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Petersburg zu, wo sein Name als Künstler zu großem Ansehen ge-
langt ist und wo er reichen Absatz seiner Gemälde findet. Gegen-
wärtig führt er hier in seiner still gelegenen Villa diverse Aufträge
für Petersburger Notabeln aus nach naturgetreuen Skizzen aus dem
Innern Rußlands.
Im Künstlervereinslokal glänzt gegenwärtig Fr. Jentzen mit
seinem reizenden „Schweriner Schloß". Bei diesem Bilde hat er
sich als Architekturmaler in seiner ganzen Größe gezeigt. Seine
Leistungen auf diesem Gebiete werden mit zu den besten in Deutsch-
land gezählt. — Von Theodor Martens (Wismar) ist eine sehr
ansprechende Strandlandschaft eingesandt, die hier viele Verehrer findet.
Die Fundamentirungsarbeiten zum Denkmal für die im Kriege
gegen Frankreich 1870/71 gebliebenen Mecklenburger auf dem „Alten
Garten" Hieselbst sind soweit vorgeschritten, daß am 2. December c.,
als dem bedeutendsten Ruhmestage der mecklenburgischen Truppen,
die feierliche Grundsteinlegung stattfinden wird.
F. München, Ende November. (Die Regenerations-
Arbeiten in der Pinakothek und der Korrespondent der
A. A. Ztg.) In der Beilage der Allgemeinen Augsburger Zeitung
vom 7. Novbr. d. I. erwähnt der Korrespondent F. Pt. gelegentlich
auch — und zwar, wie es heißt, „diesmal nur als Warnung" — des
Unwesens, welches gegenwärtig in der königl. Pinakothek in Bezug
auf Restauration nud Regeneration mit den. herrlichsten Bildern ge-
trieben wird. — Es liegt nicht in unserer Absicht, dieses von uns
bereits öfter behandelte Thema noch einmal zu erörtern, oder auf
die Auslassungen des Herrn Korrespondenten näher einzugehen; was
er sagt, ist für uns am allerwenigsten etwas Neues, sondern ledig-
lich eine Wiederholung unsrer gleich bei Beginn der Restaurations-
und Regenerations-Arbeiten der Pinakothek ausgesprochenen Ansichten;
neu ist nur, daß er es sagt, und dies ist auch der Grund, wes-
halb wir überhaupt von seiner darauf bezüglichen Besprechung Notiz
nehmen.
Der Herr Korrespondent F. Pt. hat beim ersten Erscheinen
der Regenerations-Erfindung gegen dieselbe geschrieben, sie als
werthlos, unbrauchbar, ja noch mehr, als geradezu schädlich und
verwerflich bezeichnet, und zwar aus diesen und jenen unwiderlegbaren
Gründen; nach einiger Zeit schrieb er gerade das Gegentheil, be-
kannte, daß er sich in seinem ersten Urtheil geirrt, daß die genannte
Erfindung von hohem Werthe, von außerordentlicher Bedeutung sei,
jede gegentheilige Ansicht ein Beweis von Ignoranz rc. rc. — und
zwar wiederum aus verschiedenen unwiderleglichen Gründen. — Als
das Regencrations- und Restaurations-Werk an der Pinakothek be-
gann und wir ernst und dringend aus die Gefahr des gewissen
Ruines hinwiesen, welcher dadurch der schönen Sammlung drohe,
wenn man solchem gewissenlosen Treiben nicht Einhalt gebiete, da
war es wieder der Herr F. Pt. Korrespondent, welcher für die
außerordentlichen Leistungen in dieser Beziehung in die Schranken
trat und die entgegengesetzten Behauptungen als unbegründet zu ent-
kräften suchte. Heute nun spricht er sich ganz im Sinne jener von
ihm damals negirten Behauptungen aus, und zwar mit derselben
Bestimmtheit, wie früher bezüglich des Gegentheils.
Es drängt sich unwiderleglich dabei die Frage auf, wie ein
solcher Wechsel der Ansicht und des Urtheils mit der Aufgabe und
Würde der Kritik sich vertrage; woran das Publikum sich halten
und was schließlich aus unseren Kunstzuständen werden solle, wenn
die Kritik in solcher Weise geübt wird? Sie muß nothwendig ihr
Ansehen und dadurch auch ihre Berechtigung verlieren. Jrrthum ist
verzeihlich und seinen Jrrthum einzugestehen gewiß lobenswerther,
als darin wider besseres Wissen zu verharren; allein von einem
Extrem zum andern vor- und wieder rückwärts zu springen — je
nach den Umständen: das zeugt entweder von einer an jeder kritischen
Uebcrzeugung baaren Unsicherheit oder von einer Elasticiiät des
kritischen Gewissens, um die wir den Herrn Korrespondenten nicht
beneiden können.
