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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 18.1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.12974#0120

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I

\ 18t°r Jahrgang. *1

\ M14. f

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Herausgegeben und redigirt $C ' "

von q 1873.

vr. Mar Schasler. %6

Preis des Journals pro Quartal 1'/, Thlr. — Kreuzband-Abonnements werden nur bei Pränumeration auf den ganzen Jahrgang angenommen.

(Eedaction und Expedition der Dioskuren: Berlin, Landgrafenstr. 7.)

Anhalt.

Abhandlung: Einiges über die Bedeutung des „historischen Styls". Lunst-Lkronik: Lokalnachrichteu aus Berlin, Düsseldorf, Stuttgart, München,

Korrespondenzen: /j Straßburg, int März. (Die neu projektirte Kunst- Wien, Belgrad, Paris, London.

und Gewerbeschule.)— 8. Schwerin, Ende März. (Bilder von Jentzen fiunflttrilili: Berliner Ausstellungs-Wanderung.

und Kielmann: Pommerencke.) — 8. Wien, Ende März. (Im österr. Lniijilitcralnr lind Technik: Flächcnvcrzierungcn des Mittelalters re. (Forts.)

Kunstverein.) Aphorismen und Jilisccllcu. — Lriefkajlen.

Einiges über die Bedeutung des „historischen Styls".

Bon einem

giebt Worte, von denen Jedermann zu wissen
meint, was sie sagen wollen, und doch muß man
sich bei jedem Gespräch erst über die Bedeutung
s derselben einigen. Zu diesen gehört das Wort
»„historischer Styl" — ein sehr ungenauer Aus-
druck, denn die historische Kunst behandelt ihre
Themata nicht im Sinne der größtmöglichen ge-
i schichtlichen Treue, sondern sie wählt den allbe-
kannten Vorgang, um darin die Verkörperung
.eines ewig wiederkehrenden (weil in der Natur des
Menschen begründeten) Konflikts der Jetztzeit vor-
^ zuführen und dadurch die Klärung der sich be-
kämpfenden Prinzipien zu fördern. — Je allgemeiner nun der
Stoff in seiner Tragweite auf alle Zeiten hin gefaßt ist, desto
unwesentlicher erscheinen ihm gegenüber die Zufälligkeiten, welche
aus dem Ort, der Zeit, dem Alltagsleben entspringen. Je
nachdem der Künstler sich berufen fühlt, den Stoff auf einen
allgemeinen oder beschränkteren Kreis anzuwenden, wird er das
Maaß des Typischen gegen das Individuelle in allen Theilen
des Kunstwerks gegeneinander abzuwägen haben. Aus der rück-

Kllnstler.

sichtslosen Unterordnung des Unwesentlichen unter das Wesent-
liche bei Verfolgung eines bestimmten Zieles entsteht nun Das,
was man „Styl" nennt, d. h. er ist das Gesetz, wonach der
Inhalt die Form regiert. Naturgemäß werden verwandte Be-
strebungen durch eine mehr oder weniger bemerkbare Gleichartig-
keit des Styls zu Gruppen vereinigt.

Was die äußere Erscheinung des Styls betrifft, so nimmt
das XIX. Jahrhundert eine ganz exceptionelle Stellung allen
Zeiten gegenüber ein. Bis zur Zeit der französischen Revolution
hatte der Styl eine solche Allgewalt über die Gemüther, daß keine
menschliche Thätigkeit sich dem Einstnß desselben entziehen konnte
und er allen Erzeugnissen der Zeitgenossen einen gleichartigen
Charakter verlieh, der vcrhältnißmäßig nur wenig von dem
Landescharakter modificirt wurde. Nicht allein die Künste, auch
das Handwerk, die Tracht, ja selbst die Handschrift hatten in
ihrem Aeußeren eine gewisse Verwandtschaft untereinander.

Man kann es nicht leugnen: es lag eine gewaltig för-
dernde Wucht in jenem zur Tradition gewordenen Styl, in der
Alles beherrschenden Macht des Zeitgeistes, die den Horizont
des Erreichbaren bei jedem Einzelnen eng umgrenzte. Die
 
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