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Hess, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet: Hessen und Rheinhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,2: Berlin: Dt. Verl. für Kunstwiss., 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52864#0356

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dem theureren, farbigen Glas aus dem Grund unnöthig, weil bei
dereinstiger gründlicher 'Wiederherstellung dieser Fenster - in
ihren urspünglichen Zustand - eine Bemalung der einzelnen
Scheiben erforderlich ist, wobei die farbigen Scheiben doch nicht
zur Verwendung kommen können. Außerdem wurden die Aus-
besserungen der letzten Zeit vielfach mit weißem, oder zu dem
vorhandenen nicht passenden Glas ausgeführt, so daß die Har-
monie der Farben schon jetzt sehr bedeutend gestört ist. Es dürfte
sich daher empfehlen, diese Mehrauslage von farbigem zu wei-
ßem Glas zu sparen u. das auf 625 Mark lautende Offert anzu-
nehmen.
Die am Rand des Offerts beigesetzten Kreise beziehen sich auf
die Berechnung der einzelnen Arbeiten, z.B. 141 Bleifelder ä 1
Mark 70 Schilling, 800 Stück Glastheile ä 30 Schilling etc. ...
Darmstadt, ZEK, Pfarrarchiv Friedberg, I, 15, Nr. 3.
45 Frankfurt 1889 Sept 3
Nachdem in Friedberg die Planung offenbar ins Stocken geraten
war, tritt nun Alexander Linnemann im Gründungsjahr seines
Glasmalereibetriebs mit völlig neuen Vorschlägen auf den Plan
und schreibt Dekan Meyer in Friedberg, indem er die Anfrage
vom 26. Juli bezüglich der Reparatur der Chorfenster beantwor-
tet und folgende Einwände gegen die bisherige Planung vor-
bringt:
... Der Zustand der Glasmalereien ist ein so verwahrloster, daß
irgendetwas zu ihrer Erhaltung unter allen Umständen gesche-
hen muß. Das Gutachten über den baulichen Zustand der Stadt-
kirche zu Friedberg vom n. Mai 1889 ... macht mit Recht darauf
aufmerksam, daß der Gefahr (der Zerstörung durch Sturm) ohne
weiteren Verzug durch sorgfältiges Herausnehmen und sichere
Aufbewahrung bis zur nothwendigen Wiederherstellung der
Fenster vorgebeugt werden müsse.
Wenn man aber diesen Passus sich aber so ausgelegt hat, als ob
man die Fenster jetzt einpacken und sie solange verwahren solle,
bis seiner Zeit einmal die Frage der baulichen Restauration gelöst
resp. der Neubau des Chores hergestellt sein werde, so kann ich
nicht verhehlen, daß dagegen sehr starke Gründe sprechen.
Das Herausnehmen müßte in Verbindung mit der Aufnahme
geschehen, mit äußerster Sorgfalt und genauer Bezeichnung und
Nummerierung im Äußeren der Kisten ..., sowie gleichlautend
auf den Glasfeldern selbst und auf den Aufnahmen. Damit
würde immerhin schon ein gewisser Kostenaufwand verbunden
sein, zu welchem die Kosten für die Notverglasung noch hinzu-
treten, ohne daß man für diese Ausgaben irgendein Äquivalent
erhielte. ...
Das mindeste wäre die Herausnahme, Notverbleiung des Cho-
res, Aufnahmen der Fenster, Neuverbleiung und baldigste
Wiedereinsetzung. - Nach dem Voranschläge würden diese
Arbeiten einen Kostenaufwand von 4336 Mark verursachen. Es
ist nun wichtig, darauf zu achten, daß dieser Betrag mehr als der
dritte Teil desjenigen ausmacht, welchen eine vollkommene tech-
nische und künstlerische Restauration beanspruchen würde...., in
dem Falle, daß die Restauration sofort vorgenommen wird. ...
Eine Geraderichtung der verbogenen Maßwerkspfosten kann
damit verbunden werden, ist aber durchaus keine Notwendig-
keit, sondern wird lediglich von den anderen etwa in Betracht
kommenden, baulichen Gründen abhängig bleiben ...
Der Preis ist so billig gestellt als nur immer möglich und es ist
dringend davon abzurathen diese schwierige und diskrete