Wenn daher Herr F. Pt. „hofft, daß man auf seine Warnung
hören und nicht zu weiterem Verfolgen des Gegenstandes nöthigen
werde", so zweifeln wir nach dem Obigen, ob diese zuversichtliche
Erwartung sich erfüllen werde, da an zuständiger Stelle man ihn
mit Recht an seine frühere, das Gegentheil von seiner jetzigen Mei-
nung darlegenden Ansichten von der Sache erinnern könnte. Wir
meinen, daß diese „Umkehr der Wissenschaft" des Herrn F. Pt. der
von uns mit Eifer und Konsequenz vertretenen Opposition gegen
das „Unwesen" auf der Pinakothek der Sache mehr Nachlheil brin-
gen als Vorschub leisten werde. Denn leider ist sein Artikel —
wenn man die früheren, das Gegentheil behauptenden damit ver-
gleicht — weniger dazu angethan, den Herren von der Regeneration
zu imponiren als sie in ihrem unheilvollen Streben zu bestärken, da
sie allem etwa sich regenden Bedenken gegenüber auf den thatsäch-
lichen Widerspruch in den Ansichten eines und desselben als „Autorität"
sich geltend machenden Kritikers Hinweisen. Von da bis zum Be-
weise der „Ignoranz" ist es natürlich nur ein Schritt. Versteht
also Herr F. Pt. von der Sache nichts, was gilt dann sein Urtheil?
LJ München, 17. November. Es ist eine alte Erfahrung,
daß der Appetit unter dem Essen kommt. Sie wissen, daß das
königl. Staats-Ministerium des Innern für Kirchen- und Schul-
angelegenheiten es für gut befunden hat, die kgl. Glasmalanstalt
„als solche" aufzuheben. (Als was sie fortbestehen soll, das hat
mein beschränkter Unterthanenverstand bis heute noch nicht erforschen
können.) Nun findet aber Professor Piloty ihre Räume noch zu
beschränkt, und es sind im Budget 40,000 fl. für den Aufbau eines
zweiten Stockwerkes eingestellt. Natürlich, die Zahl der Pilotyschüler
wächst von Jahr zu Jahr und im Gebäude der vormaligen Glas-
malanstalt ist blos Raum für zwanzig. Das geht nämlich so zu.
Es ist zwar anderwärts üblich, daß man in mäßig großen Ateliers
mindestens zwei Schüler unterbringt und das mit Recht, denn die
Gebühren, welche sie zu bezahlen haben, sind so unbedeutend, daß
man kaum die Reinigungskosten damit bestreiten kann, während der
Staat den Akademieschülern außer dem Arbeitsraum noch freie Be-
heizung und Modellgelder bietet. Was sich für gewöhnliche Akademie-
Schüler schickt, darf man aber natürlich den Schülern eines Piloty
nicht zumuthen, denn das sind keine Akademieschüler im landläufigen
Sinne des Wortes; das sind vielmehr zum großen Theile Herren
von ganz selbstständiger Lebensstellung. So ein königl. dänischer
Professor N°ung, ein pensionirter kgl. württembergischer Rittmeister
Fabre du Faur, Hermann Kaulbach, der Sohn Wilhelm v. Kaul-
bach u. A. Sie würden es auch höchst übel nehmen, wollte man
sie im bürgerlichen Leben als Schüler der Akademie behandeln, und
demgemäß sind sie auch, laut Ausweis des Rechenschaftsberichts des
hiesigen Kunstvereins, nicht gleich den übrigen „Zöglingen der Aka-
demie" als „außerordentliche", sondern wie sich sür Künstler, die
nach ihrer eigenen Angabe ihre Bilder um 5—10,000 fl. verkaufen,
gebührt, als „ordentliche" Bereinsmitglieder vorgetragen. Wer das
Glück hat, ihre Ateliers besuchen zu dürfen, ist angenehm überrascht
von dem Comfort, der darin herrscht. Da fehlen nirgends die um-
fangreichen Renaissance-Kästen und andere mehr oder minder kunst-
reich geschnitzten Schränke, Tische und Stühle, die mit werthvollen
Majoliken ausgestatteten Buffets, die prunkenden Gobelins und
was sonst zur Einrichtung eines Künstlers von Ruf gehört. All'
diese Dinge nehmen aber natürlich so viel Raum ein, daß man
schon deshalb jedem der Herren ein eigenes Zimmer zuweisen muß.
