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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 18.1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.12974#0283

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Unterbau aussetzt. Die Treppenstufen, welche zu derselben empor-
führen, bestehen aus grauem schlesischein Marmor, während der
Kern der Denkmalssäule, die sich darüber erhebt, hier von einem
Sockel aus polirtem Syenit getragen wird. Die kreisrunde
Säulenhalle läuft rings um den Schaft der Säule in einer
Dnrchmesserweite von 50 Fuß herum und zeigt an der Pe-
ripherie des Kreises 16 polirte Monolithe von je 16 Fuß Höhe
und 3 Fuß Durchmesser aus rothem Granit, die ans Basen aus
einem pommerschen Granitblock ruhen und von bronzenen Ka-
pitälen gekrönt sind. Dariiber liegt das aus grauem schlesischem
Marmor gearbeitete Ringdach der Halle, dessen innerer Rand
sich um die Denkmalssäule legt. Die kassettirte Decke ist durch
bronzene Rosetten in blauen Feldern geschmückt. Von der
unteren Plattform bis zu diesem Dachrande beträgt die Höhe
56 Fuß. Die Denkmalssäule selbst, welche von hier ab frei
und allein mit einem Durchmesser von 16 Fuß emporsteigt, ist
inwendig in ihrer Höhlung mit einer Sandsteintreppe versehen,
die oben in eine Eisentreppe übergeht und im Ganzen 246 Stufen
zählt, welche an verschiedenen Stellen durch Absätze mit Ruhe-
sitzei: unterbrochen werden. Der äußere Schaft der Säule zeigt
20 tiefe Kannelirungen, welche aber, statt bis zum Kapitäl durch-
zugehen, in drei Geschossen unterbrochen sind. Am Beginn eines
Jeden derselben sind, durch Laubgewinde unter sich verbunden,
vergoldete Geschützrohre, Eroberungen der drei letzten Kriege,
aufrecht in die Höhlungen der Kannelirungen eingefügt. Nach
oben endet die Säule in einem Kapitäl, welches durch 8 mit
Laubgewinden untereinander verbundene Adler mit ausgebreite-
ten Flügeln gebildet wird. In einer Höhe von 150 Fuß
über dem Boden schließt das Kapitäl mit einer, von einem
Bronzegitter umgebenen Plattform ab, welche ihrerseits wieder
die Grundebene für das 14 Fuß hohe Sandstein-Postament der
das Ganze krönenden geflügelten kolossalen Viktoria aus vergol-

deter Bronze bildet, welche bekanntlich Drake modellirt hat.
Sie mißt vom Fuß bis zur Spitze des Adlerhelms 31 Fuß.
Wir können an dieser Stelle nicht in eine Würdigung der hohen
Schönheit, welche über diese Kolossalfigur ausgegossen ist, näher
eingehen und begnügen uns nur mit der Bemerkung, daß sie in
dieser kolossalen Höhe durchaus nicht zu ihrer vollen Wirkung
gelangt. Der Meister hat jede Erinnerung an die Antike mit
richtigem Takte vermieden. Bei aller Idealität der Formen
liegt doch etwas ausgesprochen Germanisches in der ganzen
Bildung der Figur, das höchst patriotisch anmuthet. Ein lweiter,
mit der Spitze hoch zur Brust hinauf steigender, vorn mit dem
Relief des Adlers geschmückter, Gürtel schließt über den Hüften
das in mächtigen Faltenmassen zurückfliegende Gewand um den
Leib. Während sie in der Rechten den vollen Kranz für die
Krieger schwingt, hält die Linke statt der Fahne die Panierstange,
deren Bekrönung das eiserne Kreuz inmitten des Lorbeerkranzes
bildet. —

