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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 51.1922-1923

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Esswein, Hermann: Die Landschaft J. W. Schüleins
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https://doi.org/10.11588/diglit.9144#0273

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J. W. SCHÜLEIN—MÜNCHEN.

GEMÄLDE »BOOTE IM PARK«

DIE LANDSCHAFT J. W. SCHÜLEINS.

Im Kreise der Münchener Neuen Secession ist
J.W. Schülein der Landschafter aus innerer
Berufenheit, nicht aus der grundsätzlichen Hal-
tung des Fachspezialisten heraus. Der Impres-
sionismus, der die Landschaft wieder entdeckte
und in dem Schüleins Anfänge noch deutlich
wurzeln, gab ihr eine Form, die nur durch un-
mittelbares Erleben zustande kommen konnte,
aber von einer besonderen Energie gefaßt und
gehärtet werden mußte, sollte sie nicht im Skiz-
zenmäßigen oder gar in der leidigen Halbheit
der Studienmalerei verhaftet bleiben.

In ihren voll erfüllten Werken hat also schon
die impressionistische Bildform der Landschaft
etwas, was über den bloßen Beobachtungs-
realismus des Freilicht - Ausschnittes hinaus
deutet, bei manchen auf dem Weg der farbigen
und der motorischen Steigerung und damit Um-
setzung der Form entschieden über ihn hinaus-
geht in eine Welt erregter persönlicher Stil-
bildung. Viele beruhigten sich freilich bei dem
Schein-Fortschritt eines Bild-Schematismus, der
sich von der Natur abwandte und gleichzeitig
auf Entdeckungen oder auch nur Permutationen
im eigenen Inneren verzichtete, der rein von
außenher dem Wirklichkeits - Ausschnitt ein
kompositorisches, linear- und farbenabstraktes

Zwangsgewand überstreifte, ein Bild-Schema-
tismus, der Stil zu bieten schien, wo es sich in
Wirklichkeit doch nur um die Willkür einer
kunstgewerblichen Stilisierung handelte.

Wenn wir bei J. W. Schülein zwischen den
naturnäheren Bildern, die nicht alle seiner Früh-
zeit angehören und den freier gestalteten, chao-
tischeren, subjektiveren einen Bruch wahrneh-
men, dessen Ausgleich, die Farbe, wir hier nicht
vor Augen stellen können, so sagt diese Labi-
lität nur zu Gunsten des Künstlers aus, der
gewiß so gut wie viele andere sich jenes beliebte
Stil-Ersatzmittel, irgend eine mechanische Über-
drastik der Form, irgend eine Manier der Farbe
hätte zurechtmachen können.

Was ihn auf seinen eigenen gar nicht immer
unproblematischen Weg führte, war in erster
Linie, wenn man so sagen kann, ein intensives,
übererregtes Weiterempfinden des Farbigen.
Vor irgend einem überraschenden Motiv — es
ist Schülein wesentlich, motivlich zu empfinden
und von seinen Motiven überrascht, oft gerade-
zu erschreckt zu werden — ergibt sich ein un-
alltägliches Zusammentreffen seltener Lokal-
farben, ein durch ungewöhnliche atmosphärische
Zustände — am liebsten Sonnendunst, Früh-
nebel — angeregtes Spiel der Lichter, und Von
 
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