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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 14.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.13561#0140

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zugewendet, noch zwei Jahre sein Schüler und entwickelte wäh-
rend dieser Zeit eine staunenswerthe Thätigkeit, indem er neben
rastlosem Studium nach der Natur in und um Würzburg noch Zeit
fand, in der Frist vom 27. Mai 1851 bis Mitte August 1853
nicht weniger als 71 Oelbilder und 48 größtentheils kolorirte
oder angetuschte Handzeichnungen zu sertigen.

Ende August siedelte Geist nach München über, wo er
von einem Freunde seines Vaters, dem wackeren Fritz Bam-
berger, der kurz vorher aus Spanien zurückgekehrt war, herzlich
ausgenommen ward. Unter des bewährten Künstlers sicherer
Leitung entwickelte sich das schöne Talent des Jünglings in
der erfreulichsten Weise und ließ die schönsten Erfolge erwarten.
Noch im selben Jahre hatte er sich solchen Absatz seiner Bilder
gesichert, daß er dem Antriebe seines edlen Herzens nachgeben
und auf fernere Unterstützung aus dem elterlichen Hause ver-
zichten konnte. Als der Kunstverein seiner Vaterstadt im Herbst
des Jahres 1853 das erste Bild, eine Winterlandschaft aus der
Umgebung Schäftlarns, von ihm erwarb, ward ihm der Tag
zum wahren Festtage. Bald darauf verkaufte er eine „Partie
von Carlstadt" an den Kunstverein in Regensburg und dann
das größte seiner bis dahin gemalten Bilder, „Das Schloß
Aschach in Franken", an den Kunstverein in München.

Im September und Oktober des Jahres 1854 durchzog
er in Folge Auftrages des polytechnischen Vereins in Würzburg
das Rhöngebirge und nahm 24 interessante Punkte, darunter
eine größere Anzahl architektonischer Motive, auf, um sie für
den genannten Verein in sauber getuschten Zeichnungen aus-
zuführen.

Die Motive der Bilder aus den nächsten Jahren sind vor-
wiegend einerseits der Rhön, andererseits der Umgebung des
Starnberger See's und Pollings entnommen, woselbst Geist
sich damals Studien halber längere Zeit aufhielt. Im Jahre
1855 erwarb der Kunstverein zu München zwei Bilder und der
von Würzburg und von Bamberg je ein Bild von Geist, dessen
Name bereits ein in der Kunstwelt geachteter war.

Geist hatte schon frühzeitig sich nicht darauf beschränkt,
die Natur einfach wiederzugeben, vielmehr mit Geschick sich daran
gemacht, künstlerisch brauchbare Motive in freier Behandlung
zu verwerthen. Eine solche Komposition war das vom münchener
Kunstverein im Jahre 1856 angekaufte große Bild mit Erinne-
rungen an die Gegend von Polling, das später in eine Privat-
Sammlung nach Leipzig ging. Ein anderes Bild, „Der Jakob-
See bei Polling", ward im selben Jahre vom Präger Kunstverein
erworben, während eine „Ansicht von Würzburg", im Auftrag
des medizinisch-physikalischen Vereins dortselbst ausgeführt, von
diesem dem Prof. Virchow in Berlin als Ehrengabe gewidmet
wurde. Eine Komposition mit Motiven aus der Gegend von
Murnau ging an den Kunstverein in Würzburg, eine andere
im Charakter des Rhöngebirges an jenen zu Bamberg. Ein
großes Bild, in dem Erinnerungen an Polling benutzt waren,
erwarb der Fabrikant Seitz in Nürnberg.

In jener Zeit fühlte sich Geist selbstständig genug, um
der Leitung seines bisherigen Lehrers nicht länger zu bedürfen,
und arbeitete vom Oktober 1856 an in einem eigenen Atelier

und völlig unabhängig, außer der Natur und guten alten
Meistern nur noch seinem eigenen Genius folgend.

Das Jahr 1857 führte ihn wieder nach Franken. Der
polytechnische Verein in Würzburg beabsichtigte, durch vr. L.
Adelmann die Ansichten einer Reihe fränkischer Burg-Ruinen
herauszugeben, und übertrug Geist einen Theil der Aufnahmen
und der Radirungen, welche Aufgabe der junge Künstler mit
bestem Erfolg löste, indem er dreizehn sauber radirte Platten
herstellte. Zieht man in Betracht, daß Geist äußerst delikat
und elegant zeichnete und ein ungewöhnlich feines Gefühl für
die Vertheilung der Licht- und Schattenmassen besaß, so muß
man es doppelt bedauern, daß er dieser Technik so schnell wieder
untreu wurde. Nicht ohne Einfluß auf diesen seinen Entschluß
dürfte seine schwache Körperkonstitution gewesen sein, welcher
die Manipulation des Aetzens sowie das über die Platte gebückte
Sitzen unzuträglich sein mußte. Genug, nach dem Jahre 1858
griff Geist nie mehr zur Radirnadel, die er so geistreich ge-
handhabt.

Im Sommer dieses Jahres besuchte er zum ersten Male
die fränkische Schweiz, deren malerischer Charakter ihn im höch-
sten Grade fesselte und die er nach einem vierwöchentlichen
Aufenthalte dortselbst, nur dem Drange der Geschäfte weichend,
verließ. In jener Zeit beschäftigte er sich vorwiegend mit
der Ausführung von größeren Kompositionen, die theils nach
Norddeutschland, theils nach der Schweiz gingen, theils aber
von den Kunstvereinen in München, Bamberg und Würzburg
angekauft wurden. Unter den Arbeiten dieses Jahres steht eine
„Deutsche Landschaft, Eichen im Vor-, eine Klosterruine im Mittel-
gründe", obenan, das Kaufmann Keilholz in Bamberg gewann.

Den größeren Theil des Sommers 1859 verlebte Geist
in der liebgewonnenen fränkischen Schweiz und sammelte, von
Müggendorf, seinem Standquartier, aus das Land durchstreifend,
eine außerordentliche Menge der werthvollsten Studien, sich ganz
den romantischen Eindrücken der schattigen, wasserreichen Thäler,
der düsteren Burgruinen auf steil abfallenden Klippen und der
zerklüfteten, phantastisch übereinander gethürmten Felspartien,
nicht weniger auch der geheimnißvollen Höhlen sich hingebend,
an denen jener Strich Landes so überreich ist. Den Verehrern
Albrecht Dürer's mag die Notiz nicht ganz uninteressant sein,
daß dieser Meister im landschaftlichen Theile seiner Werke mit
besonderer Vorliebe Motive aus der fränkischen Schweiz ver-
werthete. Zu Ende Sommers reiste Geist nach Karlsruhe und
verblieb dort von Ende September bis zum Januar 1860. Es
hielt ihn hier namentlich der anregende Verkehr mit I. W.
Schirmer fest, der dem strebenden jungen Künstler mit ge-
wohnter Liebenswürdigkeit entgegenkam und nicht ohne bestim-
menden Einfluß auf ihn blieb.

Die Vorgänge des I. 1860 waren nicht dazu geeignet,
Gei st's Thätigkeit größeren Arbeiten zuzuwenden. Es entstand
in jener Zeit nur ein größeres Gemälde, eine Komposition im
Charakter des Rhöngebirges, staffirt mit Versprengten im Kostüm
des 30jährigen Krieges, welches Bild ursprünglich vom Münchner
Kunstverein angekauft, später von Herrn C. Stork in Bremen
um das Doppelte der ersten Kaufssumme erworben wurde.

(Schluß folgt.)
 
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