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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 18.1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.12974#0104

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Preis des Journals pro Quartal l1/, Thlr. — Kreuzband-Abonnements werden nur bei Pränumeration auf den ganzen Jahrgang angenommen.

(Redaction und Expedition der Dioskuren: Berlin, Landgrafenstr. 7.)

Inhalt.

Abhandlung: Studien zur Charakteristik bedeutender Künstler der Gegenwart. Lnnst-Lhronik: Lokal-Nachrichten aus Berlin, Hildesheim, München, Wien,
LXXXIX. F. C. Mayer. (Schluß.) Florenz, Rom, Amsterdam, St. Petersburg, London.

Lorrrspondcnikn: F. München, Mitte März. Kuppelmayer's Portraits.) — Lunjllitcratnr und Technik: Plastisch-anatomischer Atlas rc., von Chr. Roth,
r. Braunschwcig, Ans. März. (Der projektirte Museumsban rc.) — Lnnst-3»stit»te und -Vereine: Das Schinkclfest des Architektenvereins.

(I) Rom, Mitte März. (Mommsen; Ausgrabungen rc.) Briefkasten.

Studien zur Eljarakteristik bedeutender Künstler der Hegenwart.

I.XXXIX. £. E. Mayer.

(Schluß.)

hm Jahre 1855 erhielt F. C. Mayer ein Lehramt
an der königl. Kreis-Gewerbeschule in Nürnberg,
welches er zehn Jahre hindurch ausübte. Seit
demselben Jahre wirkt er an der Seite des
genialen Kreling an der berühmten nürnberger
Kunstschule mit ebenso viel Erfolg wie Liebe zur
Sache. Aber mit welcher Aufopferung er sich
seinem Lehramte auch widmen mochte, der prak-
tischen Ausübung der Kunst hat er darüber nicht
Valet gesagt, sondern bethätigte sie mit der ganzen Wärme einer
ächten Künstlernatur nach doppelter Richtung hin, als Architektur-
Maler und als Baumeister, wie es sein Lehrer Heideloff gethan.

Was seine Gemälde betrifft, so zeichnen sich dieselben alle
durch ächt deutsches Wesen aus: sie führen ohne alle Ausnahme
dem Beschauer ein herrliches Stück deutschen Lebens in seinen
Bauwerken vor. Aecht deutsch ist die wissenschaftliche Strenge,
mit welcher er die linearische Perspektive behandelt; ächt deutsch
die Sorgfalt seiner mustergiltigen Zeichnung und nicht minder ächt
deutsch die ungeschminkte Wahrheit und feine Stimmung seines

Kolorits und der Hauch gesunder Romantik, welcher seine Bilder
durchweht.

Dabei ist er in der Wahl seiner Motive und Staffage
ebenso glücklich wie unerschöpflich.

Hier schreitet eine Schaar frommer Beter in stattlicher
Procession unter Voraustragung von Kreuz und Fahne durch
den ehrwürdigen Dom, den dichte Weihrauchwolken in geheinmiß-
volle Dämmerung hüllen, welche von dem durch bemalte Fenster-
scheiben einfallenden Sonnenlicht nur zweifelhaft erhellt wird.
Dort kniet in dämmernder Kapelle eine einsame Beterin an
dem von vergilbten Wappenschildern und verschossenen Bannern
umgebenen Grabe, ganz in Gebet versunken. Hier glänzt im
Abendlichte der Saal, in welchem die fürstliche Hausfrau des
von der Jagd heimkehrenden Gatten und der willkommenen
Gäste harrt. Dort tritt vom Wiederscheine des Glückes in der
Brust das Antlitz geröthet ein junges Brautpaar aus dem fest-
lich geschmückten Kirchenthor. Hier grüßt mit Mund und Hand
der Ritter Weib und Kind und Vater, aus blutiger Fehde nach
seiner Burg zurückreitend. Dort schreitet mit ernstem Antlitz
 
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