gerade die Manner des ProtestanLenvereins ihre schweren Bedenken der
Reichskirche gegenüber, obwohl sie das Ideal der deutschen Kircheneinheit
mit Freude begrüßen. Wenn ich parteimaßig dächte, hätte ich gewiß nichts
von Reichskirche geschrieben. Heinrich Weinel
(Schluß folgt)
Vom deutschtyrannisierten österreichischenVölkergefängnis
^^-^.errier, der Professor der skandinavischen Sprachen und Literatur
Han der Sorbonne in Paris, hielt bekanntlich vor kurzem Vorträge
in Norwegen, „um der Sache Frankreichs das Wort zu reden".
Den Wortlaut eines dieser Vorträge hat Naumanns „tzilfe^ in der zweiten
Septembernummer veröffentlicht. Naumann antwortet in demselben tzefte
ausführlich, aber nicht erschöpfend. Wohl wehrt er die Angriffe gegen
Deutschland ab, stellt die Förderung aller das Dasein Osterreich-Ungarns
bedrohenden irredentistischen Agitationen durch das Ausland fest, den
schwersten Vorwurf gegen die Regierungen der Donaumonarchie und gegen
die Deutschen Osterreichs läßt er aber unwidersprochen. Der lautet: „Die
Deutschen unterdrücken in Osterreich 7 000 000 Tschechen, ^000 000 Polen,
fast ^000 000 Ruthenen, 5 000 000 Kroaten und Serben und (500 000
Slovenen. Summa summarum: 25 000 000 Slaven/ Und gerade dieser
Satz ist ein Musterbeispiel für die seltsame Mischung von Unwissenheit,
Oberflächlichkeit und Tendenz, aus welcher die meisten ausländischen Ilr-
Leile über unsern Staat zusammengebraut sind.
Zunächst: Verrier steckt Osterreich und Ungarn in einen Sack — denn
von den 5 000 000 Kroaten und Serben (die übrigens nicht nur keine
Volkseinheit bilden, sondern sogar einander heftig befehden) ent-
fallen nur 700 000 auf Osterreich, dagegen 2 730 000 auf die Länder der
ungarischen Krone. Der Rest siedelt im gemeinsamen Reichslande Bos-
nien und tzerzegowina.
Da nun in Ungarn die Magyaren die vorherrschende Nation sind,
so sind von den 25 000 000 von den Deutschen „unterdrückten" Slawen
2 730 000 Kroaten und Serben abzuziehen. Verriers Gerechtigkeit endet
dort, wo das politische Interesse der Entente beginnt — an der Grenze
Angarns. Gibt man sich ja doch der eitlen tzoffnung hin, die Ungarn vom
Vierbunde absprengen zu können! Der französische Gelehrte verschweigt
daher den Anteil Ungarns an dieser „Unterdrückung", wie er auch seinen
Zuhörern nichts von den 2 000 000 ungarischen Slowaken zu erzählen weiß.
Er verschweigt auch die Tatsache, daß die fünf Millionen Kroaten und
Serben in den Landtagen Kroatiens, Dalmatiens und Bosniens allein-
herrschend sind, während sie im Landtage Istriens nicht mit den Deutschen,
sondern mit den Italienern in Heftigem Kampfe stehen.
Aber auch der nationale Kampf der Slovenen wendet sich keines-
wegs nur gegen die Deutschen, er wird mindestens ebenso nachdrücklich
gegen die Italiener in Görz, Gradiska und Triest geführt. Den Land-
tag von Krain beherrschen die Slovenen unbeschränkt, im Görzer Land-
Lage ringen sie mit den Italienern.
