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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0087

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I. Abschnitt. Das Dionysos-Theater in Athen.

nachdem die Basis mit der Aufschrift des Astydamas ihren richtigen Platz
erhalten hat, können jene Feldherfn nicht mehr in Frage kommen. Die Nachricht
der Scholien muss daher durch ein Missverständniss des Aristides entstanden
sein, wie schon U. v. Wilamowitz, Aristoteles und Athen I, S. 263 ausge-
sprochen hat. Welches Standbild dem Astydamas gegenüber an der anderen
Ecke des Sitzraumes aufgestellt war, ist nicht bekannt. Das Epigramm, welches
für die Statue des Astydamas gedichtet war, ist uns erhalten (vergl. Preger, Inscr.
metr. 158) und stand wahrscheinlich auf dem jetzt fehlenden Obersteine der Basis.

Schliesslich haben wir noch die Seitenräume zu erwähnen, welche sich bei-
derseits an die Skene und ihre Paraskenien anschliessen. Ihre Grundrissform
ist nicht mehr mit Sicherheit zu erkennen, weil selbst die Fundamente bei den
späteren Umbauten des Skenengebäudes vielfach beschädigt worden sind. Zunächst
lag wahrscheinlich neben dem Skenensaal je ein grosses quadratisches Zimmer
und davor neben den beiden Parodoi je ein schmaler corridorähnlicher Raum. Die
beiden Zimmer können vielleicht dem Chor als Aufenthaltsort gedient haben,
doch ist es auch möglich, dass sie von dem Skenensaal nicht getrennt waren
und mit diesem einen einzigen langen Saal bildeten. Die beiden corridorähn-
lichen Räume wird man nach Analogie der entsprechenden Teile des Skenen-
gebäudes von Epidauros am liebsten für Rampen oder Treppen halten, die zum
Oberstock der Paraskenien hinaufführten ; doch ist auch hier die Trennungswand,
wie ein Blick auf den Grundriss der erhaltenen Mauern (Tafel III) zeigt, nicht
vorhanden und daher die ehemalige Existenz der schmalen Räume nicht voll-
kommen sicher. Gut erhalten ist nur die Nordwand des westlichen Raumes mit
ihren noch an Ort und Stelle befindlichen Orthostaten und die an ihrem west-
lichen Ende liegende Thür, welche das Skenengebäude mit der Parodos verband.
Spuren einer Treppe oder Rampe sind an der Innenseite der Wand nicht zu
erkennen.

Die schmalen Räume können aber auch in anderer Weise erklärt werden.
In dem Theater von Megalopolis werden wir die sicheren Reste der Einrichtung
einer « scaena ductilis » , einer seitlich verschiebbaren Schmuckwand kennen
lernen. Im athenischen Theater kann eine ähnliche «scaena ductilis» vorhan-
den gewesen sein; dieselbe muss aber aus zwei Stücken bestanden haben, die
nach rechts und links auseinander gezogen werden konnten, weil der Zwi-
schenraum zwischen den Paraskenien doppelt so gross ist als jeder der Sei-
tenbauten. In der rechten Hälfte des ergänzten Grundrisses auf Tafel IV ist
angedeutet, wie man sich eine solche verschiebbare Hintergrundswand denken
könnte ; in der linken Hälfte ist dagegen eine Treppe durch punktirte Linien
gezeichnet. Leider fehlt, soviel ich sehe, jede Möglicheit, dieser Hypothese für
Athen durch irgend welche erhaltenen Reste einen gewissen Grad der Wahr-
scheinlichkeit zu verschaffen.

Trotz der grossen Zerstörung, welche das Skenengebäude des Lykurg in
Folge der späteren Umbauten erfahren hat, liess sich sein Grundriss in allen
 
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