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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 14.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.13561#0072

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Civilbaumeister Berger, der Restaurator unserer Frauen-
kirche, unternahm es, beim Bau der genannten Kirche die gothi-
fchen Stylformen durch Anwendung von Eisen bei den Helmen
der Thürme und durch Beseitigung des Pfeilergewölbes zu mo-
dificiren, welch' Letzteres bei der bedeutenden Breite des Schiffes
angezeigt gewesen wäre. Wir haben bei Gelegenheit der mit
mancherlei Hindernissen verbunden gewesenen Restauration des
Domes zu Unser Lieben Frau Berg er's eingehende Kennt-
nisse der Gothik schätzen gelernt und mit seinen Gegnern, ob-
wohl er uns ganz ferne steht, manche Lanze gebrochen; für
seine Haidhausenkirche können wir uns nicht erwärmen. Frei-
lich hatte er nicht freie Hand und mit fortwährender Geldnoth
zu kämpfen. Im Princip aber sind wir mit seinen Modifi-
kationen keineswegs einverstanden, wie wir überhaupt der An-
sicht sind, daß jeder Versuch, den gothischen Styl auf Grund
moderner Anschauungs- und Gefühlsweise fort zu bilden, vom
Nebel ist. Wir möchten das Wort des Jesuitengenerals: „8int
ut sunt, aut non sint“, auf die Gothik anwenden und sagen:
Baut wie die Alten oder laßt es ganz sein!

Was die Mapimilianskaserne betrifft, so wird sie voraus-
sichtlich unvollendet bleiben, was eben auch kein Unglück ist.

Sie gehört, wie schon ihr Name sagt, der Periode des „erfun-
denen Styls" an und sollte aus vier, ein riesiges Quadrat ein-
schließenden Flügeln mit Flankenthürmen bestehen. Bis jetzt
stehen nur zwei Flügel, die sich vollkommen gleichen. Den
Mittelbau nimmt je ein riesiges Fenster ein, das durch alle
Stockwerke durchläuft und die Fremden ans den Gedanken bringt,
das Gebäude sei die kgl. Glasmal-Anstalt und das Fenster zur
Ausstellung kolossaler Glasgemälde bestimmt. Geradezu komisch
ist die Wirkung, wenn Nachts ein winziger Bruchtheil des
Fensters etwa rechts oben und ein desgl. links unten beleuchtet
ist, wobei Vorübergehenden augenblicklich klar werden muß, daß
es sich bei jenen Riesenverhältnissen um Lug und Trug handelt.

Wenn wir des Actientheaters von Reifenstuhl erst jetzt
erwähnen, so geschieht es, weil hierbei der Gedanke eines mo-
numentalen Baues aus finanziellen Rücksichten fast ganz in den
Hintergrund treten mußte. Das Theater fristet sich mit Noth
von Woche zu Woche, zunächst weil die Lage so ungünstig als
möglich ist. Die Sache ständen zuversichtlich besser, wenn Lud-
wig Lange'S Plan befolgt und der Bau auf dem Dultplatz ge-
führt worden wäre. Aber freilich war Baron Eichthal Actionair
und Eigenthümer des Bauplatzes! Regnet.


Kunst-Khronili.

erlin. Am 1. März findet eine intereffante Knnstauction
hier statt. Es wird alsdann in der Wohnung des ver-
storbenen Prof. Eduard Hildebrandt, am Kupfergra-
ben 6, die von demselben hinterlassene Sammlung von
alten und modernen Bildern in Oel und Aquarell, Stu-
' 'o dien, Skizzen und Zeichnungen, von Meistern aller
Schulen herrührend, meistbietend versteigert werden. Es sind Werke
von Gnercino, Ravestehn, Palamedes, Miereveldt, Merian, Terborch,
Teniers, Denner, Hogarth, Reynolds, Horace Vernet, Jsabey, Robert
Fleury darunter, und außerdem eine große Zahl von Arbeiten von
Eduard Hildebrandt's eigener Hand, theils vollendete, znm Abschluß
gebrachte Oelbilder und Aquarellen, theils nur erst angelegte unter-
malte und mehr oder weniger unfertige Werke, welche in die Art
seines Arbeitens schätzenswerthe Einblicke gewähren. Auch rückt der
längst gehegte Wunsch der Freunde des Verstorbenen, eine große
Ausstellung von der Gesammtheit seiner Bilder aus allen Perioden
seiner künstlerischen Entwickelung zu veranstalten, nunmehr seiner
Verwirklichung näher. Es ist endlich gelungen, für dieses Unter-
nehmen die erste und wichtigste Vorbedingung, das entsprechende
Lokal, zu gewinnen: in dem oberen Stockwerk des königl. Marstall-
gebäudes in der Breiten Straße ist die Dienstwohnung des königl.
Oberhos- und Hausmarschalls Grafen v. Pückler dem Ausstellungs-
Comitö für diesen Zweck bewilligt worden.

