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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0131

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I 16 II. Abschnitt. Griechische Theater ausserhalb Athens.

tekten in sehr geschickter Weise benutzt, um ein möglichst billiges und doch
in jeder Weise praktisches Theater zu schaffen. Unbequem war nur die Ent-
fernung des Raumes hinter dem Proskenion von dem oberen Skenengebäude.
Man sucht nach einer unmittelbaren Verbindung der beiden Räume durch eine
Treppe ; aber es scheint keine vorhanden gewesen zu sein. Ich vermute des-
halb, dass der obere Saal hauptsächlich als Magazin für die Dekorationen be-
nutzt wurde. Für die wenigen Schauspieler, welche in den antiken Dramen auf-
traten, genügte der Platz hinter der Proskenionwand, der einen Flächeninhalt
von rund 40clm hatte, vollständig sowohl zum Umkleiden als zum Aufenthalt
zwischen dem Ab- und Auftreten.

Zwei beachtenswerte Thatsachen sind noch zu nennen: Erstens hatte das
steinerne Proskenion keine vorspringenden Paraskenien mehr ; nur durch die Säu-
lenstellung hob es sich von den glatten Seitenwänden ab. Zweitens ist ein eigen-
tümlicher unterirdischer Gang vorhanden, welcher den Raum hinter dem Proske-
nion mit der Mitte der kreisrunden Orchestra verband. Seine Lage und Gestalt
ist aus dem Grundriss und Durchschnitt zu ersehen. Wegen seiner Höhenlage
ist er sicher älter als das marmorne Proskenion und gehört noch der Zeit an,
als eine hölzerne Schmuckwand für jedes Stück aufgeschlagen wurde. Hinter der
Wand des Proskenion, also ohne von den Zuschauern gesehen zu werden, konnte
der Schauspieler auf einer steinernen Treppe zu dem Gang hinabgehen und an
dem anderen Ende auf einer gleichen Treppe wieder emporsteigen, wenn er zu
irgend einem Zwecke in der Mitte der Orchestra erscheinen musste. Der Gang ist
o,88m breit und 1,98™ hoch, war also von einer Person gut zu benutzen. Die
Treppen an den Enden sind in merkwürdiger Weise aus einer schräg gestell-
ten Steinplatte in der Weise gearbeitet, dass man die Nachahmung einer äl-
teren Holztreppe nicht verkennen kann. Die Bedeutung dieses Ganges und seine
Verwendung in dem alten Drama als charonische Stiege wird in einem späteren
Abschnitte besprochen werden.

Die griechische Einrichtung der Orchestra und Skene, d. h. die kreisrunde
Orchestra mit einem als Hintergrund dienenden Proskenion, ist in Eretria nie-
mals abgeschafft worden. Weder ein römisches Bema noch eine vertiefte Ko-
nistra war jemals vorhanden. Der Boden der Orchestra war einst mit einem
Kalk-Estrich versehen, von dem noch grosse Stücke erhalten sind. Eine Ein-
fassung aus Porös ist nur in dem zum Sitzraume gewandten Halbkreise vor-
handen ; für den zweiten Halbkreis reichte zwar der Raum aus, aber der Kreis-
bogen war nicht durch eine Einfassung sichtbar gemacht. Ein vertiefter Umgang,
welcher den Halbkreis der Orchestra von dem Zuschauerräume trennte, diente
nicht nur als Weg für die. Zuschauer, sondern auch als Sammelcanal für das Re-
genwasser ; deshalb ist sein Boden mit Steinplatten gepflastert und ein unterir-
discher Wassercanal zur Abführung des Wassers bis zum Meere angelegt. Diese
Anordnung kehrt in ähnlicher Weise in Epidauros wieder und ist für die zeitliche
Bestimmung der beiden Theater deshalb von Wert, weil die gewöhnliche in
 
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