Petersburg zu, wo sein Name als Künstler zu großem Ansehen ge-
langt ist und wo er reichen Absatz seiner Gemälde findet. Gegen-
wärtig führt er hier in seiner still gelegenen Villa diverse Aufträge
für Petersburger Notabeln aus nach naturgetreuen Skizzen aus dem
Innern Rußlands.
Im Künstlervereinslokal glänzt gegenwärtig Fr. Jentzen mit
seinem reizenden „Schweriner Schloß". Bei diesem Bilde hat er
sich als Architekturmaler in seiner ganzen Größe gezeigt. Seine
Leistungen auf diesem Gebiete werden mit zu den besten in Deutsch-
land gezählt. — Von Theodor Martens (Wismar) ist eine sehr
ansprechende Strandlandschaft eingesandt, die hier viele Verehrer findet.
Die Fundamentirungsarbeiten zum Denkmal für die im Kriege
gegen Frankreich 1870/71 gebliebenen Mecklenburger auf dem „Alten
Garten" Hieselbst sind soweit vorgeschritten, daß am 2. December c.,
als dem bedeutendsten Ruhmestage der mecklenburgischen Truppen,
die feierliche Grundsteinlegung stattfinden wird.
F. München, Ende November. (Die Regenerations-
Arbeiten in der Pinakothek und der Korrespondent der
A. A. Ztg.) In der Beilage der Allgemeinen Augsburger Zeitung
vom 7. Novbr. d. I. erwähnt der Korrespondent F. Pt. gelegentlich
auch — und zwar, wie es heißt, „diesmal nur als Warnung" — des
Unwesens, welches gegenwärtig in der königl. Pinakothek in Bezug
auf Restauration nud Regeneration mit den. herrlichsten Bildern ge-
trieben wird. — Es liegt nicht in unserer Absicht, dieses von uns
bereits öfter behandelte Thema noch einmal zu erörtern, oder auf
die Auslassungen des Herrn Korrespondenten näher einzugehen; was
er sagt, ist für uns am allerwenigsten etwas Neues, sondern ledig-
lich eine Wiederholung unsrer gleich bei Beginn der Restaurations-
und Regenerations-Arbeiten der Pinakothek ausgesprochenen Ansichten;
neu ist nur, daß er es sagt, und dies ist auch der Grund, wes-
halb wir überhaupt von seiner darauf bezüglichen Besprechung Notiz
nehmen.
Der Herr Korrespondent F. Pt. hat beim ersten Erscheinen
der Regenerations-Erfindung gegen dieselbe geschrieben, sie als
werthlos, unbrauchbar, ja noch mehr, als geradezu schädlich und
verwerflich bezeichnet, und zwar aus diesen und jenen unwiderlegbaren
Gründen; nach einiger Zeit schrieb er gerade das Gegentheil, be-
kannte, daß er sich in seinem ersten Urtheil geirrt, daß die genannte
Erfindung von hohem Werthe, von außerordentlicher Bedeutung sei,
jede gegentheilige Ansicht ein Beweis von Ignoranz rc. rc. — und
zwar wiederum aus verschiedenen unwiderleglichen Gründen. — Als
das Regencrations- und Restaurations-Werk an der Pinakothek be-
gann und wir ernst und dringend aus die Gefahr des gewissen
Ruines hinwiesen, welcher dadurch der schönen Sammlung drohe,
wenn man solchem gewissenlosen Treiben nicht Einhalt gebiete, da
war es wieder der Herr F. Pt. Korrespondent, welcher für die
außerordentlichen Leistungen in dieser Beziehung in die Schranken
trat und die entgegengesetzten Behauptungen als unbegründet zu ent-
kräften suchte. Heute nun spricht er sich ganz im Sinne jener von
ihm damals negirten Behauptungen aus, und zwar mit derselben
Bestimmtheit, wie früher bezüglich des Gegentheils.
Es drängt sich unwiderleglich dabei die Frage auf, wie ein
solcher Wechsel der Ansicht und des Urtheils mit der Aufgabe und
Würde der Kritik sich vertrage; woran das Publikum sich halten
und was schließlich aus unseren Kunstzuständen werden solle, wenn
die Kritik in solcher Weise geübt wird? Sie muß nothwendig ihr
Ansehen und dadurch auch ihre Berechtigung verlieren. Jrrthum ist
verzeihlich und seinen Jrrthum einzugestehen gewiß lobenswerther,
als darin wider besseres Wissen zu verharren; allein von einem
Extrem zum andern vor- und wieder rückwärts zu springen — je
nach den Umständen: das zeugt entweder von einer an jeder kritischen
Uebcrzeugung baaren Unsicherheit oder von einer Elasticiiät des
kritischen Gewissens, um die wir den Herrn Korrespondenten nicht
beneiden können.
