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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 3.1886

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Heinrich Suso, [1]: ein Originalbild dieses großen schwäbischen Mystikers
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Brinzinger, Adolf: Geschichtliche Notizen über einige im Umfang des jetzigen Landkapitels Stuttgart gelegene Pfarreien, Kirchen und Klöster, [14]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20205#0047

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42

Bußgürtel, Fasten, Wachen und Gebet errang er einen voll-
ständigen Sieg über die heftigen und peinlichen Versuchungen des
Satans und des Fleisches, in denen er öfters voll Gott ge-
tröstet wurde durch Verzückungen voll himmlischer Süßigkeit,
und hatte dann keinen andern Wunsch mehr, als mit Gott durch
die ganze und volle Hingabe seiner liebenden Seele vereinigt
zu werden und vereinigt zu bleiben.
Seiner Znkehr zu Gott gingen heftige Anfechtungen
voraus. Er hörte zu sich sagen: es mag gut sein, du sollst
dich bessern, aber du sollst nicht so gar Ernst machen,
fang es nicht so streng an, daß du es mögest vollbringen,
du sollst essen und trinken und dir gütlich thun und sollst
dich dabei vor Sünden hüten; sei wie gut du willst in dir
selbst. Ist das Herz so gut, so ist alles gut; du magst mit
den Leuten wohl fröhlich sein und doch gut sein; andere Men-
schen wollen auch in den Himmel kommen, die doch nicht ein
so übendes Leben haben. Damit wurde ihm der Zweiherren-
dienst angeraten, Gott zu lieben und es mit der Welt nicht
zu verderben. Er aber sprach: Herr ziehe an dich, das mir
gefolgt hat von meiner Mutterleib, das milde Herz, das ich
gehabt habe alle meine Tage. Und Gott zog das milde Herz
ans. Suso aber hatte im ganzen Kloster keinen Freund, der
ihn verstand und in derselben Weise Gott suchte als ihm ge-
rufen war. Das minnereiche Herz, das Gott dem jungen Re-
ligiösen gegeben hatte, bildete er in lieblichem Verkehr mit der
ewigen Weisheit und durch ein Leben voll der schwersten Opfer
und Entsagungen zu immer höherer Weihe und fruchtbringender
Wirksamkeit ans. Seine geistige Umwandlung wurde durch
eine Entrückung seiner Seele vermittelt. Als er einstmals am
Feste der hl. Agnes allein stand im niederen Gestühle des
rechten Chores der Dominikanerkirche zu Konstanz und nie-
mand bei ihm noch um ihn war, da ward seine Seele ent-
zückt, und er sah und hörte, was allen Zungen unaussprechlich
ist. Ist das nicht Himmelreich, rief er, so weiß ich nicht,
was Himmelreich ist, denn all das Leiden, dessen man mag
gewärtig sein, kann die Freude billig nicht verdienen, dem der
sie ewig soll besitzen. Die Entrückung seiner Seele dauerte
wohl eine Stunde und als er wieder zu sich selber kam, da
ward ihm in aller Weise wie einem Menschen, der von einer-
andern Welt gekommen ist. An seinem Äußern nahm niemand
etwas Sonderbares wahr, allein seine Seele und sein Gemüt
waren voll himmlischer Bewunderung. Die Richtung nach
oben und nach innen, die ihm hievon ward, dnrchdrang sein
ganzes Wesen und gab ihm eine mächtige Sehnsucht und Be-
gierde nach Gott, welche die weitere Entwicklung seines Lebens
für immer entschied. In überirdischer Stimmung schwebte
fortan seine Seele, und sie verlieh seinem ganzen Leben eine
höhere Richtung. Wenn er Loblieder singen oder süßes Saiten-
spiel erklingen hörte, wenn er von zeitlicher Liebe hörte klagen
und sagen, so war ihm sein Herz und Gemüt alsbald hinge-
wendet zu seinem allerliebsten Lieb, der ewigen Weisheit, von
der alle wahre Liebe fließt. Eines Tages, da er in seiner
Zelle der Betrachtung oblag und sein Herz in göttlicher Liebe
entbrannte, sprach er: ach zarter Gott, könnte ich doch ein
Zeichen erdenken, das ein ewig Zeichen der Liebe wäre zwischen
mir und dir, ein bleibend Denkmal, daß ich dein und dn
meines Herzens einziges Lieb bist. In diesem inbrünstigen
Ernst warf er vorn sein Skapulier ans und ließ seinen Busen
offen und nahm einen eisernen Griffel in die Hand und sah
sein Herz an und sprach: Ach gewaltiger Gott gieb mir heute
Kraft und Macht zu vollbringen meine Begierde, denn dn
mußt heute in den Grund meines Herzens geschmelzet werden.
Und er fing an und stach da mit dem Griffel in das Fleisch