Wir kommen nun zu der eigentlichen, ans die Kriege be-
züglichen Figurenausschmückung des Denkmals. Bei der obigen
Beschreibung der konstruktiven Haupttheile desselben kann man
allerdings Manches bemängeln, z. B. die allerdings sehr origi-
nale, vielleicht aus Reminiscenz an die römischen Rostralsäulen,
die bekanntlich mit den Schiffsschnäbeln der eroberten Schiffe
geschmückt waren, entstandene Dekorirung der dreietagigen Kan-
nelirungen der Säule mit vergoldeten feindlichen Kanonen, welche
aussehen, als wären sie aus einer Spielzeugschachtel gepackt,
und Anderes. Jndeß eigentlich Widerspruchsvolles findet sich na-
türlich hier nicht, außer in allgemeiner architektonischer Hinsicht.
Anders dagegen verhält es sich mit der figürlichen Ornamentation
der Außen- und Jnnenräume, die theils in plastischen, theils in
malerischen Darstellungen bestehen.

(Schluß folgt.)

Korrespondenzen.

chtverin, Ende August. (Ausstellung im Verein
der Künstler und Kunstfreunde.) Der Verein der
Künstler und Kunstfreunde Hieselbst hat seit Kurzem eine
permanente Kunstausstellung in seinem Vereinslokale in's
Leben gerufen, die aus Berlin von Zeit zu Zeit Bilder
moderner Meister zugesandt enthält und daneben Ge-
mälde von hiesigen Künstlern zur Anschauung bringt.

Aus Berlin waren hier sechs Bilder ausgestellt, nämlich
ein „Englisches Fischerdorf" von E. Berninger in Weimar,
das durch Stimmung und Tiefe des Gehalts allgemein gefiel und
als ein Werk von eminenter Leistung sich überall behaupten wird.
— Das „Weidende Vieh" von Herbst in Weimar ist in der Be-
handlung der Thiere sorgfältig gemalt; weniger gefiel das zu früh-
lingsfrische Grün des Vordergrundes. — Stelling's „Schaf-
Heerde", vortrefflich ausgeführt, zeugt von Gediegenheit und feinem
Verständniß. — Ruinart's „In Neapel", in der Zeichnung und
im Kolorit gefällig, mit ansprechenden Staffagefiguren, zeigt eine
Naturwirküng eigenster Art. Himmel und Meer in blaßblauer
Stimmung sind bei diesem Bilde von besonderem Reiz. — Sell's
„Wachtposten vor Metz" ist ein süperbes Kabinetsstück und recht-
fertigt den Ruf des Künstlers in jeder Beziehung. — „Am Bos-
porus" von Formis ist ein sehr interessantes Bild mit reich staf-

firter Landschaft und reizenden Frauengestalten, welches viele technische
Vorzüge besitzt.

Neben diesen Bildern gelangten noch drei Landschaften von
Theodor Martens in Wismar zur Ausstellung. Es sind ganz
anmuthige Stimmungsbilder, sogenannte Strandpartien nach heimath-
lichen Motiven, jedoch fehlt ihnen leider jegliche Staffage, während
sie mit einer solchen zu effektvollerer Wirkung gelangen würden.

Noch waren vorhanden zwei treffliche Thierstücke von H. von
Boddin und zwei Bilder im Thiergenre von Frl. Minna Stocks,
beide hieselbst, welche durch wohlgelungene Ausführung gefielen. Von
Fr. Jentzen hieselbst waren ein vorzügliches Architekturstück „Der
Markt von Quedlinburg" und eine reizende Landschaft „Der Eisen-
hammer bei Schwelm in Westphalen" eingesandt, die sich allgemeinen
Beifalls erfreuten.

Von Hagemeister in Weimar ist eine große Sommerland-
schaft vorhanden, die in Zeichnung und Komposition sehr zu loben,
in der malerischen Ausführung jedoch noch Manches zu wünschen
übrig läßt.

In der großherzoglichen Gemäldegallerie kamen jüngst zur Aus-
stellung: Lange's „Altarbild", den gekreuzigten Heiland mit den
drei Frauen zu Füßen des Kreuzes darstellend, und Malchin's
„Mühle zu Eixen", welche ein sehr schönes Talent zur Anschauung
 
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