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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0136

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6. Das Theater in Epidauros.

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«Fouilles d'Epidaure» wiederholt. Von den neueren Behandlungen des Theaters
verdient namentlich diejenige von W. Christ in den Sitzungsberichten der k.
bayer. Akad. d. Wiss. 1894 S. 1 genannt zu werden1).

Das von Polyklet erbaute Theater ist nicht nur eines der schönsten und
am besten erhaltenen griechischen Theatergebäude, sondern bietet auch manche
für die Geschichte des griechischen Theaters wichtige Eigentümlichkeit und ver-
dient schon deshalb unsere ganz besondere Beachtung. Schon im Altertum war
es wegen seiner Schönheit und Harmonie berühmt, denn Pausanias, der sonst
den Theatern nur wenige Worte widmet, sagt von ihm (II, 27, 5): 'E-iäaup£oi?
Se ecti Oeatpov £v xvt Upco, [M&WTa i\i.o\ SoxeTv 01a? «£wV xa p.sv yip 'Pw^.ai'wv itolu
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OoXuy.XsiTog yzp y.at Geaipov toöto y.al oi'xvj'fl« to Trspiospsg ö TCOtYjaag vjv.

Der nachfolgenden Beschreibung liegen die auf Tafel VII und in der um-
stehenden Figur 50 abgebildeten Pläne zu Grunde, die gegenüber den älteren
Plänen in Folge der von P. Kavvadias vorgenommenen weiteren Grabungen et-
was vervollständigt sind. Tafel VII zeigt nur die Orchestra, das Skenengebäude
und den unteren Teil des Zuschauerraumes, Figur 50 dagegen das ganze Theater.

Der grosse, gut erhaltene Zuschauerraum wird durch einen mittleren Um-
gang in zwei ringförmige Abschnitte oder Ränge geteilt, von denen der untere
12 Keile und 13 Treppen, der obere wahrscheinlich 22 Keile und 23 Treppen
umfasst. Ich sage wahrscheinlich, weil in Folge der Zerstörung der beiden äusse-
ren Stützmauern und der anstossenden Sitzbänke nicht mehr festzustellen ist, ob
den äussersten Keilen des unteren Ranges im oberen Range ein oder zwei
Keile entsprechen. Im Plane der IIpaxTtxä und in Figur 50 habe ich das erstere
angenommen, um so einen Zugang zu dem Diazoma zu erhalten.

Während die grosse Mehrheit der Sitzbänke die bei anderen Theatern
übliche bekannte Form hat, bestehen die unterste und oberste Sitzreihe des
ersten Ranges und die unterste Reihe des oberen Ranges aus reicher ausgestat-
teten Bänken mit Rücken- und Seitenlehnen. Einzelne Sessel mit aufgeschriebe-
nen Namen der Platzinhaber, wie sie uns aus Athen bekannt sind, giebt es in
Epidauros nicht.

Die Curve, nach welcher der Zuschauerraum gebildet ist, weicht von der-
jenigen anderer Theater ab. Bei der Vergrösserung des Zuschauerraumes über
den Halbkreis hinaus ist nämlich eine Lösung angewendet, welche der von Vi-
truv angesrebenen sehr nahe kommt und theoretisch als die vollkommenste gel-

1) Nach dem Abschluss des vorliegenden Abschnittes erschien nocli eine ausführliche Veröffent-
lichung der Bauwerke von Epidauros von A. Defrasse und H. Lechat (E^pidaure, Paris 1895). In
Bezug auf die Ruinen des Theaters bietet das Werk wenig Neues. Zum Teil sind meine Pläne mit
ihien Fehlern wiederholt und noch einige neue Fehler hinzugefügt. Die Behandlung der Bühnen-
frage ist dagegen lesenswert.

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