ob dem Herzen und stach also hin und her, auf und ab, bw
er den Namen Jesus auf sein Herz gezeichnet hatte. Vo"
den scharfen Stichen floß das Blut stark aus dem Fleisch uw
rann über den Leib ab. Das war ihm so wonnesam anznseheW
daß er des Schmerzens nicht viel achtete. Als nach lange'
Zeit die Wunden heilten, blieb der Name Jesus auf dew
Herzen stehen und er trug ihn auf seinem Herzen bis ">'
seinen Tod. Er trug ihn so heimlich, daß ihn nie ein Mensch
sah. Nur einem seiner Mitbrüder zeigte er ihn unter den'
Versprechen des Stillschweigens.
Alles wußte der fromme Diener Gottes in Bezug
setzen zu seiner mächtigen Sehnsucht und Begierde nach Gvll,
zu seiner flammenden Liebe zur göttlichen Weisheit. Wenn es
seiner Gewohnheit gemäß in sich gekehrt des Morgens nach des
Mette in seiner Kapelle saß, um kurzer Ruhe zu pflegen "w
der Wächter den anbrechenden Tag verkündete, da gingen ih"'
die inneren Angen auf und aus die Knie gesunken grüßte s"
den aufgehenden Morgenstern — Maria die zarte König"'
vom Himmelreiche und meinte, wie die kleinen Vögelein ""
Sommer den lichten Tag begrüßen und ihn fröhlich empfahe",
so müsse auch er in fröhlicher Begierde die Lichtbringerin de--
ewigen Tages grüßen und sprach dann die Worte des Gruße-
mit einem süßen stillen Getön in seiner Seele.
(Fortsetzung folgt.)

Geschichtliche Notizen Lider einige im Umfang
des jetzigen Uandkagitels Stuttgart gelegen^
Pfarreien, Kirchen und Klöster.
Mitgcteilt von Kaplan Brill zing er.
9) Die Pfarrei Hofen am Neckar.
(Fortsetzung.)
Nach unserer geschichtlichen Skizze über die Pfarrei, Kirche
und Kapelle zu Hofen geben wir im folgenden die unsere-
Wissens noch nie veröffentlichte Liste der Pfarrherr"
von Hofen, wie solche seit Gründung der Pfarrei im alte''
bber baptmmalm wahrscheinlich von Pfarrer Neichard 1'M
auf Grund älterer Überlieferungen mit interessanten kurze"
Bemerkungen vom Jahre 1532 an bis 1730 anfgeführt wird)
von da ab bis 1886 folgen wir den Angaben der Pfarrchrouik,
da und dort einige Punkte ergänzend.
3) Die Liste der Pfarrer zu Hofen von Gründung
der Pfarrei bis znr Gegenwart (1532—1886).
1. iVlicbael Duecbler anno IHZ2 karocbua erat'
ciui obiit IO. Na^ 1568, sepultus penes ecclemam.
2. iban1u8 Xorner cke Nunckerbin§en 1555 parocbu^
erat, obiit 5. ^.prit 1596. Xorner p>arocbu8 erat Ltnetw
§arckii Eatbobcorum u1timu8, cum autern xwaeckiet"
civitag in 8aecu1o 15^ acl nova Dutberi cko§mata transiret,
is ob constantiarn 8uam ob ortbockoxam ticiern expulsn^
knit; nt tarnen im, 9m Ltuett§arckii in catbolica ticke eju^
bortatu et exemplo pemeverarnnt, ack mannm e88et, imp>ch
trata a Domino c^uockam cke Gendarmen licentia 3eöll
Ilotae et ab Dpmcopo Eoimtantiermi po3tmockum ?ai'0'
cbialem loci jnrmckictionem obtinuit. Dxtulit ^uocgi^
3ecum Ltuett§arckia ima§inem 18. V. Nariae ibickem ante"
in altari pcmitam, eanckemc^ue ^.Itari ecclemae Ilokensi^
imp>08uit, 9U0 ibickem etiamnum veneratur.-) ^.nno 17Z)
b Bnchlcr scheint der erste definitive Pfarrer gewesen zu sein, vor'(
her pastorierten wohl nur Verweser von Cannstatt aus die Pfarrei
Hofen.
-) Ist noch in Hofens Kirche unter dem Chorbogen.
 
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