Wenn daher Herr F. Pt. „hofft, daß man auf seine Warnung
hören und nicht zu weiterem Verfolgen des Gegenstandes nöthigen
werde", so zweifeln wir nach dem Obigen, ob diese zuversichtliche
Erwartung sich erfüllen werde, da an zuständiger Stelle man ihn
mit Recht an seine frühere, das Gegentheil von seiner jetzigen Mei-
nung darlegenden Ansichten von der Sache erinnern könnte. Wir
meinen, daß diese „Umkehr der Wissenschaft" des Herrn F. Pt. der
von uns mit Eifer und Konsequenz vertretenen Opposition gegen
das „Unwesen" auf der Pinakothek der Sache mehr Nachlheil brin-
gen als Vorschub leisten werde. Denn leider ist sein Artikel —
wenn man die früheren, das Gegentheil behauptenden damit ver-
gleicht — weniger dazu angethan, den Herren von der Regeneration
zu imponiren als sie in ihrem unheilvollen Streben zu bestärken, da
sie allem etwa sich regenden Bedenken gegenüber auf den thatsäch-
lichen Widerspruch in den Ansichten eines und desselben als „Autorität"
sich geltend machenden Kritikers Hinweisen. Von da bis zum Be-
weise der „Ignoranz" ist es natürlich nur ein Schritt. Versteht
also Herr F. Pt. von der Sache nichts, was gilt dann sein Urtheil?
LJ München, 17. November. Es ist eine alte Erfahrung,
daß der Appetit unter dem Essen kommt. Sie wissen, daß das
königl. Staats-Ministerium des Innern für Kirchen- und Schul-
angelegenheiten es für gut befunden hat, die kgl. Glasmalanstalt
„als solche" aufzuheben. (Als was sie fortbestehen soll, das hat
mein beschränkter Unterthanenverstand bis heute noch nicht erforschen
können.) Nun findet aber Professor Piloty ihre Räume noch zu
beschränkt, und es sind im Budget 40,000 fl. für den Aufbau eines
zweiten Stockwerkes eingestellt. Natürlich, die Zahl der Pilotyschüler
wächst von Jahr zu Jahr und im Gebäude der vormaligen Glas-
malanstalt ist blos Raum für zwanzig. Das geht nämlich so zu.
Es ist zwar anderwärts üblich, daß man in mäßig großen Ateliers
mindestens zwei Schüler unterbringt und das mit Recht, denn die
Gebühren, welche sie zu bezahlen haben, sind so unbedeutend, daß
man kaum die Reinigungskosten damit bestreiten kann, während der
Staat den Akademieschülern außer dem Arbeitsraum noch freie Be-
heizung und Modellgelder bietet. Was sich für gewöhnliche Akademie-
Schüler schickt, darf man aber natürlich den Schülern eines Piloty
nicht zumuthen, denn das sind keine Akademieschüler im landläufigen
Sinne des Wortes; das sind vielmehr zum großen Theile Herren
von ganz selbstständiger Lebensstellung. So ein königl. dänischer
Professor N°ung, ein pensionirter kgl. württembergischer Rittmeister
Fabre du Faur, Hermann Kaulbach, der Sohn Wilhelm v. Kaul-
bach u. A. Sie würden es auch höchst übel nehmen, wollte man
sie im bürgerlichen Leben als Schüler der Akademie behandeln, und
demgemäß sind sie auch, laut Ausweis des Rechenschaftsberichts des
hiesigen Kunstvereins, nicht gleich den übrigen „Zöglingen der Aka-
demie" als „außerordentliche", sondern wie sich sür Künstler, die
nach ihrer eigenen Angabe ihre Bilder um 5—10,000 fl. verkaufen,
gebührt, als „ordentliche" Bereinsmitglieder vorgetragen. Wer das
Glück hat, ihre Ateliers besuchen zu dürfen, ist angenehm überrascht
von dem Comfort, der darin herrscht. Da fehlen nirgends die um-
fangreichen Renaissance-Kästen und andere mehr oder minder kunst-
reich geschnitzten Schränke, Tische und Stühle, die mit werthvollen
Majoliken ausgestatteten Buffets, die prunkenden Gobelins und
was sonst zur Einrichtung eines Künstlers von Ruf gehört. All'
diese Dinge nehmen aber natürlich so viel Raum ein, daß man
schon deshalb jedem der Herren ein eigenes Zimmer zuweisen muß.