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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 12.1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.13559#0363

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347

KunstüteraLur.

Llesthetik. — Geschichte. — Technik.

aphael. Von E r n st Förster. Mit einem Bildniß
Raphaels. J. Band. — Leipzig, T. O. Weigel 1867.
(Fortsetzung.)

Der Verf. beginnt daher seine Charakteristik und Lebens-
Beschreibung Raphaels mit einer allgemeinen geschichtlichen
Einleitung, indem er, um den Leser vor alle» Dingen in die
richtige Stellung und Stimmung für das Verständniß und für die Würdi-
gung des großen Urbinaten einzuführen, zunächst einen „Blick in die Kultur-
Geschichte der Zeit bis zu Raphael herab" wirst, sodann eine Uebersicht des
damaligen Standpunktes und Wesens der italienischen Literatur giebt und
drittens eine kurze Charakteristik der italienischen Kunstentwicklung, und zwar
nicht nur im Gebiete der Malerei, sondern auch der Baukunst und Skulptur,
giebt. Diese Einleitung umfaßt gerade 100 Seiten, gewiß nicht zuviel für
den außerordentlich reichen Stoff, den sie in gedrängter und doch anschaulicher
Weise zu einem klaren Lebensbilde der Geschichte des italienischen Geistes in
den drei Jahrhunderten bis Raphael gestaltet.

Hierauf geht der Verf. zu seinem eigenthümlichen Thema über, indem
er das Leben Raphaels, aber nicht chronologisch, sondern vornehmlich vom
Gesichtspunkt seiner künstlerischen Entwicklung, als Genesis seines künstlerischen
Genius behandelt; und zwar in 7 Abtheilungen, wovon die erste „Die Kindheit
und das Knabenalter" 1483—1495, die zweite „Raphaels Lehrjahre" 1495 bis
1504, die dritte die „Reise nach Florenz" 1504—1505 behandelt, worauf
er in der vierten „Die Madonnenbilder und Heiligen-Familien Raphaels von
1502—1508" charakteristrt; dann folgt in der fünften „Raphael unter
Julius II. in Rom" 1508—1513 und endlich „Die Werke Raphaels von
1508—1513"; die siebente Abtheilung behandelt die „Bildnisse". Als An-
hang schließt sich sodann ein „Chronologisches Verzeichniß der Werke Ra-
phaels" und ein „Namenregister" an. Dieser erste Band bildet also ein
völlig abgerundetes Ganzes. Den Schwierigkeiten, welche sich der Erreichung
dieses Ziels entgegenstclltcn, waren keine geringe; namentlich die Frage, wie bei
dem fortlaufenden Fluß der Lebensbeschreibung, welche zugleich eine Ent-
stehungsgeschichte der Werke Raphaels sein mußte, eine Aufzählung, Beschrei-
bung und Beurtheilung der Werke möglich war, ohne die Kontinuität des bio-
graphischen Fadens zu zerreißen. Und dies ist einer der vielen Punkte, in
welchem gegen die Darstellung Försters die Passavant'sche unorganische Be-
handlungsweise in ihrer ganzen Haltlosigkeit sich darstellt. Sehr richtig ist
die Bemerkung des Verf.'s, daß es ein Fehler sei, in einem Falle, wo bereits
für die Person Raphaels das Interesse des Lesers angeregt sei, diesen zu
nöthigen, sich in weitläufige kunstwissenschaftliche Betrachtungen zu vertiefen.
Der Verf. wählte daher den Ausweg, die'Schularbeiten Raphaels, welche
mehr ein biographisches als künstlerisches Interesse haben, in der fortlaufen-
den Erzählung seines Lebens zu erwähnen, die späteren bedeutenderen Arbei-
ten, als die reifen Früchte des Raphael'schen Genius, dagegen zwar ebenfalls
kurz an ihrer Stelle in der Biographie anzuführen, außerdeni aber nach Ab-
solvirung der letzteren zum Gegenstände besonderer kunstwissenschaftlicher Unter-
suchung zu machen. Und auch hier leitete den Berf. ein sicherer Takt für
die Wahl der zweckmäßigsten Behandlung, indem er, von der chronologischen
Folge abweichend, eine Gruppirnng nach dem Inhalt der Darstellungen zu
Grunde legte und so die Madonnenbilder, die Portraits, die großen Fres-
ken u. s. f. im Zusanunenhange abhandelte.

Ein Hauptpunkt, über den wir uns noch auszusprechen hätten, beträfe
die kunstwissenschaftliche Kritik des Verf.'s und deren Ergebnisse im Verhält-

niß zu entgegenstehenden Ansichten anderer Kunsthistoriker. Es wäre jedoch
ein eiteles und vergebliches Bemühen, hier als Richter auftreten zu wollen,
in einer Sache, worüber die streitenden Parteien ungleich besser informirt
sind. Dies Richteramt können wir daher füglich Andern überlassen, welche
sich dazu befähigt und berufen glauben. Von nnserm Standpunkt ans legen
wir auch vielleicht nicht hinlängliches Gewicht auf gewisse Meinungsdifferenzen,
weil wir der Ansicht sind, daß weder mit dem Für noch mit dem Wider
in Betreff einzelner Daten irgendwie Wesentliches zur Charakteristik des
Raphaelischen Genius gethan werde. Nur ein Wort über jene notizenkrä-
merische Afterkritik, worauf unsere Einleitnngsworte hinzielten, wollen wir
noch hinzufügen, um zu zeigen, daß es den sich sehr gelehrt dünkenden Ver-
tretern desselben viel weniger um den hochwichtigen Gegenstand, den sie zu
vertheidigen sich den Anschein geben, als um ihre kleinliche Rechthaberei und
ihr eifersüchtiges Besser-Wissen-Wollen zu thun ist. (Schluß folgt.)

