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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 18.1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.12974#0015

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(Eedaction und Expedition der Dioskuren: Berlin, Landgrafenstr. 7.)

Anhalt.

Abhandlung: Die Thierwelt vom Gesichtspunkt künstlerischer Darstellbarkeit. Lnnfllilrratnr: Fürstlich Hohenzollern'sches Museum zu Sigmaringen.

LorrkjpondciiM: f Rom, Ende December. (Budget für Ausgrabungen; Kunst-Institute und -Vereine: Gesetzentwurf, betreffend das Urheberrecht an

Fund auf dem Forum Komanum.) Werken der bildenden Künste.

Lunst-Lhronitz: Lokalnachrichten aus Berlin, Dresden, Wien. Änsstcltnngsliaicnder.

Z)ie Mierwelt vom Gesichtspunkt künstlerischer Aarstellbarkeit.

^ ichts ist so charakteristisch für die
große Verschiedenheit, welche
zwischen der antiken und der
modernen Welt- und Kunst-
Anschauung herrscht, als die
, Stellung, welche in derselben
' die Natur überhaupt und na-
mentlich die Thierwelt ein-
nimmt. Schon Schiller hat
in seinem geistvollen Aufsatz
„lieber naive und sentimentale Dichtung", worin
er den tiefen Gegensatz der antiken Objektivität
gegen die moderne Subjektivität in der Poesie
schildert, auf jenes differente Verhältniß zur Na-
tur aufmerksam gemacht. Er faßt jenen Gegen-
satz in die geistreiche Antithese zusammen: „Die
Alten empfanden natürlich, wir empfinden das Natürliche". Das
antike Leben war selbst so sehr Natur, man lebte so sehr in der
Natur, daß man zu einer Reflexion über dieselbe gar nicht ge-
langte; eine solche Reflexion aber und die dieselbe bedingende
Objektivirung für die Anschauung ist für die „Empfindung der
Natur" — wie es Schiller bezeichnet — nothwendig. Daher

der Mangel jeder poetischen Naturschilderung (in jenem subjektiv
lyrischen Sinne, den Schiller „sentimentalisch" nennt) bei den
Alten, daher der Mangel einer eigentlichen Landschastsmalerei,
daher auch die höchst mangelhafte Darstellungsweise der Thiere,
gerade in der höchsten Zeit der hellenischen Kunstblüthe. Erst
später, da auch im Alterthum — in der raffinirten Knlturepoche
der römischen Kaiserzeit — die antike „Naivetät" einer reflek-
tirenden, fast an Sentimentalität anklingenden Empfindungsweise
(Horaz) Platz macht, beginnt sowohl eine Art künstlicher Be-
geisterung für das Landleben zu erwachen, als auch die Thier-
darstellung zu charakteristischerer Wahrheit in Form und Aus-
druck sich zu erheben.

Es kann daher nur dem mit der Eigenthümlichkeit des an-
tiken Geistes unbekannten Laien aufsallen, wenn er gegenüber der
edlen und besonders naturwahren Behandlung des menschlichen
Körpers an einzelnen Hauptwerken der hellenischen Plastik die
darauf angebrachten Thiere in ganz kindlicher Weise vernach-
lässigt und fast bis zur Unkenntlichkeit zuweilen entstellt sieht,
wie z. B. der Hund auf der Gruppe - des farnesischen Stiers,
die Hindin bei der Diana von Versailles u. s. f. Ja, selbst
bis auf die Naturstufe des menschlichen Körpers, nämlich bis
auf die Darstellung von Kindern, erstreckt sich dieser Mangel an
 
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