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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 18.1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.12974#0047

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einer guten Stunde gelang es ihm, den König davon zu über-
zeugen, daß der gothische Spitzbogen hier keineswegs am Platze sei.
Es war dies kurz vor dem frühen Tode des Königs, als das
Gebäude ebeu im Rohbau vollendet war. Nach seinem Ableben
wurden nun zwar die Spitzbogen in Rundbogen umgewandelt,
aber, wie begreiflich, damit nur der Mangel an Einklang des
Ganzen erhöht. Von diesem Zeitpunkte an war auch alles tiefere
Interesse an dem Bau verschwunden, und es flössen Bürklein die
Mittel zur Fortführung des Baues so spärlich zu, daß die Zahl
der Arbeiter auf ein Minimum herabgesetzt werden mußte. Und
auch diese Mittel wurden nur widerwillig gegeben, denn der
Zweck des Baues war und bleibt ein verfehlter und wieder
mußte der Architekt büßen, was der Bauherr gesündigt. Wo
der Künstler freiere Hand hatte, wie z. B. im Vestibül und
Treppenhaus mit Oberlicht, trat seine reiche Begabung unver-
hüllt zu Tage. Aber das war fast nie und nirgends der Fall.
Was oben von den Rathschlägen Unberufener im Allgemeinen
gesagt wurde, gilt ganz besonders vom Bau des Maximilianeums.

Wie das wieder abgebrochene Taubstummen-Institut ein
Terrakottabau war und wie das Regierungsgebäude mit Terra-
kotten verkleidet wurde, so geschah dies auch bei dem Maxi-
milianeum. Um aber das hiezu nöthige Material zu beschaffen,
mußte aus Privatmitteln des Königs schon im Jahre 1856 eine
eigene Terrakotten-Fabrik errichtet werden, welche fünfzehn Jahre
lang unter Bürklein's Oberleitung stand und in Folge seiner
Bemühungen Terrakotten von Maaßverhältnissen erzeugte, wie sie
anderwärts nirgends Vorkommen. Selbst überlebensgroße Statuen
gingen aus jener Fabrik hervor; mehrere solche schmückten ehe-
dem die Fayade des abgebrochenen Taubstummen-Jnstituts. Ob-
wohl das Regierungsgebäude ein Bau ist, der den Beifall be-
währter Kunstrichter fand, drohte doch auch ihm das Schicksal
des Taubstummen-Jnstituts.

Eine Ausschreibung von des Künstlers eigener Hand sagt
darüber: „Es wurde jedoch hievon um so mehr abgesehen, als
die Erfindung resp. große Verbesserung der Terrakotten, mit
welchen das Regierungsgebäude verkleidet wurde, in der That
einen den König vollkommen zufriedenstellenden Grad von Voll-
endung erreichten. Die bestehende Schwierigkeit beim Regierungs-
gebäude war die, daß man der allerhöchst anbefohlenen Ver-
kleidung mit Terrakotten dadurch zu entsprechen suchte, daß man
liegende Binder über einander und einen Strecker von doppelter
Höhe darüber legte." So verdankt denn, wie es allen Anschein
hat, das Regierungsgebäude seine Erhaltung zunächst nur den
dabei zur Verwendung gekommenen Terrakotten aus der könig-
lichen Fabrik, obwohl der König auch damit nicht einverstanden
war, daß Terrakotten von verschiedener Höhe verwendet wurden.
Er wollte, der Bau sollte ganz entschieden als Quadernbau
wirken und befahl deshalb beim Maximilianeum nur Terrakotten
von gleicher Höhe zu verwenden, was natürlich mit vorher nicht
gekannten Schwierigkeiten verbunden war. Denn als der Palast
schon im Rohbau fertig war, mußten alle Fensterprofile, Ge-
simse, ja selbst das große Hauptgesimse ganz separat aus Terra-
kotta hergestellt werden und die Fabrik hatte unglaubliche Mühe,
für die ganze Fayade zahllose Details zu liefern.