Arbeit einem Minderbietenden anzuvertrauen, das Resultat der
vollendeten Restauration muß das sein, daß auch der feinste
Kenner nicht unterscheiden kann, was an den Gemälden alt und
was neu ist. Dieses Resultat darf aber nicht auf die Weise zu
erreichen versucht werden, wie es fast ausnahmslos (ich verweise
beispielsweise auf Marburg) geschieht, dadurch daß man das alte
dem Hinzugefügten mehr oder weniger accommodiert (putzt!),
sondern es muß unumstößliches Gesetz sein, daß das Alte unver-
letzt in den zu ergänzenden Flügeln erhalten bleibe. Bei der
Notverglasung wären durch Anwendung des neuen englischen
Ersatzmaterials für Glas und Glasdeckung noch etwa 120 Mark
zu sparen. ...
Darmstadt, ZEK, Pfarrarchiv Friedberg, I, 16.
46 Friedberg 1889 Sept 4
Auf Bitte des Kirchenvorstands erstellt Stadtbaumeister Zörb ein
Gutachten über den Vorschlag Linnemanns.
Die Vorschläge, sowie die Beurteilung, welche Herr Architekt
Linnemann in seinem Schreiben vom 3. Sept, dieses Jahres
bezügl. der Chorfenster kundgibt, erscheinen im Allgemeinen
zutreffend, aber die Ausführung wird mit Rücksicht auf den
hohen Kostenpunkt auf Schwierigkeiten stoßen.
Die einfachste Herstellung, welche Herr Linnemann vorschlägt,
ist die unter Fit. II beschriebene Notverbleiung. Diese Notver-
bleiung stellt sich pro Fenster auf 1312 Mark, somit für drei Fen-
ster auf 3 x 1312 = 4336 Mark.
Eine derartige Herstellung bezweckt nur die einfache Befesti-
gung der Felder durch neue Bleifassung in der gegenwärtigen
Form unter Zusatz von fehlenden, den Farben einigermaßen
angepaßten Glasteilchen.
Insolange der Umbau des Chores noch nicht als defintiv ange-
nommen und deshalb die Zeit des Umbaues nicht festgestellt
werden kann, die Fenster aber unter allen Umständen eine sofor-
tige Ausbesserung und Befestigung erfahren müssen, glaube ich
von einer so großen Ausgabe abrathen, und die Herstellung wie
sie von I. A. Schuler, Mainz, in den Anschlag unter pos. b vorge-
sehen ist, empfehlen zu sollen. ...
Darmstadt, ZEK, Pfarrarchiv Friedberg, I, 15, Nr. 5.
47 Friedberg 1889 Okt 24
Trotz des ablehnenden Gutachtens des Stadtbaumeisters war es
Linnemann offenbar gelungen, den Kirchenvorstand für seine
Vorschläge zu gewinnen. Der Kirchenvorstand beschließt, Lin-
nemann den Auftrag zur Restaurierung der Chorfenster zu
erteilen; Auszug aus dem Protokollbuch des Kirchenvor-
stands:
Da der in Aussicht genommene Neubau des Chores an der Stadt-
kirche aus Mangel an den dazu erforderlichen Mitteln in den
nächsten Jahren voraussichtlich nicht in Angriff genommen wer-
den kann und da die Fenster desselben in dem gegenwärtigen
Zustande ohne Gefahr ihres gänzlichen Zerfalls nicht länger blei-
ben können, so beschließt der Kirchenvorstand auf Grund des
Gutachtens des Herrn Architekten Linnemann in Frankfurt a/M:
1. daß a. zunächst das mittlere Fenster im Chor hergestellt und
die beiden weiteren Fenster, soweit es nothwendig ist, befestigt
werden, b. die Fenster in der Sakristei neugemacht und im Schiffe
der Kirche ausgebessert werden.
2. die Arbeiten in den Fenstern im Chor sollen Herrn Architekten
Linnemann zu 4242 Mark übertragen und die Herstellung der
 
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