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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 18.1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.12974#0387

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Lach'schen Kompositionen: „Lotte", „Tasso", „Hermann und
Dorothea", „Goethe auf dem Eise" und „Goethe in Weimar".
Sie alle, gleich wie die kleinen Blätter „Erlinde" nach M.
v. Schwind und „Die Untersberger Mannl" nach C. v. Piloty
sind vorwiegend mit dem Stichel gearbeitet und als Farben-
stiche gehalten. Dasselbe gilt auch von den neueren Blättern,
dein „Verhör beim Schullehrer" nach Vautier, dessen Original
dem Künstler leider nie zu Gesicht kam, von der „Erklärung"
nach A. v. Ramberg und dem großen Stiche „Die Verlassene
auf den: Tanzboden" nach Kindler in Düsseldorf.

Außer den eben genannten Blättern stach Raab sehr schöne
Bildnisse Alex. v. Humboldt's und seines Bruders Wilhelm,
I. Kant's und W. v. Kaulbach's in seinem 50. Lebensjahre.

Alle seine Stiche zeichnen sich durch hohe Treue der Auf-
fassung, liebevolles Eingehen in den Geist des Vorbildes,
Richtigkeit und Feinheit der Zeichnung, sowie durch eine
meisterhafte Führung des Stiches aus, welche die Taillen als
mit innerster Nothwendigkeit aus der jeweiligen Form sich von
selbst ergebende erscheinen läßt. Dabei hütet er sich vor einer
einseitigen Bevorzugung des rein Malerischen in seinen Vor-
bildern, so daß er uns in seinen Blättern vor Allem durch die
höchst gelungene und strenge Technik erfreut, durch die geistvolle
und erfinderische Weise, mit welcher er einerseits die Beleuchtung
und malerische Wirkung der Originale wiedergiebt, ohne andrer-
seits der Natur und Würde des Grabstichels etwas zu vergeben,
sowie endlich durch die ungewöhnliche Klarheit, Kraft und Eleganz
seines Instruments. — Auch in der Führung der Radirnadel
versuchte sich Raab, und zwar mit ungewöhnlich günstigem Er-
folge; seine Radirung nach Feuerbach's „Die heiligen Frauen
am Grabe Christi" darf den besten gleichartigen Leistungen der
Neuzeit getrost zur Seite gestellt werden.

Drei Jahre, nachdem er (1865) eine zweite Ehe einge-
gangen, erhielt Raab einen ehrenvollen Ruf als Professor an
die Kupferstechschule der münchener Akademie. Seine Thätigkeit
beschränkt sich aber hier nicht auf sein spccielles Fach, sondern
greift auch zum großen Gewinne der Anstalt wie der Schüler
über dasselbe hinaus, indem er erfolgreichen Unterricht in den
zeichnenden Klassen ertheilt, was um so freudiger begrüßt werden
muß, als an der genannten Kunstanstalt das Streben nach brillanter
Technik nicht ohne sichtbare nachtheilige Einflüsse auf Zeichnung
und Komposition geblieben ist und Raab seinerseits zu Denen
zählt, welche bei aller Anerkennung technischer Verdienste die
Vortheile des soliden Zeichnens nie aus den Augeu verloren hat.

Einem Künstler wie Raab konnte es nicht wohl an äußerer
Anerkennung Dessen fehlen, was er geleistet.

Königin Victoria von England hatte ihm den Stich zweier
Portraits ihres Gemahls, des Prinzen Albert übertragen, deren
eines ihr interessantes Buch über diesen schmückt und dankte ihm
1864 persönlich durch die Uebersendung eines werthvollen Brillant-
ringes. Die Jury des pariser Salons von 1867 bedachte ihn
mit der goldenen Medaille, und auch aus Anlaß seiner Beschickung
der wiener Weltausstellung von 1873 ward er prämiirt; der
König Ludwig II. von Bayern aber zeichnete ihn zu Anfang
desselben Jahres durch Verleihung des Verdienstordens vom
heiligen Michael aus.