Ebenso seltsam klingt die Legende von der Unterdrückung der Poken
und Ruthenen durch die Deutschen, die im galizischen Landtage überhaupt
nicht vertreten sind. Leider haben also die Deutschen keinen Einfluß auf
die Verwaltung des Kronlandes Galizien. Dieses Land hat sogar eine
Reichskirche gegenüber, obwohl sie das Ideal der deutschen Kircheneinheit
mit Freude begrüßen. Wenn ich parteimaßig dächte, hätte ich gewiß nichts
von Reichskirche geschrieben. Heinrich Weinel
(Schluß folgt)
Vom deutschtyrannisierten österreichischenVölkergefängnis
^^-^.errier, der Professor der skandinavischen Sprachen und Literatur
Han der Sorbonne in Paris, hielt bekanntlich vor kurzem Vorträge
in Norwegen, „um der Sache Frankreichs das Wort zu reden".
Den Wortlaut eines dieser Vorträge hat Naumanns „tzilfe^ in der zweiten
Septembernummer veröffentlicht. Naumann antwortet in demselben tzefte
ausführlich, aber nicht erschöpfend. Wohl wehrt er die Angriffe gegen
Deutschland ab, stellt die Förderung aller das Dasein Osterreich-Ungarns
bedrohenden irredentistischen Agitationen durch das Ausland fest, den
schwersten Vorwurf gegen die Regierungen der Donaumonarchie und gegen
die Deutschen Osterreichs läßt er aber unwidersprochen. Der lautet: „Die
Deutschen unterdrücken in Osterreich 7 000 000 Tschechen, ^000 000 Polen,
fast ^000 000 Ruthenen, 5 000 000 Kroaten und Serben und (500 000
Slovenen. Summa summarum: 25 000 000 Slaven/ Und gerade dieser
Satz ist ein Musterbeispiel für die seltsame Mischung von Unwissenheit,
Oberflächlichkeit und Tendenz, aus welcher die meisten ausländischen Ilr-
Leile über unsern Staat zusammengebraut sind.
Zunächst: Verrier steckt Osterreich und Ungarn in einen Sack — denn
von den 5 000 000 Kroaten und Serben (die übrigens nicht nur keine
Volkseinheit bilden, sondern sogar einander heftig befehden) ent-
fallen nur 700 000 auf Osterreich, dagegen 2 730 000 auf die Länder der
ungarischen Krone. Der Rest siedelt im gemeinsamen Reichslande Bos-
nien und tzerzegowina.
Da nun in Ungarn die Magyaren die vorherrschende Nation sind,
so sind von den 25 000 000 von den Deutschen „unterdrückten" Slawen
2 730 000 Kroaten und Serben abzuziehen. Verriers Gerechtigkeit endet
dort, wo das politische Interesse der Entente beginnt — an der Grenze
Angarns. Gibt man sich ja doch der eitlen tzoffnung hin, die Ungarn vom
Vierbunde absprengen zu können! Der französische Gelehrte verschweigt
daher den Anteil Ungarns an dieser „Unterdrückung", wie er auch seinen
Zuhörern nichts von den 2 000 000 ungarischen Slowaken zu erzählen weiß.
Er verschweigt auch die Tatsache, daß die fünf Millionen Kroaten und
Serben in den Landtagen Kroatiens, Dalmatiens und Bosniens allein-
herrschend sind, während sie im Landtage Istriens nicht mit den Deutschen,
sondern mit den Italienern in Heftigem Kampfe stehen.
Aber auch der nationale Kampf der Slovenen wendet sich keines-
wegs nur gegen die Deutschen, er wird mindestens ebenso nachdrücklich
gegen die Italiener in Görz, Gradiska und Triest geführt. Den Land-
tag von Krain beherrschen die Slovenen unbeschränkt, im Görzer Land-
Lage ringen sie mit den Italienern.
Ebenso seltsam klingt die Legende von der Unterdrückung der Poken
und Ruthenen durch die Deutschen, die im galizischen Landtage überhaupt
nicht vertreten sind. Leider haben also die Deutschen keinen Einfluß auf
die Verwaltung des Kronlandes Galizien. Dieses Land hat sogar eine