bestätigen; in den Kopfscheiben erblickt man Blüten und
Blattwerk, wie sie in ähnlicher Form auch in den Kopfscheiben
des Chorachsenfensters der Marienkirche zu Friedberg auftre-
ten. In der Skizze sind rote, weiße und blaue Farbgläser ver-
zeichnet.
Nachdem sich Pfarrer Luja im November 1830 für die Breit-
hardter Glasgemälde begeistert hatte, versuchte er diese für den
Verein für nassauische Altertumskunde und Geschichtsfor-
schung in Wiesbaden zu erwerben. Die Verhandlungen zogen
sich aber über mehr als fünf Jahre hin, bis der Verein den
zwischenzeitlich weiter dezimierten Restbestand im Frühjahr
1836 ausbauen lassen konnte (Reg. Nr. 1-5, 65). Mit der Nach-
richt, daß die Restaurierung der Glasgemälde auf Grund man-
gelnder Fachkräfte auf spätere Zeit verschoben werden mußte,
verliert sich ihre Spur; nach Lotz waren sie im Wiesbadener
Museum bereits 1880 nicht mehr nachweisbar. Rund drei Jahr-
zehnte später legte Heubach eine falsche Fährte, indem er die
beiden in Wiesbaden bewahrten Felder eines stauferzeitlichen
Vita-Christi-Zyklus mit Breithardt in Verbindung brachte. Trotz
der Berichtigung durch Jungjohann, der erstmals auf die Skiz-
zen von 1835 hingewiesen hatte, geisterte Heubachs These noch

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lange durch die Literatur; sie ist auf der Grundlage der archiva-
lischen Überlieferung jedoch endgültig zurückzuweisen. Die
Chorverglasung der Breithardter Pfarrkirche stammt mit größter
Wahrscheinlichkeit aus dem 15. Jahrhundert. Ob sie im Rahmen
der Kirchenerneuerung bereits 1451 oder erst rund 40 Jahre spä-
ter im Zusammenhang mit der Stiftung des Wandtabernakels von
1490 und der Einrichtung einer Grablege im Chor der Kirche
durch den mainzischen Domscholaster Adolf von Breithardt
entstanden ist, wird sich erst nach Wiederauffindung der Schei-
ben klären lassen.
EHEMALS BÜDINGEN, RATHAUS
Bibliographie: Wagner, 1890, S. 85 (erwähnt in zwei Räumen
des Rathauses vier Wappenscheiben des ausgehenden 15. Jahr-
hunderts).
Die von Wagner aufgeführten, jedoch leider nicht abgebildeten
Rundscheiben mit einem Durchmesser von 26 cm zeigten das
ysenburgische und das städtische Wappen sowie die Wappen
Ysenburg und Wertheim. Wagner vermutete in diesen damals
im Ratsstübchen und einem Saalfenster befindlichen Scheiben
den Rest einer Ahnenreihe Diethers I. (f 1461) oder seines Soh-
nes Ludwigs II. von Ysenburg-Büdingen (1422-1511). Ferner
machte er auf stilistische Zusammenhänge mit den noch heute in
der Schloßkapelle befindlichen, etwas größeren Wappenscheiben
aufmerksam. Sollte die Ahnenreihe noch im 15. Jh., etwa im
Rahmen der Erneuerung und Aufführung der vorderen Rathaus-
hälfte in Stein um 1480/90 entstanden sein, käme als Stifter Graf
Ludwig II. in Frage8. Neben seiner Urgroßmutter Sophie von
Wertheim (f 1389) führte auch seine Schwester Agnes (zuletzt
erwähnt 1484) das Wertheimer Wappen, nachdem sie vor

1 Das lateinische Testament findet sich im Wortlaut bei M. Foltz, Ur-
kundenbuch der Stadt Friedberg I, Marburg 1904, S. 246-249, Nr. 542.
2 Vgl. dazu Otto Gärtner, Kloster Arnsburg in der Wetterau. Seine
Geschichte - seine Bauten, Königstein im Taunus 1989, S. 42-46.
3 Vgl. Zaun, Rheingau, 1879, S. 305.
4 Zu weiteren Informationen zu den Genannten vgl. Monsees, 1997,
S. 313.
5 Die Fensterskizze befindet sich in einem Konvolut von fünf im August
1835 angefertigten Zeichnungen (Wiesbaden, HStA 1163/809), die außer-
dem die Breithardter Kirche in Grundriß und Außenansicht zeigen
sowie das 1490 von Adolf von Breithardt gestiftete Wandtabernakel und
das Taufbecken von 1519. Zum 1830 entstandenen und 1834 aktualisier-
ten Erhaltungsschema des Pfarrers Luja vgl. Kurt Köster (s. Bibi.),
1953, S. 78, leider ohne Quellennachweis.
6 Die in der Skizze von 1835 als Katharina überlieferte Figur beschrieb
Luja als männliche Gestalt mit Rad und vermutete darin den mainzischen
Erzbischof Willigis.
7 Luja beschrieb letztere als männliche Figur mit einem Kreuz in der
Rechten und einem »angebundenen Tier (Lamm oder Hund)« in der
Linken. Im Hinblick auf die nicht immer präzise Unterscheidung von
männlichen und weiblichen Heiligen bei Luja (s. Anm. 6), darf hier eine
Hl. Margareta vermutet werden. Auch bei der von Luja überlieferten
Marienfigur sind Zweifel angebracht, da die Skizze von 1835 eine Heili-
gengestalt mit Märtyrerpalme zu zeigen scheint.
8 Zur Baugeschichte vgl. Wagner, 1890, bes. S. 83E
 
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