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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 14.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.13561#0256

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Betracht eine höchst anerkennenswerthe, durchaus poetisch wirk-
same Leistung, übrigens vortrefflich, vielleicht nur etwas zu glatt
gemalt und ohne hinlänglich koncentrirten Mittelpunkt, aber das
Gepräge gespenstiger Wildheit trägt es in hohem Grade. Uebri-
gens ist hier von Allegorie nicht die Rede, sondern einfach die
Sage vom „Wilden Jäger" veranschaulicht. Man hat also
auch nicht nach indirekten Beziehungen zu suchen, sondern es
will eben nur Das bedeuten, als was es erscheint. Kurz, es
ist nach allen Seiten hin ein in sich einiges ästhetisch-wahres
Kunstwerk von bedeutender Wirkung."

Dieses feine Gefühl für die innige Beziehung von Stoff
und Darstellungsmitteln und die klare Einsicht in die Bedeu-
tung dieses Zusammenhangs für die künstlerische Wirkung leuchtet
mehr oder weniger aus allen Werken des Künstlers hervor. Um
so auffallender muß es erscheinen, daß sein Name verhältniß-
mäßig selten genannt wurde und daß seine künstlerische Be-
deutung keineswegs in dem Grade, wie sie es verdient, anerkannt
ist. Wir theilen im Folgenden einige Notizen über sein Leben
mit, die wir der Güte eines Freundes von ihm verdanken.

Johann Wilhelm Cordes ist geboren den 14. März
1824 zu Lübeck, wo sein Vater Kaufmann war. Er erhielt
in Wansbeck seine Erziehung, nach deren Beendigung er in
das Comptoir des Vaters treten sollte. Gegen den Willen des
letzteren schlug Cordes die künstlerische Laufbahn ein, und zwar
zunächst in Prag, von wo er um 1842 nach Düsseldorf über-
siedelte und sich hier alsbald an Lessing und Gude anschloß.
Seine große künstlerische Begabung erregte bald, wenigstens in
der Kunstwelt, Aufmerksamkeit. Er malte mit Vorliebe landschaft-
liche Motive seiner nordischen Heimath und Marinen, meist mit
großer Staffage. Sowohl seine Landschaften wie seine Figuren
waren stets von der schärfsten Charakteristik. In Düsseldorf
blieb Cordes, mit Ausnahme des Winters 1854/55, den er in
Lübeck zubrachte, bis zum Jahre 1856, in welchem er ganz nach
seiner Vaterstadt übersiedelte. In die düsseldorfer Zeit fallen
zwei größere Studienreisen nach Norwegen. Im Jahre 1859
folgte er seinem Freunde Kalckreuth nach Weimar, angezogen
durch eine ihm befreundete, in Weimar lebende holsteinische Fa-
milie, deren gastliches Haus ihm bis zu seinem Tode in treuester

Freundschaft die Heimath zu ersetzen wußte. 1860 machte er
eine Studienreise nach Bornholm und Dänemark. In die Zeit
regen Schaffens zu Weimar fallen Cordes' bedeutendste Werke;
dahin rechnen wir seine „Letzte Ehre" (im Besitz des Königs
von Preußen) und die obenerwähnte „Wilde Jagd" (im Besitz
einer Privatgallerie zu Wien), beide Bilder von durchschlagender
Wirkung und den Besuchern der berliner Ausstellungen von
1864 und 1868 noch in lebhafter Erinnerung. Im Jahre
1866 begleitete er die oldenburgische Brigade, die zur Main-
Armee gehörte, im Gefolge des Großherzogs von Oldenburg
und malte für letzteren zwei größere Bilder.

Cordes war 1861 zum Mitglied der Petersburger Akade-
mie ernannt worden, erhielt 1864 seitens der berliner Akademie
die kleine goldene Medaille und im Frühjahr 1869 in Aner-
kennung seiner künstlerischen Leistungen vom Großherzog von
Sachsen-Weimar den Falkenorden erster Klaffe.

