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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 3.1886

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Heinrich Suso, [3]: ein Originalbild dieses großen schwäbischen Mystikers
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Roth, Rudolf: Die St. Martinskirche und Pfarrstelle in Leutkirch, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20205#0063

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58

und Antwort geben, was er gesehen und berührt habe. Ge-
sagte es ohne ein Urteil darüber abzngeben, ob es von Gott
oder den Menschen gekommen. Die Kunde von dem Ereignis
drang in die Ferne, und es wurde die Lüge verbreitet, der Bruder
hätte sich selbst in den Finger gestochen und hätte das Blut
auf das Kruzifix gestrichen, damit man meinen sollte, das Bild
blute von selbst und er hätte einen Zulauf da bewirkt seines
Geizes wegen, um der leichtgläubigen Welt das Geld abzu-
nehmen. So kam er auch in andern Städten in Verruf.
Zu einer Zeit fuhr er abwärts in die Niederlande zu einem
Kapitel seines Ordens. Zwei Vornehme die später eines jähen
Todes starben, waren auch zum Kapitel gekommen und diese
brachten es dahin, daß der Diener Gottes unter der Anklage vor
Gericht gestellt wurde, er mache Bücher, die falsche Lehren enthalten
und den Gestank der Ketzerei weit um im Land verbreiten.
Hierum ward er übel behandelt mit scharfer Rede und ward
ihm gedrohet, man wolle ihm großes Leiden anthuu, wiewohl
ihn Gott und die Welt darin unschuldig wußte.
Als er auf dem Heimwege in sein Kloster war, da über-
fiel ihn eine äußerst schmerzliche Krankheit. In einem fremden
Konvent mußte er im heftigsten Fieber zu Bette liegen und
die Schmerzen eines äußerst gefährlichen Geschwürs, das sich
inwendig nahe bei dem Herzen gebildet hatte, allsstehen. Die
Krankheit brachte ihn dem Tode nahe. Die ewige Weisheit
schonte aber sein Leben, um es mit neuen Leiden zu bereichern.
Suso hatte eine leibliche Schwester, die in das Kloster
St. Peter zu Konstanz eingetreten war. Als einmal der
fromme Diener von seinem Kloster abwesend war, da geschah
es, daß diese seine Schwester, obwohl im Kloster, ein freies
Leben führte, in schlechte Gesellschaft geriet, in Sünde und
Schande kam, dem Kloster entlief und sich au einem Orte
verbarg. Als er wieder in sein Kloster zurückkehrte, sagte
ihm jemand, was mit seiner Schwester vorgegaugeu sei, da
ersteinte er vor Leid und es erstarb ihm sein Herz, daß er-
ging wie ein sinnloser Mensch. Er fragte wo sie wäre, ober-
es konnte ihn: niemand ihren Aufenthalt sagen. Als die
Brüder in dem Chore standen und er auch dahin kam, da
war ihm alle Farbe entwichen und war ihm, wie wann ihm
alle seine Haare zu Berge gingen. Er getraute sich nicht zu
jemand zu gehen, denn jedermann schämte sich seiner und die
zuvor seine Freunde waren, die kehrten ihr Allgesicht unwillig
von ihm und flohen ihn.
Er fragte um und um bis er an einen Ort gewiesen
wurde, da ging er hin. Es war im Winter und kalt. Da
er über einen angeschwollenen Bach springen sollte, fiel er
vor Kraftlosigkeit in den Bach. Sobald er konnte, stand er
auf und war seiner inneren Not so viel, daß er der äußeren
wenig achtete. Da er nun weiter zog, ward ihm in einem
kleinen Häuslein der Aufenthalt seiner Schwester gezeigt. Er-
ging hiilein und fand sie da. Da er sie anblickte, siel er
llieder auf die Bank, wo sie saß lind es schwanden ihm zweimal
die Sinne. Als er dann wieder zu sich selber kam, hob er
an jämmerlich zu schreien und zu klagen und zu weinen und
die Hände ob dem Haupte znsammenzuschlagen und sprach:
o weh mein Gott, wie hast du mich verlassen und vergingen
ihm die Angen und stand ihm der Mund und die Hände er-
starrten und lag er also hingeschieden in der Ohnmacht eine
Weile. Als er dann wieder zu sich kam, nahm er seine
Schwester beim Arm und sprach: o weh meine Schwester, was
Hab ich an dir erlebt, dann sank er wieder nieder und ver-
gingen ihm die Sinne. Da stand seine Schwester ans und
fiel ihm zu Füßen, mit großen bitterlicheil Zähren und sprach
kläglich zu ihm: ach mein Herr lind Vater, wie ein kläglicher