Köln. Aug. Reichensperger spricht sich im „Organ für
christliche Kunst" über die Zweifel aus, welche darüber obwalten, ob
das große Mittelsenster des Westportales auch, wie die übrigen
Fenster der Thurmfaoade, doppeltes Sprossenwerk erhalten solle oder
nur einfaches. Er erwähnt des betreffenden Gerüchtes nur in der
Hoffnung, daß dasselbe in autoritativer Weise alsbald für grundlos
erklärt werden wird. Anderen Falles würde eine solche abermalige
wesentliche Abweichung vom Originalplane, nach welchem zufolge
mehrerer königl. Ordres sowohl als des Dombauvereins-Statutes
der Dom vollendet werden soll, im höchsten Maaße beklagenswerth
und seines Erachtens um so weniger zu verantworten sein, als die

Anlage eines Doppelfensters sich bereits an dem im Mittelalter
erbauten südlichen Thurme ganz unverkennbar angedeutet findet*)
überdies aber auch noch sonstige erhebliche Jnkonvenienzen in Folge
einer Abweichung von dieser Anlage eintreten würden. Auch schon
die Rücksicht auf das hier einzusetzende Farbenfenster dürfte die Bei-
behaltung des doppelten Sprossenwerkes erheischen, da zufolge desselben
sich ein die Fenstermalerci überaus belebender steter Wechsel von
Schatten und Licht ergeben wird, und die vorstehenden Sprossen und
Couronnements-Glieder dem dahinter befindlichen Glase Schutz ge-
währen. — Schließlich ersucht er Sachkenner, welche etwa anderer
als der vorstehend ausgesprochenen Ansicht sein möchten, in Anbe-
tracht der hohen Wichtigkeit des Gegenstandes, sich baldmöglichst
öffentlich vernehmen zu lassen.

Düsseldorf. Zu der 50jährigen Jubelfeier der hiesigen Aka-
demie werden Vorbereitungen getroffen. Es hat sich zu diesem Zweck
ein Ausschuß gebildet, der Vertreter der Bürgerschaft und der Künst-
lerschaft enthält. Man hofft bei Gelegenheit des Festes das von
Professor Wittig ausgeführte und für den Schadow-Platz bestimmte
„Schadow-Denkmal" enthüllten und zu gleicher Zeit den Grundstein
zu einem „Cornelius-Denkmal" legen zu können.

Nürnberg. Aus dem Rechenschaftsbericht über die Einnahmen
für Errichtung des „Hans Sachs-Denkmals" ersieht man, daß die
meisten regierenden Fürstenhäuser durch ansehnliche Beiträge den alten
Volksdichter ehrten. Unter den freien Städten hat nur Lübeck sich
bewogen gefunden, etwas zu thun. Zwei glänzende Gaben finden
wir von Nürnbergern, eine mit 550 si. von dem Maler A. S. in
München (Erlös eines Gemäldes) und eine mit 500 si. vom Herrn
Reichsrath v. Cramer-Klett im Namen der Arbeiter und Bediensteten

*) Man vergleiche auch noch das große Werk von S- Boisseröe: An-
sichten, Risse und einzelne Theile des Domes zu Köln. 2. Ausl. München,
1842. Bl. 7, 8 und 16, so wie das von Möller herausgegebene Facsimile
des Original-Grundrisses vom ersten Stocke des angefangenen Thnrmes, wo
sich deutlich erkennen läßt, daß ein Doppelfenster projektirt war.
 
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