Nach des Königs Absichten sollte die Maximiliansstraße
noch eine ganze Reihe anderer Staatsgebäude nach Bürklein's

Entwürfen erhalten, und in Folge dessen zeichnete der Architekt
drei verschiedene Pläne zu einem Polytechnikum und Pläne für
ein Militairbereitschaftsgebäude mit Hauptwache, für ein Gym-
nasium, ein Armenhaus, für einen königlichen Palast und für
eine sowohl für die protestantische als katholische Konfession
passende Muster-Kirche, ferner Pläne für den Umbau des Kost-
und Angerthores, für die Verschönerung des Dultplatzes und
endlich für einen fortlaufenden Arkadenbau in der Maximilians-
straße. Was den königlichen Palast betrifft, der in der Maxi-
miliansstraße projcktirt war, so giebt ein Brief des Staatsraths
v. Pfistermeister, damaligen Sekretairs des Königs, an Bürklein
nicht uninteressanten Aufschluß darüber, wie der König aus diesen
Gedanken kam. Er hatte nämlich in Montesquieu's Werken
einen Abschnitt gefunden, in welchem dieser die Schilderung eines
solchen idealen Baues gab. Die Schilderung zog den König so
lebhaft an, daß er Bürklein beauftragen ließ, das von Montes-
quieu gegebene Programm seiner Arbeit zu Grunde zu legen.

Schon die Thätigkeit Bürklein's für den König allein war
eine auch die besten Kräfte auszehrende, und doch war sie nur ein
Theil der Gesammtthätigkeit des Künstlers. In seiner Stellung
als Rath bei der Generaldirection der Verkehrsanstalten lag die
Fürsorge für die riesigen Eisenbahn-Hochbauten des Staates auf
seinen Schultern. Bürklein ist der Erbauer des als Muster
geltenden Bahnhofes in Würzburg, sowie der Bahnhöfe in Augs-
burg, Ansbach, Bamberg, Hof, Neu-Ulm, Nördlingen, Rosen-
heim re. sowie sämmtlicher Stationsgebäude an den Staatsbahnen
zwischen München und Jngolstadt-Treuchtlingcn und Jngolstadt-
Gunzenhausen, Starnberg-Tutzing, Weilheim-Peißenberg, Mün-
chen -Braunau, Augsburg-Jmmenstadt, Holzkirchen - Schliersee,
Schweinfurt-Kissingen, Hof-Eger, Lichtenfels - Stockheim rc., von
den zahllosen Uuterhaltsarbeiten ganz abgesehen.

Vor seiner letzten Erkrankung zeichnete Bürklein noch die
Entwürfe für den kolossalen Bahnhof in der Vorstadt Haidhausen
und für ein neues Zollgebäude. Bürklein führte auch das könig-
liche Postgebäude gegen den Hofgraben und die Münzgasse aus,
welcher Umbau mit großen konstruktiven Schwierigkeiten verbunden
war, änderte die Fayade des königlichen Hof- und National-
Theaters an der Maximiliansstraße, erbaute das damit in Ver-
bindung stehende Koulissenhaus neu und fügte im Jahre 1860/61
dem Staatsbahnhofe die beiden Seitenflügel und Durchfahrten bei.

Bei Erwähnung dessen mag auch ein Rückblick auf den
Mittel- und Haupt-Bau gestattet sein. Die Eigenartigkeit der
großen, ein volles bayerisches Tagewerk (40,000 Quadratfuß)
deckenden Einsteighalle wird auch von Bürklein's entschiedensten
Gegnern anerkannt. Sie hat eine lichte Breite von 99 und
eine Länge von 380 Fuß bei einer größten Höhe von 69 Fuß
und ist mit einem einzigen Bogen überspannt. Es sind vier-
undzwanzig Bogen der Länge nach aufgestellt und tragen selbe
unmittelbar das Dachgebälke. Der Kern eines jeden einzelnen
Bogens ist aus 140 einzelnen fichtenen Brettstückeu konstruirt,
die aufeinander gekittet und überdies mit starken eisernen Nägeln
verbunden sind. Halbzoll dicke Brettstücke aus Lerchenholz, ebenso
gekittet und genagelt, umkleiden die Bogen, so daß aus jeden
einzelnen Bogen mehr als tausend Brettstücke und gegen zehn-
tausend Nägel treffen. Eigeuthümlich war die Art und Weise
der Aufstellung dieser Bogen. Auf dem ziemlich entfernt liegen-
 
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