Tag das war, der mich in die Welt brachte, da ich Gott ver-
loren und euch so großes Leiden bereitet habe, darum Weh
und Scham lind Seufzen meinem elenden Herzen immer uiE
immer. Und der Bruder, als er die tiefe Rene der Schwestes
über ihre schwere Schuld sah und die rührenden Bitten, ^
möge ihr doch verzeihen hörte, sprach: o weh mein Kind,
o einzige Freude meines Herzens und meiner Seele von meinen
kindlichen Tagen an, an dem ich wähnte Freude lind Trost
erleben, komm her und laß mich dich drücken an das HeP
deines Bruders. Laß mich das Antlitz meiner lieben Schwefle
begießen mit den bitteren Zähren meiner Augen. Laß wich
ob meinem toten Kinde mich erschreien lind erweinen. O wein
Kind komm her zu mir; seit ich nnn mein Kind gesundest
habe, will ich mit Klageil und Weinen Massen und will du
gerne vergeben das unmäßige Leid und Leiden, das ich von
dir gehabt habe und bis an mein Ende haben muß und ww
dir deine Missethat kräftiglich büßen und bessern Helsen gegast
Gott und gegen die Welt. Alle die Zeugen dieses Auftritt--'
waren, konnten sich der Thränen nicht enthalten. Hernach, bn
er mit unsäglicher Scham und großer Müh lind Arbeit da§
verlorene Schäflein dem milden Gott wieder zngeführt hatte,
da fügte es Gott, daß seine Schwester wieder in ein Klossts
kam. Und dort ward ihr Ernst so groß gegen Gott und ilst
heiliger Wandel so bestätigt in Tugenden bis an ihren Tod,
daß der Bruder vor Gott und der Welt an ihr wohl ergosst
ward alles Leides und Leidens, das er je gehabt hatte.
(Fortsetzung folgt.)

Die Sk. Markirrskirche und Pfarrstelle in
Ueutkirch.
Mitgcteilt von Nud. Roth, senior.
(Fortsetzung.)
Die städtischen Kollegien zeigten dem Abte an, daß stch
da Seine Gnaden die überreichte Bitte um Belastung der
Pfarrkirche und Einräumung von Pfründen abgeschlagen halst/
sich all die Religionsstände gewendet haben, deren Zuschrist
sie mit erneuter Bitte durch eigenen Boten hier einsenden nP
durch denselben eine zuversichtliche Antwort erwarten. — 2tst
27. August richteten die städtischen Kollegien ein weiters-
Schreiben an den Herzog Christoph mit der Anzeige, daß st^
die Schriftstücke dem Abt Gerwikh eingeschickt, aber keine LlM
wort erhalten, aber erfahren hätten, daß der Herr Prälat Z"
der kaiserlichen Majestät geritten wäre und sie in neuen SM
gen seien.
Von den katholischen Kreisständen war bereits am Ist-
August an die streitenden Parteien eine erklärende Denkschstll
abgegangen, worin sie hervorhoben, daß die Beschwerdeschvst
bereits an Seine Majestät den Kaiser gelangt und ihnen, den
Fürsten und Ständen der alten katholischen Konfession und den
abwesenden Räten und Gesandten zugckommen wäre. Allein
solche Beschwerden, welche nicht bloß den Religionsfrieden,
sondern auch Gerechtsame nnd gewisse Rechte betreffen, gE "'"'"
nicht vor den Reichstag, sondern vor das Kammergericht,
solcher Prozeß erfordere, bis eine richtige Erörterung nnd
gegeben werden könnte, viele Zeit, vielleicht ein ganzes Zahr
Die Stände könnten sich aber wegen ihrer Angehörigen n>E
Unterthanen nicht so lange beisammen halten. Gerne wollten
die katholischen Stände bei allem, was auf rechtlichem Wege
nicht so schleunig erreicht werden könne, durch einen Partikular
Vertrag zu einem gütlichen, friedlichen Vergleich Mitwirken?
allein es müßte einem jeden der beiden streitenden Stände bei

Ein
Urteil
 
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