Die deutschen Maler-Nadircr des neunzehnten Jahr-
hunderts, bearbeitet von Andreas Andresen, vr. phil.
Erster Band, erste Hälfte. — Leipzig. Verlag von Rudolph
Weigel. 1866.

Da der deutsche Peintre-Graveur desselben Verfassers, von welchem wir
die ersten Bände in No. 32 unseres Journals besprochen haben, nur die
Malerradirer Deutschlands bis einschließlich zum 18. Jahrhundert behandelt,
so darf das oben verzeichnete Werk als ein gewiß allen Besitzern des vorge-
nannten sehr willkommenes Supplement betrachtet werden. Für uns, denen
die gewöhnlich sehr stiefmütterlich behandelte Kunstgeschichte der Neuzeit be-
sonders am Herzen liegt — denn für die patentirten Kunsthistoriker scheint
die Kunstwelt am Thor des 19. Jahrhunderts plötzlich aufznhören und ge-
wissermaaßen mit Brettern vernagelt zu sein, was in gewissem Sinne auch
richtig ist, wenn man nur das Brett an der richtigen Stelle sucht — für
uns hat daher der deutsche Peintre-Graveur des 19. Jahrhunderts ein be-
sonderes Interesse, da er — wie es im Prospektus mit einem leisen Anklang
an das diesem geschmähten Jahrhundert gethane Unrecht heißt — „wie recht
und billig, auch der Gegenwart ihr Recht widerfahren lassen will". Anderer-
seits stimmen wir mit dem Verfasser aus vollem Herzen in der Klage über-
ein, „daß in unfern Tagen der hohe Werth der Aetzkunst von unserer Künstler-
welt nicht recht mehr gefühlt und anerkannt zu werden scheint, indem fast
alle Welt zur mechanischen Reprodnction der Gemälde und Zeichnungen
durch die Photographie greift". Mit Recht weist der Verfasser darauf hin,
daß selbstthätiges Schaffen höher steht als mechanische Reprodnction, und er-
klärt, daß der Zweck seines Peintre-Graveurs zum Theil darin bestehe, die
heutigen Künstler durch die Hinweisung auf die Leistungen ihrer Vorgänger
in diesem Gebiet dazu anzuregen, daß sie wieder zu der schwierigen aber
rühmlicheren Aetzkunst greifen. Freilich berücksichtigt der Verf. bei diesem
Vorwurf vielleicht zu wenig, daß dazu auch ein Publikum gehört, was den
Werth der Original-Radirungen, gegenüber dem ansprechenderen Aeußeren
und der größeren Wohlfeilheit der Reprodnction, zu würdigen im Stande ist.

Was die Einrichtung des vorliegenden Werkes betrifft, so ist es die-
selbe wie bei dem „deutschen Peintre-Graveur", indem dem beschreibenden
Verzeichniß der einzelnen Werke jedes Künstlers eine möglichst ausführliche
Biographie vorangeschickt wird. In dieser Weise werden im vorliegenden Hefte
Joseph Anton Kach, I. Mart, von Wagner, Joh. Christ. Dahl,
Ludw. Haach, Ferd. Berthol, Wilhelm v. Kobell, Carl Sprosse
und P. Heinel behandelt, während das folgende das Leben und die Werke
Joh. Christ. Reinhart's umfassen soll. M. Sr.

Kunstinstitute und Kunstuereine.

Die ößleniliclien NonKurremeil. (Schluß.)

ene Erwägungen in Betreff der Feststellung einer bestimmten
Norm für die Eröffnung von Konkurrenzen, nicht nur im
Gebiet der Architektur, sondern in allen Gebieten des Kunst-
schaffens, veranlaßten die Redacttou unsers Journals, an den
Architektenverein oder vielmehr an die von demselben einge-
setzte Kommission zur Vorberathung der Konkurrenzfrage ein
Schreiben zu richten, welches das motivirle Gesuch enthielt,

der Frage eine ganz allgemeine, auch die Schwesterkünste mit einbegreifende
Fassung zu geben. Es hieß darin:

„Die Unterzeichnete Redaction, welche das energische Vorgehen des Archi-
tektenvereins in der Konkurrenzfrage mit Frende begrüßt hat, fühlt sich,
um den für gedachten Zweck ausgestellten gesunden Principien eine noch
umfangreichere Tragweite zu geben, veranlaßt, an die geehrte Kommission
die ergebenste Anfrage zu richten, ob es außerhalb der Grenzen der Mög-
 
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