Er war eine spröde, nordische Natur, abgeschlossen und
wenig zugänglich; aber unter dieser rauhen Hülle eines äußer-
lich schroffen Wesens verbarg er ein warmes Herz, das für
alles Hohe und Edle empfänglich war und den echten Idealen
in der Kunst nachstrebte. Aeußerst zuverlässig in seinem Cha-
rakter, war er ein treuer Freund den Wenigen, denen er sein
Inneres zugewandt hatte, voll der liebenswürdigsten Gemüths-
regungen, ein Mensch von der größten Ehrenhaftigkeit. Wie
er im Leben seinen eigenen Weg wandelte, so auch als Künst-
ler. Er war als solcher immer originell, fast eckig und wahrte
mit einer gewissen Peinlichkeit nach jeder Richtung hin seine
Selbstständigkeit. In den letzten Jahren kränkelte Cordes an
einem höchst schmerzhaften Gehirnleiden, dem er endlich am
16. August d. I. zu Lübeck im Hause eines Freundes erlag,
nachdem er vergeblich von der stärkenden Luft der Meeresküste
Linderung gesucht hatte, aufrichtig bedauert von Denjenigen, de-
nen er im Leben nahe gestanden. Er hinterläßt eine Fülle des
reichsten Studienmaterials, das von seinem rastlosen Fleiße und
von dem Ernste seines Strebens Zeugniß ablegt.

Außer diesen Studien hinterläßt er eine werthvolle Waffen-
Sammlung und diverse werthvolle Raritäten; denn er war ein
Sammler von Geschmack und Kenntniß. N.

Korrespondenzen.

ünchen, im August. (Die Ausstellung älterer
Bilder.) Au dem Tage nach der Eröffnung der inter-
nationalen Kunstausstellung moderner Werke der Ma-
lerei und Plastik wurde hier auch eine Ausstellung
älterer Gemälde eröffnet, deren Zweck etwas proble-
matisch erscheint, wenn man die Ursache davon nicht
in äußerlichen Dingen sucht. Denn nur, wenn diese Ausstellung in
ihrer Art mindestens ebenso bedeutend wäre, wie die internationale
in der ihrigen, dürfte man allenfalls einen Rechtfertigungsgrund in
dem vorauszusetzenden Interesse finden, das eine Vergleichung älterer
und neuerer Kunst darbieten könnte. Allein von solcher Bedeutung
ist die Ausstellung weit entfernt. Wie schon nach der ganzen An-
lage nicht anders vorauszusehen und zu erwarten war, fehlt ihr der-
jenige Gehalt, welchen eine derartige Ausstellung nothwendig bedingt;
mit Ausnahme einiger sehr bedeutender Gemälde, find größtentheils
nur Bilder untergeordneten Ranges, wenn auch guter Qualität,

vorhanden. Das Comite hat sich übrigens eine für seine Verant-
wortlichkeit allerdings sehr bequeme, sein Ansehen aber keineswegs
erhöhende Hinterthür geöffnet, indem es die Namen der Meister, welche
die Aussteller ihren Bildern beigelegt, wie es gewöhnlich bei den Ver-
steigerungen gehalten wird, beibehalten, statt in deren korrekter Fest-
stellung eine Ehrenpflicht zu erkennen. Wenn übrigens diese Maaß-
regel einerseits als eine Eingebung der Klugheit erscheint, ist sie an-
dererseits zugleich ein wenig schmeichelhaftes Zugeständniß hinsichtlich
der zweifelhaften Kennerschaft des Comitc's.

Wir fragen aber demnach, welchen Zweck hat daun eine solche
Ausstellung? Soll sie belehren oder die ohnehin schwachen Begriffe
über die Meister verwirren? — Denn für den Fachmann ist die Aus-
stellung nicht nothwendig, weil er doch zum großen Theile Alles,
was in öffentlichen Gallerien und berühmten Privatsammlungen Be-
deutendes vorhanden, kennt; der Unkundige aber geht gleichfalls ent-
weder ganz leer aus, oder wird, was noch schlimmer, falsch unterrichtet.

(Fortsetzung folgt.)
 
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