Schon vor Jahren hat Raab Raphael's wunderliebliche
Madonna aus dem Hanse di Tempi, z. Z. in der alten Pina-
kothek zu München, mit fettener Meisterschaft in Wasserfarbe
kopirt und ist dermal mit dem Stiche hienach beschäftigt, der,
soweit jetzt schon ein Urtheil möglich ist, alle früheren Repro-
ductionen dieses Meisterwerkes weit hinter sich zu lassen ver-
spricht.

Kunst- Khronik.

! erlin. Vor einiger Zeit ist hier ein Kunst- und An-
tiquitätensammler, Namens Jacob Wilhelm Moßner,
gestorben. Seine Sammlung enthält viele kostbare und
höchst seltene Stücke, welche dem Bereiche der Kunst an-
gehören. Die Besorgnisse der Kenner, welche glaubten,
die reichhaltige Sammlung sollte nach des Besitzers Tode
zerstückelt werden, erweisen sich als unbegründet, da der Verstorbene
durch letztwillige Bestimmung seine Sammlung dem Besitze unsrer
Museen übergeben hat. ***

2*2 — Der Kaiser hat zu dem vom Germanischen Museum
in Nürnberg unternommenen Wiederaufbau einzelner Theile deS ab-
gebrochenen Augustinerklosters einen Beitrag von 1000 Fl. gespendet.

Dresden. Friedrich Preller hat hier sein neues in Wachs-
farben hergestelltes Wandgemälde, welches das Forum Nomanum ver-
anschaulicht, beendet und in seinem Atelier zur Ansicht ausgestellt.
Es ist ein Gegenstück zu seiner „Bucht von Bajä" und geht gleich
dieser in den Besitz des Dr. Härtel, eines leipziger Kunstfreundes,
über. Der Künstler hat mit überraschendem Glück die Aufgabe ge-
löst, den phantasievoll anregenden Reizen südlicher Naturschönheit die
eigenthümliche Poesie der römischen Ruinenarchitektur an die Seite
zu setzen.

Weimar. Die Fresken B. Neher's im Schiller- und
Goethezimmer des Residenzschlosses hier werden demnächst durch ein

großes Prachtwerk in die Oeffentlichkeit gelangen, welches W. Spe-
mann's Verlagsbuchhandlung in Stuttgart vorbereitet. Dasselbe wird
20 Blatt von Fr. Hanfstängl nach den Originalcartons ausgenommene
Photographien in Folio mit ausführlichem Text von W. Lübke ent-
halten.

2*2 Hannover. Man gedenkt hier dem berühmten Karl
Devrient ein Grabdenkmal zu errichten und wird zu diesem Behufe
ein Koncert veranstalten.

2*2 Frankfurt a. M. Wir wollen auf das augenblicklich
im hiesigen Kunstverein ausgestellte Werk eines jungen Künstlers
aufmerksani machen, welches ein in der Auffassung und Technik be-
deutendes Talent verräth. In Marmor ausgeführt, stellt dasselbe
einen „Knaben mit Maske" dar und ist im Ganzen ebenso genial er-
funden, als im Einzelnen meisterhaft ausgeführt. Dem Künstler,
Louis Tendlau aus Berlin, hat dieses Standbild bereits den ersten
Schadowpreis der berliner Akademie eingetragen.

Wien. Die Ausstellung des österreichischen Kunstvereins ist
augenblicklich an Meisterwerken reich. Der erste Rang gebührt der
prächtigen Zeichnung Führich's: „Dir aber wird ein Schwert
durch die Seele dringen". An diese reihen sich zwei Bilder von
Eduard Heinel: „Der See von Nemi" und „Motiv vom Tivoli".
Auch über diese trefflichen Oelgemälde, wie über Führich's Zeichnung
hatten wir bereits berichtet. Ferner sind ausgestellt schöne Radirungen
 
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