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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 12.1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.13559#0039

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die Formensprache der antiken Baukunst auf geometrisch-mathematischer
Grundlage aufgebaut hat, so ist uns doch der eigentliche Rhythmus
ihrer Verhältnisse völlig unbekannt. Aber wäre dieses auch nicht der
Fall, so könnten wir Deutsche doch in demselben nicht schöpferisch
weiter arbeiten, und zwar weniger deshalb, weil das Grundsystem
der griechischen Architektur, die horizontale Steinbalkendecke, nur
eine importirte, weder dem deutschen Klima noch irgend einem
nationalen Bedürfnisse entsprechende Konstruction ist, sondern weit
mehr deshalb, weil eine jede Nation nur in der ihr eigenen,
nationalen Weise künstlerisch schaffen kann, und dieses gilt zu aller-
erst von der Baukunst, in der sich mehr als in irgend einer andern
Kunst der Geist der Nation und Raye ansspricht. Kein deutscher
Musiker kann italienische Musik komponiren, keinem deutschen Dichter

ich, daß ich in der genannten „Zeitschrift für Bauhandwerker" auch die An-
wendung der geometrischen Systeme bei klassischen Entwürfen zeige, bei denen
sie natürlich nur zur Gruppirung der Massen und zur Proportionirung der
Hauptverhältnisse angewandt werden können. Man vergl. die Hefte für Ja-
nuar, Februar und März 1867.

wird es je gelingen, wahrhaft klassische Dichtungen m griechischer
Sprache und antikem Geiste hervorzubringen, und ebenso wenig wird
es jemals ein deutscher Architekt zu Stande bringen, zu den bekann-
ten antiken Ordnungen eine wahrhaft neue in klassischem Geiste hin-
zuzufügen. Daher bebauen die Philhelleuen, mögen sie auch mit
klassischem Pathos dagegen Einsprache erheben, einen sterilen Boden,
aus dem nie ein neuer Schößling hervorsprießen wird. Sie verdam-
men die Welt zu ewiger, sklavischer Nachahmung, die sie nur dadurch
in etwas verhüllen können, daß sie den griechischen Tempel
in seine Einzeltheile zerlegen, um mit ihnen auf dem
Wege der Permutationen und Kombinationen etwas
scheinbar Neues zu schaffen, wie es ihnen schon die Römer und
die Männer der Renaissance vorgemacht haben. Sind alle möglichen
Kombinationen der zuerst noch unverändert gelassenen klassischen Bau-
glieder durchgemacht, womit die bessere Renaissance ihr Ende erreicht,
so müssen, um den nöthigen Fortschritt in der Kunst zu affektiren,
die Glieder selbst zerlegt, von neuem kombinirt und verdorben werden,
womit dann die Morgenröthe des anderen Zopfstyles anbricht.

(Fortsetzung folgt.)

Aunstmsütute und Aunstvereine.

GenojUlensckll^ äer biltlenäen Künstler in Mien.

§a) $eneraCoer|ammfung am 24. November.

elbige wurde von dem Vorsitzenden, Genremaler A. Sch önn,
mit der Vorlesung des Jahresberichtes des leitenden Ausschusses
eröffnet, in welchem der Bericht über die Verhältnisse und die
Leistungen der Genossenschaft, sowie über den Stand der Geld-
mittel derselben während des verflossenen Vereinsjahres abge-
stattet wird. Die Zahl der Mitglieder des Vereins betrug am
Beginn des Vereinsjahres 1865/6 236 Mitglieder, darunter 187 ordentliche
und 26 außerordentliche in Wien selbst ansäßige. Durch den Tod wurden
dem Verein entrissen: Fritz l'Allemand, Jgn. Ferstl, Leop. Mayr,
Friede. Manz und Peter Rosenauer, deren Wirken als Künstler und
wahre Kunstfreunde die Versammlung durch Erhebung von ihren Sitzen ehrte-
Den Austritt meldeten an: 11 ordentliche und 6 außerordentliche Mitglieder,
den Eintritt 8 Künstler, so daß gegenwärtig die Genossenschaft im Ganzen
227 Mitglieder zählt. Trotz der folgenschweren Ereignisse d'es vergangenen
Jahres wurde der Bau des Kllnstlerhauses durch die unermüdliche Thätigkeit
des Obmannes des Baucomits's, Hrn. Fr. Stäche, sowie durch das opfer-
willige Streben der übrigen daran Betheiligten so weit gefordert, daß dessen
Vollendung schon ani Schluffe des künftigen Jahres in Aussicht steht. Die
Beschickung auswärtiger Ausstellungen war von Seiten der Mitglieder in
diesem Jahre eine weit regere und der Erfolg trotz der ungünstigen Zeitver-
hältnisse ein sehr erfreulicher. Von ganz besonderer Bedeutung für die
österreichischen Künstler war die Beschickung der.Delegirtenversammlung in
Cassel durch das thätige Mitglied Hrn. Friedländer, indem dadurch der
Beschluß erzielt wurde, die nächste allgemeine deutsche Kunstausstellung und
die damit verbundene Künstlerversammluug in Wien abzuhalten. Jn> Ver-
folg des Berichts wurde der gleich zu Beginn des Vereiusjahres vorgenom-
menen Ausstellung der vom Professor Rahl gestifteten Bibliothek erwähnt,
welcher die schon früher im Besitz des Vereins befindlichen Werke hinzuge-
fügt seien, sowie der Ergänzung der noch unvollendeten Werke; es wurde jedoch
hinzugefügt, daß sich der Ausschuß vorläufig nicht für berechtigt halte, neue
Erwerbungen zu machen, da er zu diesem Zwecke über keine Geldmittel zu
verfügen habe. — Es folgt nun der Bericht über den Ausweis des der Ge-
nossenschaft am Beginn des Vereiusjahres vorgelegten Voranschlages, welcher
trotz mehrerer Widmungen und patriotischer Spenden eingehalten werden
konnte. Die Vergrößerung des Vorschußfonds um 1000 fl. hat sich als sehr
praktisch erwiesen, da hiemit die Möglichkeit gewährt sei, Vorschüsse in der
Gesammtsumme von 3060 fl. zu verabfolgen. „Obgleich wir wünschen
würden," schließt der Bericht, „am Schluffe eines glänzenderen Vereinsjahres
angelangt zu sein, so haben wir doch die Ueberzeugung in uns, daß die Ge-

nossenschaft, bei fortgesetztem eifrigem Streben und innigem Zusammenwirken
der Mitglieder, in günstigeren Zeitverhältniffen ganz gewiß jene Bedeutung
erlangen wird, welche für den Künstler sowohl wie für die Förderung des
Kunstinteresses in der Bevölkerung wünschenswerth ist."

Nach Erstattung des Berichts stattet der Vorsitzende in kurzen Worten
der Versammlung für das ihm während seiner Borstandschaft geschenkte Ver-
trauen seinen Dank ab, worauf der Vereinskassirer, Hr. C. B. Post, den
Rechnungsabschluß des Vereinsjahres 1865/6 nach den einzelnen Rubriken der
Vereinskasse, des Albnmfonds, des Reservefonds, des Baufonds, des Unter-
stlltzungs- und Borschußfonds vorlegte. Bei der nun folgenden Neuwahl
eines Präsidenten und dreier Vorstandsmitglieder wurden nahezu mit Stim-
meneinhelligkeit die HH. Professor Engerth als Präsident, Architekt Schiedt
Maler Hasselwander und Kupferstecher C. B. Post gewählt. Wegen
der nicht genügenden Zahl der Anwesenden wird die Wahl der außerordent-
lichen Comitomitglieder mittelst Cirkular vorgenommen werden.

Architekt Stäche, der Leiter des Künstlerhausbaues, erstattet nunmehr aus-
führlichen Bericht über den -genannten Bau, wonach die Eröffnung des Künst-
lerhauses auf de» 28. April 1868 festgesetzt ist. Es geht daraus hervor,
daß die Aussichten auf die Herbeischaffung des noch nicht gezeichneten Kapitals
sehr günstig sind. Es werden höchst bedeutende Schenkungen für den Aus-
bau und die innere Vollendung des Hauses namhaft gemacht, sowie der Bei-
tritt neuer Gründer und Stifter angezeigt. Die Versammlung dankt durch
allgemeinen Beifall dem so sehr sich verdient machenden Obmann des Bau-
comits's, worauf Hr. Maler Friedländer in freier Rede seinen mit in-
teressanten Details ausgestatteten Bericht über seine Sendung nach Cassel ab-
abstattet, in welchem derselbe namentlich betont, daß seine Stellung als öster-
reichischer Unterthan unter den deutschen Kollegen keineswegs jene Befürchtungen
rechtfertigte, welche seiner Zeit, als der Beschluß gefaßt wurde, einen Dele-
girten von Wien zu senden, ausgesprochen worden waren. Am Schluffe
seines Vortrags ermahnt der Redner die wiener Künstler zu einer lebhafteren
Betheiligung an auswärtigen Ausstellungen, da die Werke der wiener Künst-
ler im Auslande, insbesondere in Frankreich, mit großem Interesse ausge-
nommen würden. Schließlich gedachte Maler En der noch mit einigen
Worten der Verdienste des abtretenden Präsidenten, denen sich die Versamm-
lung mit nngetheiltem Beifall anschloß.

b) Iailuarvetsammkung der Henossenschast.

Dieselbe fand am 5. d. M. unter dem Präsidium des neuen Vorstandes
Hrn. Prof. Engerth statt, welcher dieselbe mit einer geistvollen Ansprache
eröffnete, die beifällige Aufnahme fand. Eine mehr als zweistündige, höchst
interessante Debatte, an welcher sich vorzugsweise die Maler Friedländer,
 
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